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; yoongi pov

Meine Augen zuckten umher, nach links, nach rechts, wieder nach links. Schon seit gefühlten Stunden betrachtete ich das Metronom, welches vor mir auf dem eichenhölzernen Tisch Platz gefunden hatte, ich wusste dennoch, dass ich erst seit gut zehn Minuten im Büro von Doktor Kim saß und Löcher in dieses tickende Etwas starrte. Wie hypnotisiert war ich von der ständigen Bewegung des kurzen Zeigers, die Töne immer wieder in meinen Ohren widerhallend blendete ich alles andere um mich herum aus. Die Luft war eiskalt, lag wie eine frostige Decke über meinen freien Armen, jedoch dachte ich noch nichtmals daran die Ärmel meines Pullovers herunterzuziehen. Dennoch war die Heizung aufgedreht, was ich vor einigen Minuten begutachtet hatte, weshalb ich nicht wusste warum sich an meinem Körper jedes Härchen aufstellte.

Ich fühlte mich so kalt, verlassen und so, als hätte sich die gesamte Welt gegen mich gewendet und würde mit einem vielversprechend strengen Blick auf mich herab sehen. Jimin war nicht hier, wurde einfach weggeschickt. Er solle sich von mir fernhalten, jedenfalls so lange bis ich und dieser beste Freund von Jimins Vater vollstens untersucht wurde - mir war jetzt schon bewusst, dass dies ganze Jahrhunderte dauern wird.

Zeit verging so langsam, aber dennoch so schnell. Ich verstand nicht warum sich einige Momente wie tausende von Jahren oder nur wie einige Sekunden anfühlen konnten. Es verwirrte mich, einfach alles machte keinen Sinn.
Mich verwirrte der Fakt, dass ich schon wieder allein war. Mich verwirrte die Tatsache, dass ich Jimin nun sicherlich nicht mehr allzu schnell treffen würde und ich wieder in diesen familiären vier Wänden gefangen war. Aber wohl zum größten Teil verwirrte mich das Dasein dieses Typen, dem 'Mörder', der mir vor zwei Jahren schon einmal begegnet war. Könnte es wirklich er sein? oder spielte mir mein Unterbewusstsein nur wieder einen Streich?

Ich konnte mich ganz genau an diesen Mann erinnern. Sein krankes Lächeln, was sich wie ein ununterbrechliches Grinsen über sein gesamtes Gesicht zog, schien wie in meinem Kopf eingebrannt. So wie ein Brandzeichen, was jungen Fohlen kurz nach ihren ersten Schritten verpasst wurde und nie wieder verschwand. Ich könnte schwören, dass ich nur kurz meine Augen schließen musste und es wie ein perfekt scharfes Bild vor mir sah. Da war auch schon der nächste Gedanke - seine Augen. Diese verdammt dunklen Augen, die einfach nur wie zwei schwarze Löcher wirkten, die alles in sich aufsaugten und keinerlei Gefühle in sich spiegelten. Es konnte nur er sein - da war ich mir sicher.

Doch irgendetwas machte keinen Sinn. Immerhin tauchte er vor zwei Jahren nur in meinem Kopf auf, oder etwa nicht?

"Yoongi.", eine Stimme hinter mir durchstach mein Trommelfell wie ein Dolch, ließ mich zusammenzucken und meinen etwas gesenkten Kopf in die Höhe schnellen. Mit einem Schlag war ich hellwach, hoch aufmerksam und verfolgte mit meinen Ohren jede Bewegung, die der Mann daraufhin tat. Es war Doktor Kim, kein Frage, doch ich bemerkte sofort, dass er nicht allein war.
In den nächsten Sekunden drehte ich mich um und konnte den besagten Doktor erkennen, hinter ihm Namjoon. Fragend zog ich eine Augenbraue hoch. Der Blondhaarige erwiderte ohne zu zögern meinen Blick, hatte sich warscheinlich gerade genau das gleiche gefragt. Was macht der denn hier?

"Also wir haben deine Werte gerade nochmal durchgecheckt und es scheint gerade nicht allzu viel in deinem Kopf loszusein, mh?", riss er mich und den Jüngeren jeweils aus den Gedanken, wir beide schauten augenblicklich zu dem älteren Mann, der nun auf einmal zwei beschriebene DIN A4 Blätter in den Händen hielt.
Ich konnte nicht antworten, war noch wie in einer anderen Galaxie versunken. Ich sah einfach an dem Mann hinauf, der mich mit leicht angehobenen Augenbrauen betrachtete.

Kurz tippte der Älteste von uns Namjoon an, zeigte auf einen Stuhl, welcher an der tapezierten Wand stand. Auf diesen setzte er sich auf Befehl, nahm lässig sein Handy aus seiner Jackentasche und verknotete seine Beine miteinander.
Der Doktor platzierte sich mir gegenüber, sein veralteter Schreibtischstuhl knirschte einige Male vor sich hin. "Deine Werte haben sich deutlich verbessert.", meinte er und rückte die Brille auf seiner Nase kurz zurecht.

Sofort legte ich meinen Kopf schief, konnte es also wirklich sein, dass zusammen mit Sugas Verschwinden sich auch meine Schizophrenie endlich in Schacht hält?
"Wie jetzt? Heißt das ich bin geheilt?", antwortete ich aufgeregt, in meinen Augen spiegelte sich hundertprozentig die Hoffnung wider.
Ein Schmunzeln tanzte über die dünnen Lippen meines Gegenübers. Ich konnte erkennen wie sich dadurch jeweils links und rechts auf seinen wangen kleine Grübchen bildeten. Er machte eine Pause, sortierte in dieser die Unterlagen in sienen Händen.
"Man kann Schizophrenie nicht komplett heilen, Yoongi, das solltest du mittlerweile wissen.", erklärte er. "Man kann die Krankheit höchstens absenken, mit Medikamenten und Therapien. Weshalb ich nicht verstehen kann warum du genau jetzt, nachdem Jimin dich...'entführt' hat, solche Reaktionen zeigst."

"Bitte bestrafen sie Jimin nicht.", warf ich in der Geschwindigkeit des Lichtes ein. Nur beim Hören seines Namens war ich höchst aufmerksam.
"Er hat es nur gut gemeint und mir überhaupt nichts getan. Und sie sehen doch...es hat was gebracht! Suga hat sich schon seit Tagen nicht mehr gemeldet und ich fühle mich tausemd Mal besser.", versuchte ich es weiterhin, meine Nägel krallten sich fest in den Stoff meiner Jeans, was sicherlich kleine Halbkreise in meiner Haut übrig ließ.

"Erzähl das nicht mir.", warf der Ältere ein. Kurz seufzte er auf und sah zu Namjoon rüber, der das ganze Geschehen wahrscheinlich mit großen, verwunderten Augen musterte. Ich konnte förmlich seine fragenden Blicke auf meinem Rücken brennen spüren.
"Erzähl das der Polizei. Du weißt, dass es eine ziemliche Anschuldigung ist, jemanden eines Mordes zu beschuldigen? Wenn am Ende rauskommt, dass du nur gelogen hast wird es ebenfalls nicht allzu bunt für dich ausgehen."

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Wow ich bin echt mit keinem einzigen Kapitel mehr zufrieden.
Jedenfalls wird das Buch bald zu Ende sein, thank you.

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