familiar

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„Maike Schatz...“ hustete mein Vater aus seinem Bett heraus. Ich wusste, was er haben wollte. Die Flasche von der er nicht lassen konnte. Oder wenigstens eine Pille, das würde Mutter nicht so schnell merken, wenn sie wieder kommt von ihrer Geschäftsreise.
Sie wusste das über unseren Vater. Die Alkoholprobleme und dann noch der Konsum von Heroin in Form von Tabletten waren ihr bewusst, aber sie unternahm nichts dagegen und ich verstand nicht wieso.
Wie konnte sie meinen Vater nur so leiden lassen?

Ich öffnete langsam die Tür, welche begann zu knarren und lukte in das Zimmer herein. Als ich meinen Vater sah, rannte ich sofort zu seinen Bett und fiel dort auf die Knie. Ich begann fürchterlich zu weinen, während ich auf ihm und seiner Decke lag.
Er war wenigstens immer dazu in der Lage mich zu trösten. Selbst dann wenn er totkrank im Bett liegt. Das konnte und wollte meine Mutter gar nicht.
Ich traute mich fast gar nicht nochmal, ihm ins Gesicht zu sehen, weil es einfach zu schrecklich war, aber die zuckende Hand von ihm auf meinem Kopf zu spüren war noch schlimmer.
Oh Gott... Zu viel Blut!
„Kommt das aus deinem Mund? Papa!“ kreischte ich erschrocken. Er zuckte unter den hohen Tönen zusammen und röchelte. Seine Handbewegung sollte mir wohl symbolisieren, dass ich mich beruhigen solle.
„Ich liebe dich! Du bist...“ er bekam einen starken Hustenanfall, wobei ich mit kleinen Blutspritzern beträufelt wurde. „...mein Ein und Alles. Du warst das Licht in der Dunkelheit, die mich umgab und hast mich lange Zeit von alle dem ferngehalten, aber deine Mutter... Ich...“ er hustete wieder. Generell hätte er große Schwierigkeiten beim Sprechen, doch ich hörte zu und unterdrückte mir die Tränen. Ich musste ihm zeigen, dass ich stark bin, um ihm den Abschied nicht allzu schwer zu machen.
„Pass auf deine Geschwister auf. Ich werde für immer bei dir sein. Leg nur deine Hand auf dein Herz und ich bin da.“ mein Atem zitterte, weil meine Tränen nicht von meiner Wange kullern sollten, doch es gelang mir nicht mehr und sie begannen zu fließen.
Die wichtigste Person in meinem Leben würde mich verlassen. Für immer. Nie wieder werde ich die Witze meines Vaters aus seinem Mund hören können. Nie wieder werde ich von ihm gedrückt.
Ich schlang meine Arme fest um ihn und schrie ihn an.
„Nein du darfst dich gehen! Ich hole jetzt einen Arzt es ist mir egal, ob du das willst! Ich brauche dich. Papa bitte...“ flehte ich während ich auf ihm lag.
Plötzlich begann er fürchterlich zu husten. Ich hatte auf seine Brust getrommelt, weil ich mich einfach nicht mehr beherrschen konnte. Er lächelte noch einmal gequält. Ich rannte aus den Zimmer und wählte sofort die Nummer des Notdienstes. Als sie ankamen führte ich sie in seinen Raum. Ich hatte nur nicht gedacht, dass es das letzte Lächeln sein würde, was ich von ihm sehen durfte...

Flashback Ende

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Corbyns Sicht

Oh mein Gott! Mr. Jones die hat irgendwie einen Anfall oder sowas.“ rief plötzlich einer der anderen Schüler. Ich drehte mich sofort um und bemerkte erschrocken, dass er auf Maike zeigte. Ich hätte mich nicht auf die letzte leere Bank setzen sollen, als Maike auf der Toilette war. Ich hätte ihr helfen können. Mr. Jones rannte direkt zu ihr und nahm sie in den Arm, doch sie zitterte immernoch. Das war kein normales zittern. Sie sah aus wie ein Kaninchen, was den Tod ins Auge blickte. Sie war stock steif und hatte die Augen weit aufgerissen und doch wirkte es so, als sähe sie nichts. Dieser leere, angsterfüllte Blick, war erschreckend und versetzte mich auch im ersten Moment in eine Schockstarre. Doch dann sprang ich, wie aus dem Nichts auf und hob sie auf meinen Arm. Sie zitterte immer noch, aber sie hatte die Augen geschlossen. Sie lehnte sogar ihren Kopf an mich.
„Oh mein Gott wie schön sie ist.“ flüsterte ich und sah lächelnd zu ihr herab.
„Mr. Besson bringen Sie sie bitte umgehend auf die Krankenstation!“ ordnete Mr. Jones vollkommen aufgelöst an. Ich folgte natürlich seinen Anweisungen.

Ich wartete bis sie aufwachte. Es hatte sich herausgestellt, dass sie in Ohnmacht gefallen war. Im Klassenraum hatte sie noch immer gezittert, auf dem Flur beruhigte sie sich aber langsam wieder, dachte ich.
In Wahrheit haben sich ihre Muskeln nur deswegen entspannt und sie wurde Tonnen schwer, weil sie eben in Ohnmacht gefallen war. Aus Langeweile und um die Aufregung etwas loszuwerden, schrieb ich den Jungs, was passiert war. Zach machte sich Mal wieder aus allem einen Spaß und schrieb, dass ich es doch gewöhnt sei, wenn die Mädchen alle umkippen. Jonah lobte mich, indem er sagte, ich hatte alles richtig gemacht und ignorierte Zach's Nachricht wahrscheinlich genau wie ich. Nur Daniel benahm sich komisch. Er las zwar alle Nachrichten, aber antwortete nicht. „Hm vielleicht spielt er Fortnite oder so“ dachte ich so bei mir und zuckte mit den Schultern.

Sobald sie sich das erste Mal bewegte stand ich auf und ging. Es genügte mir zu wissen, dass es ihr gut ging. Außerdem hätte ich ohnehin nur alles schlimmer gemacht...

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Corbyn Besson FF | DoppelgängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt