Tell me something boy

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Corbyns Sicht

Daniel und Leslie waren echt ein gutes Team. Daniel kümmerte sich jetzt um Maike und Leslie bestimmt gleich um mich.
„Es ist irgendwie inspirierend zu sehen, dass auch so erfolgreiche Teenager, wie ihr solche Probleme habt." Sie versuchte sicher nur einen Ansatz für ein Gespräch zu finden, weil sie selber nicht ganz wusste, wie sie das sagen sollte. Dazu kam bei ihr ja noch der Fakt, dass sie totaler Fan von uns war und bestimmt auf uns alle crushte. Ich zuckte mit den Schultern, bevor ich sie wieder traurig hängen ließ.
„Corbyn..." begann sie wieder vorsichtig. Ich fühlte mich komisch, weil ich sie kaum kannte, sie aber bestimmte sehr viele Sachen über mich wusste.
„Ich kann mich noch erinnern, als du in dem einen Interview von vor zwei Jahren, als ihr gerade die Band gegründet hattet, gesagt hast, dass du sehr stolz auf deinen Vater bist." erklärte sie. Genau das meinte ich. Ich hatte Angst davor mich anderen Personen zu öffnen, aber sie wusste ohnehin schon fast alles, also wusste ich erst Recht nicht, wie ich mich verhalten sollte. Sie hatte immerhin diese Erwartungshaltung, wie ich sein sollte, von der ich aber nicht wusste, wie sie aussah und sie deshalb nicht erfüllen konnte. Letztlich hatte ich nur genickt.
"Später hast du nur noch davon geredet, dass dein Vater ein Mitarbeiter bei der NASA war. Also was ist passiert?" Sie machte eine kurze Pause, weil sie merkte, dass mir das Thema sehr zu schaffen machte.
"Es ist verständlich, wenn du es keinem Limelight erzählen willst, aber Corbyn..." Sie seufzte. "Erzähl es wenigstens Maike. Dann wirst du es bestimmt auch verstehen, warum Daniel gerade extra diese Anspielung auf deinen Vater gemacht hat."
Ich schwieg die ganze Zeit, weil ich nicht reden konnte. Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete, der diesen zu schnürte. Aber um zu reagieren, nickte ich wieder.
"Just to see her smile Corbyn..." Ermutigte sie mich noch einmal und genau in dem Moment ging die Badezimmertür auf. Maike lief erst schnell, doch schließlich zögernd auf mich zu, aber dennoch umarmte sie mich. "Ich liebe dich auch." Hauchte sie mir leise ins Ohr. Diese Worte waren wirklich magisch.
"Wir gehen jz, dann könnt ihr reden." sagte Daniel und auch Leslie stand auf. Sie gingen einfach auf die Tür zu. Sie konnten und, also mich, doch jetzt nicht alleine in dieser Situation lassen. Ich wusste doch gar nicht, was ich sagen soll.
"Daniel?" Das war mehr ein verzweifelter Hilferuf, als ein Ansatz ihn was zu fragen.
"Zweifle nicht immer so an dir Corbyn du schaffst das. Bis gleich."

Okay jetzt war die Tür zu. Ich kratzte mich nervös am Kopf. Allerdings beruhigte es mich ein wenig, dass Maike genau so unsicher war, wie ich. Plötzlich stand sie auf und ging auf den Kleiderschrank zu, den sie dann öffnete. Sie wühlte ein wenig zwischen den ganzen Sachen rum, bis sie dann einen schwarzen Koffer herauszog. Dann ging sie auf meine Gitarre zu nahm sie auch mit zu unserem Bett.
Ich nahm ihr die Gitarre ab, sodass sie den Koffer öffnen konnte. "Deine Geige!" staunte ich, weil ich mich daran erinnern konnte sie mitgenommen zu haben. Sie schüttelte auch ihren Kopf. "Daniels Violine." Berichtigte sie mich.
"Also wenn ich an meinen Vater denke fühle ich mich so." Sie setzte ihren Bogen an und begann zu spielen. Es war eine langsame traurige Melodie. Sie spielte wirklich sehr gut. Ich hätte das zwar schon bei Daniel behauptet, aber ich finde gegen sie war er wirklich schlecht. Sie spielte zwar vielleicht nichts anspruchsvolles, aber ihr Spiel hatte eine große emotionale Tiefe,was mich sehr beeindruckte. Sie spielte eine kurze aufsteigende Chromatik und wechselte somit in eine fröhliche Dur Tonart. Sie spielte nun auch schneller und ich lenkte meine Augen von ihren Fingern weg in ihre Augen, die meine wohl schon länger fixiert hatten. Sie lächelte mich an und bewegte ihren Blick dann auf die Gitarre ohne auch nur den Kopf zu bewegen. Diese klitze kleine Bewegung mit ihren Augen reichte mir schon aus, um zu verstehen, dass ich mitspielen sollte. Mich verwunderte, dass sie sich anscheinend nicht mal auf ihre Hände konzentrieren musste, sondern das alles automatisch passierte. Die tieferen Töne meiner Gitarre ergaben zu dem Stück eine perfekte Ergänzung. Es war erstaunlich, dass wir ohne Noten trotzdem keine dissonanten Intervalle zustande brachten. Wie durch Zauberhand wusste ich einfach, wann sie in der Melodie hoch oder wieder runter ging. Ich brauchte nicht mal auf sie zu reagieren, ich wusste irgendwie genau was sie machte. Sie machte das letzte mal einen kleinen Lauf, bevor sie im Dreiklang abwärts langsamer wurde und wieder in das Anfangsthema zurückkam. Ich wusste, dass sie den ganzen Tag hätte weiterspielen können, aber ich musste diesen Gedanken, der mir die ganze Zeit schon auf der Seele brannte jetzt endlich aussprechen. "Das hättest du aufnehmen müssen!" warf ich energisch in den Raum, immer noch vollkommen beeindruckt von ihrem Improvisationstalent auf der Violine. Sie schüttelte den Kopf. "Nicht nötig." sagte sie monoton. Hatte sie etwa geweint? Wenn ja dann hatte ich es nicht gemerkt. Sie legte die Geige in ihren Schoß und sah mich nun wieder mit dieser unangenehmen Erwartungshaltung an. Ich wusste nicht, ob ich schon bereit dazu war über meinen Vater zu sprechen. Ich habe es bisher nur den Jungs anvertraut, wie sehr ich wirklich darunter litt ihn verloren zu haben. Selbst vor meiner Mutter und meinen Geschwistern tat ich cool, um ihnen selbst Kraft zu geben darüber hinweg zu kommen. "Willst du überhaupt über deinen Vater reden?" fragte sie höflich und lehnte sich etwas zurück, was sich gut anfühlte, weil ich dadurch etwas mehr Freiraum erhielt. Ich schüttelte zögerlich den Kopf. Ich befürchtete, dass wenn ich jetzt zu reden begänne, unaufhörlich Tränen meine Wangen hinuntertropfen würden. Ich seufzte. 

Corbyn Besson FF | DoppelgängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt