Und bald schon. Ja, ganz bald. Da war Jungkook schon ein halbes Jahr von Taehyung getrennt. Man sah dem Jungen sein Leid an. Seine magere Figur, die traurigen Augen, die trockenen Lippen. Man sah ihm an, dass es ihm nicht gut geht. Und niemand wusste, was mit Jungkook war. Sie fragten ihn immer Sachen, sie sorgten sich um ihn. Er aber, er wollte nur wieder zu Taehyung. Es ging ihm immer nur um Taehyung. Taehyung hier. Taehyung da. Die Sehnsucht wurde doch einfach immer größer.
Es war Mitte März.
"Ich bin so fertig!", seufzte Jimin neben Jungkook. Sie hatten gerade eine Englisch-Arbeit geschrieben. Jimin legte sich schon fast auf den Tisch. Jungkook war nicht so müde. "Und war es gut?", fragte Jimin. Jungkook nickte nur leicht und sah stumm auf die Tafel. Jimin stupste seinen besten Freund an. "Hey? Sag mal. Willst du mir nicht langsam Nachhilfe in Englisch geben?" Jungkook antwortete nicht. "Du bist so gut und ich will wissen warum!" Jimin schien das ganze suspekt, aber er hatte nie nachgefragt. Er hatte große Sorgen, wegen dem, was er an Weihnachten gesehen hatte. Seine aufgeschürften Handgelenke. Er wusste nicht, wieso sich Jungkook so etwas selbst antun sollte. "Und? Wie ist es bei unserem Trauerkloß verlaufen?", lachte Yoongi. Jungkook fing an ihn zu hassen. Am Anfang war es ja noch ganz lustig gewesen, aber je mehr Jungkook litt, desto weniger wurde es lustig. Je mehr Yoongi redete, desto mehr brodelte es in Jungkooks Kopf. Hör auf! Hör auf! Er soll aufhören! Yoongi setzte sich dann auch noch auf Jungkooks Tisch. "Aber werd' von meinem Arsch net' hart.", kicherte er. Jimin stand bedrohlich auf. "Runter da, Yoongi! Und hör auf so zu reden." Yoongi lächelte nur noch breiter, während das Lachen ihn sicherer machte. Sie liebten es alle, wenn Jimin sich anfing mit Yoongi zu streiten, weil dieser auf Jungkook los ging. Jungkook ignorierte das eigentlich immer, aber heute. Heute wurde es ihm zu viel. Heute war Taehyungs Geburtstag. "Komm schon. Er steht doch auf Ärsche. Alle tun das." Jimin wurde rot. "H-hör auf Yoongi!" Jungkook konnte das nicht mehr hören. "Komm schon. Er hätte schon etwas gesagt, nicht?" Jungkook sah Yoongi stumm ins Gesicht. "Ah, vergessen. Unser kleines Kind kann ja nicht mehr reden." Rede mit niemanden. Jungkook drückte Yoongi an seinem Oberschenkel an die Tischkante. "Oh, ja? Kann unser Jungkook jetzt doch etwas sagen?" Jungkook wollte, dass Yoongi endlich aufhört. Yoongi beugte sich über den Tisch. "Jetzt sag es mir doch schon ins Gesicht." Jungkook lehnte sich von Yoongi weg. "Du kannst es nicht Jungkook. Er hat dich ganz kaputt gemacht." Jungkook bekam Tränen in die Augen. Das fand jetzt niemand mehr lustig. "Hör endlich auf, Yoongi!", flüsterte Jimin erschrocken. Yoongi grinste nur. "Warum sagt man es ihm einfach nicht?" Jungkook stand langsam auf. Er wollte hier weg. Er wollte wirklich zur Tür, doch Yoongi stellte sich ihm einfach in den Weg. "Du bist krank, Jungkook. Dieser Mann hat dich ganz krank in deinem Kopf gemacht." Yoongis Worte hallten noch lange in Jungkooks Kopf. "Dieser pädophile, vermutlich auch noch alte Mann hat sich immer nur an dir aufgegeilt, oder?" Yoongis Worte taten dem Jungen so sehr weh. Es stimmte alles nicht. "Wieso sagst du uns nicht endlich was passiert ist?" Jungkook floss die erste Träne runter. Im Klassenraum war es ganz still. Und wieso war ausgerechnet jetzt kein Lehrer anwesend?
Ein Klatschen und Yoongi der sich erschrocken die Wange hält. Jungkook hatte ihn geschlagen. Voller Wut, weil er Taehyung wieder so sehr beleidigt hatte. Alle waren schockiert, nur Jungkook wusste was er da tat. "D-du..." Yoongi konnte ja nicht einmal einen richtigen Satz bilden. Jungkook schubste ihn nach hinten, sodass er stolperte. Es war nicht richtig, aber Jungkook konnte nicht anders. Er wollte Yoongi so weh tun, wie er ihm weh getan hat. Weil heute Taehyungs Geburtstag war, konnte der Kleine einfach nicht anders. "Alter du Arschloch!", zischte Yoongi und stieß auch Jungkook zurück. Jimin hing an Jungkooks Arm. Er versuchte sich selbst und Jungkook zu beruhigen. "H-hör auf, Jungkook. Ignoriere ihn einfach. Er meint es nicht so." Jungkook konnte sehr wohl unterscheiden, was ein Witz war und was nicht. Er zerrte sich von Jimin weg und warf Yoongi eine Wasserflasche entgegen. Und bevor Jimin noch etwas hätte ausrichten können, flog Jungkooks Faust Yoongi ins Gesicht. Ein paar Mädchen rannten nach draußen um einen Lehrer zu holen, während Yoongi erschrocken nach hinten stolperte. Er fiel unsanft auf den Boden und Jungkook sah vor Wut gar nicht, was er eigentlich tat. Er fing wieder das Weinen an, während er sich auf Yoongis Schoß setzte. Er weitete ängstlich seine Augen. Niemand dachte, dass Jungkook wirklich so etwas machen könnte. Doch nachdem seine Hand wieder in Yoongis Gesicht fuhr, versuchte Yoongi alles. Er kam nicht weg. Zu stark war der Schock und die Verwunderung. Jimin stürzte sich auf die beiden Jungen drauf, versuchte seinen besten Freund hoch zu bekommen. Jungkook konnte vor seinen Tränen nichts mehr erkennen. Ihm brannte die Brust. Ihm schmerzte sein Kopf. Taehyung. Ich liebe dich.
Ein Schluchzen. Niemand schien sich zu bewegen.
Jungkook, der vor Schmerzen anfing zu schreien. Der, der sich gerade verlor. Der, der die Schmerzen der letzten Monate nicht mehr auszuhalten schien. Nicht die in seinem Kopf. Nicht die in seinem Herzen. Nicht die auf seinem Körper. Nicht die in seiner Seele.
Jimin, der seinen besten Freund in seine Arme zog. Der, der Jungkook vom Boden aufhob. Der, der Yoongi aus Jungkooks Griff befreite. Er war zu tiefst erschüttert. Jungkooks schreiende Stimme war nicht das, was er hören wollte. Da hörte er zum ersten Mal seit Monaten seine Stimme wieder und dann war das nur das schreckliche Schreien. Er drückte Jungkook an sich, damit er sich wieder beruhigte. Er wusste nicht was los war. Jungkook war nicht mehr wieder zu erkennen. Das war nicht der Jungkook, den sie in der Wohnung gefunden hatten. Das war nicht der Junge, der am 12. Oktober einfach in ein fremdes Auto gestiegen war.
Yoongi, der sich sein schmerzendes Gesicht hielt. Der, den die Schuldgefühle plagten. Der, der sich eingestehen musste, dass er etwas falsch gemacht hatte. Dass er eindeutig übertrieben hatte. Der, den ein paar Jungen wieder auf die Beine halfen. Der, der von Jimin voller Wut und Enttäuschung angeschaut wurde.
Es war Mitte März und es war der Tag an dem Taehyung Geburtstag hatte.
"Taehyung? Deine Freunde haben mehrmals angerufen.", flüsterte der Vater vorsichtig. Taehyung lag erschöpft in seinem Bett. Er starrte auf den grellen Bildschirm. "Sag, dass ich keine Zeit habe." Der Vater wollte etwas sagen, ließ es dann aber wieder sein und verschloss die Tür wieder. Taehyung dachte gar nicht daran zu feiern. Sein Rechner versuchte jetzt schon seit Tagen diese Datei zu entschlüsseln und nichts klappte. Er war wirklich am Ende. Er hätte sich nie vorstellen können, sich einmal in seinem Leben so mies zu fühlen. Einfach nur, weil Jungkook nicht mehr da war. Und dieser Ordner, der Stadtverwaltung war das einzige, das ihm helfen konnte. Jungkook. Wenn ich doch endlich wüsste, was ich tun sollte...Ein Klick. Der Bildschirm wurde wieder um einiges heller. Taehyung saß plötzlich kerzengerade auf seinem Bett. Er fing das erleichterte Lachen an. Seine Augen lasen diese Zeile immer wieder.
| Jeon Jungkook; 16 Jahre alt; Schule: siehe unten; Wohnort: siehe Familie Jeon |
Er hatte ihn nach sechs Monaten endlich gefunden. Es war das schönste Geburtstagsgeschenk, was er hätte bekommen können...
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SТºCKHOLM || Taekook
Fanfiction"Jungkook! Er hat dich entführt und bei sich zu Hause eingesperrt!" Das stimmte nicht. Das war nicht richtig. Sie alle kennen sie nicht. Die Wahrheit. Nur ich habe es gesehen. Nur ich wusste, was Taehyung mit mir gemacht hatte. "Ich liebe ihn." "Nei...