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Delia's POV

„Also darauf war ich jetzt nicht vorbereitet.“, stammelte ich ins Mikrofon und schluchzte leicht. „Tut mir leid, dass ich weine, aber ich bin so gerührt. Ich wusste noch nicht einmal, dass es so einen Preis überhaupt gibt. Eigentlich hätte jeder von euch so einen verdient, weil wir alle so eine tolle Gemeinschaft gebildet haben. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es jetzt weitergehen soll, da wir alle ab jetzt getrennte Wege gehen werden. Es wird der letzte Tag sein, an dem wir alle in einem Raum zusammensitzen. Und diesen Tag sollten wir genießen. Ich weiß jetzt auch leider nicht mehr was ich noch sagen soll, weil mir wirklich die Worte fehlen.“ Lächelnd sahen mich meine Mitschüler an und ich lächelte zurück. Ich trat vom Mikrofon zurück. Hailey begleitete mich zu unserem Platz zurück und setzte sich ebenfalls. Wir lauschten noch den letzten Reden von ein paar Lehrern und endlich war es soweit. Jeder wurde einzelnd nach vorne gerufen und bekam unter tosendem Applaus sein Abschlusszeugnis ausgehändigt. Die Nervösität stieg in mir hoch. Auf diesen Moment hatte ich schon so lange gewartet. „Delia Rose Hamlinton!“ Mr Norman rief mich nach vorne. Neben mir brachen meine Mitschüler in Applaus aus, was mich zum Lächeln brachte. Zum zweiten Mal stieg ich die Stufen nach oben. „Miss Hamlinton verlässt uns als Jahrgangsbeste mit einem Durchschnitt von 1,4. Herzlichen Glückwunsch!“ Mr Norman schüttelte mir die Hand und überreichte mir mein Zeugnis. Ich strahlte vor Glück. Der Schulfotograf machte noch ein Bild von mir mit meinem Zeugnis. Während ich dort oben stand und fotografiert wurde, sah ich ihn hinten an der Wand stehen. Justin war doch noch gekommen! Er trug sogar einen Anzug und auch er klatschte in seine Hände. Ich sah wie er lächelte und musste automatisch noch mehr strahlen. Am liebsten würde ich sofort auf ihn zu stürmen und ihm in die Arme fallen. Ich war im Moment einfach so unglaublich glücklich.

Endlich hatte jeder Schüler sein Zeugnis überreicht bekommen und der offizielle Teil war vorüber. Viele verließen die Aula mit ihrer Familie, manche unterhielten sich noch mit Lehrern oder ihren Freunden. Ich stupste Hailey in die Seite. „Ich möchte dir jemanden vorstellen.“ Sie sah mich kurz fragend an, was mich zum Lachen brachte. Dann verstand sie es. Wir standen auf und machten aus auf den Weg. „Mum!“, rief ich, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. „Auch dir möchte ich jemanden vorstellen.“, sagte ich lächelnd, als sie vor mir stand. Zu dritt gingen wir auf Justin zu. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben und scannte den Raum ab. Als wir fast da waren, nahm er seine Hände aus den Hosentaschen und lächelte uns mit seinem Million-Dollar-Lächeln entgegen. „Ich kann verstehen, dass ihr viel Sex habt.“, flüsterte Hailey in mein Ohr. Ich lachte. Sie war so verrückt. „Herzlichen Glückwunsch zum Abschluss, Liebling.“ Justin kam uns ein Stück entgegen, umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Danke.“, flüsterte ich und lächelte ihn an. „Ich würde dir gerne die beiden wichtigsten Menschen in meinem Leben vorstellen.“ Ich trat etwas zur Seite um die Aufmerksamkeit auf meine Mum und Hailey zu lenken. „Meine beste Freundin, Hailey.“ Ich zeigte auf sie und Justin hielt ihr grinsend seine Hand hin. „So trifft man sich wieder, Hailey.“ Diese kicherte wie ein kleines verliebtes Mädchen. Da erinnerte ich mich, dass die beiden sich ja schon einmal vor dem Einkaufszentrum getroffen hatten. „Und meine Mum.“ - „Es ist mir eine Ehre, Mrs Hamlinton. Sie haben eine wundervolle Tochter.“ Justin schüttelte mit einem strahlenden Lächeln meiner Mutter die Hand. „Nenn mich doch bitte Kelly.“ Meine Mum war geschmeichelt, das sah ich ihr sofort an. Mein Blick fiel auf Justins Arm. Sein Jacket war etwas hochgerutscht und zeigte den Rand eines Verbands. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und lächelte weiter. Justin unterhielt sich mit Mum und Hailey, ich war froh, dass sie sich gut verstanden. „Ich muss mich jetzt auch mal zu meiner Familie. Es hat mich gefreut dich kennenzulernen, Justin. Wir sehen uns auf dem Ball, ja Deli?“ Hailey umarmte mich und schon war sie weg. Ich sah ihr lächelnd nach. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihre Tochter jetzt auch gerne entführen.“, sagte Justin mit einem leichten Grinsen. „Bring sie aber heil zurück.“, meinte meine Mum lachend. „Nie würde ich zulassen, dass Delia etwas zustößt.“, antwortete Justin ernst und nahm meine Hand. Wir entfernten uns von meiner Mutter, ich spürte ihren Blick in meinem Rücken. Justin führte mich nach draußen an eine etwas abgelegene Stelle. „Was hast du an deinem Arm?“, fragte ich sofort und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast es also gesehen.“, seufzte er. „Jetzt sag schon.“, verlangte ich ungeduldig. „Mark hat mich mit einem Messer verletzt.“ - „Was?“ Geschockt sah ich ihn an. „Er wollte hierher zu dir und ich musste dieses Arschloch aufhalten.“, knurrte Justin. „Und was ist jetzt mit ihm?“, flüsterte ich mit zitternder Stimme. Justin zog mich an seine Brust. „Keine Angst, er wird dir nie wieder etwas tun können.“, hauchte er in mein Ohr und drückte mich mehr an sich. „Du hast ihn umgebracht?“, stotterte ich leise. Justin verkrampfte sich, schwieg aber. Ich ließ ihn los und sah ihn perplex an. „Es gibt für alles eine Lösung, da musst du ihn doch nicht gleich umbringen!“ Das letzte Wort sagte ich leiser, damit niemand mitbekam, worüber wir sprachen. Justin verdrehte bloß die Augen. „Mehr hast du zu deiner Verteidigung nicht zu sagen?“, schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es gibt nur die eine Lösung und das weißt du genau!“ Justin hatte seine Hände zu Fäusten geballt. „Natürlich gibt es noch andere Lösungen!“, aufgebracht warf ich meine Hände in die Luft. „Gibt es nicht.“, zischte er wütend. „Du hast überhaupt keine Ahnung, Delia, also halt einfach deinen Mund, okay?!“ - „Gut.“, erwiderte ich schnippisch. „Ich gehe jetzt meinen Abschluss feiern. Und du bist dabei nicht erwünscht.“ Ich machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zuück in die Turnhalle. Justin machte sich noch nicht einmal die Mühe mir hinterher zu rufen oder zu laufen. Arschloch.

Love means weaknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt