2. Die Wahrheit

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 P.o.V.: Louis

"Also, ich weiß jetzt nicht, wie ich das sagen soll, ich möchte halt nicht, dass du mich falsch verstehst..." "Aus deinem Gestotter schließen ich, dass du meine Brüder Robbie, Ryan, Sammie und Shaun kennst?" Ich stellte einfach die nächste Frage: "Du warst nie in den Vlogs, weil du wusstest, dass dann praktisch alle mit dir befreundet sein wollen, also zumindest die Mädchen? Und du Angst hast, dann nur Fake-Friends zu haben?" Sie nickte stumpf. "Okay, ich helfe dir, aber nicht, weil deine Brüder berühmt sind, sondern, weil ich deine Behauptung, von heute Morgen, nicht einfach so hinnehmen kann." Sie lächelte.

Schließlich kamen wir am Bahnhof an und stellten uns an meine Bushaltestelle. "Wie alt bist du eigentlich?", fragte sie mich. "Sechzehn, noch bin ich sechzehn.", murmelte ich. Ich hatte, wie schon so oft, keine Lust auf meinen Geburtstag, morgen am vierundzwanzigsten März. "Warum bist du nach Deutschland gekommen? Also warum nicht zum Beispiel Spanien, da ist es ja auch wärmer?", fragte ich, sie lächelte mich matt an und zuckte dann mit den Schultern. "Ich weiß es nicht wirklich, ich fand Deutschland schon immer irgendwie interessanter, auch wenn hier ein anderer Wind weht, als in Großbritannien."

"Na Louis, hast du 'ne Freundin gefunden?", sagte eine heisere, mir nur allzu bekannte Stimme, welche ich mittlerweile Jahre nicht mehr gehört hatte. "Was willst du, Matt?", fragte ich, allein durch seine Anwesenheit schon gereizt. Ich sah ihn nicht an, ich wusste, dass er auf der linken Seite neben mir stand, ich hatte ihn gesehen, als wir auf die Haltestelle zugelaufen sind. Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen, so wie wir es die letzten fast sieben Jahre gemacht hatten?

"Eigentlich wollte ich deiner Freundin hier, nur sagen, dass du eine Heulsuse und nicht lustig bist." Er grinste hämisch. "Ach und ich wollte ihr sagen, dass sie bei uns besser aufgehoben ist, als bei dir." Ich begann zu lächeln und sah erst Leeha rechts neben mir an und drehte mich dann zu Matt um. "Und ihr könnt froh sein, dass ich nicht in eine Depression gefallen bin und mich selbst getötet habe. Weil dann währt ihr daran schuld gewesen. Aber nein, ich habe das einmal durch gestanden und wenn es sein muss lass ich es ein weiteres Mal über mich ergehen, allerdings ist meine Zeit dafür eigentlich viel zu wertvoll. Und solange du dich nicht mit dem Rechnungswesen auskennst, wärst du ihr sowieso keine große Hilfe!" Er guckte mich leicht schockiert an. "Was soll der schockierte Ausdruck? Hast du etwa geglaubt, ich lass mich die ganze Zeit nur mit Steinen bewerfen? Hast du etwa geglaubt, dass ich nicht lerne mich zu wehren? Nein! Ich habe nur solange gewartet, bis ich ein kleines Arsenal an Steinen habe, die ich zurück schleudern kann." Er sah mich weiter hin verblüfft und überrumpelt an. Dann wandte er sich ab und ging zu seinen Freunden.

"Wer war das denn?", fragte jetzt Leeha. "Ein alter Bekannter aus der Grundschule." "Und wovon hat der geredet? Beziehungsweise, warum hättest du dich wegen ihnen umbringen können?", fragte sie mich interessiert. Ich lächelte sie an. "Sie haben mich in der dritten und vierten Klasse gemobbt, weil ich nicht so 'cool' sei, nicht lustig bin, StarWars nicht mag, sondern Ninjago und weil ich eine Brille tragen muss.", fasste ich kurz zusammen.

"Das ist ja schrecklich! Also mit denen, will ich jetzt nicht befreundet sein." Der Satz brachte mich zum Lächeln. "Du kannst dich gerne mit ihnen anfreunden, das ist ganz dir überlassen. Ich sollte da kein Ausschlusskriterium sein." "Nein, auf meiner letzten Schule musste jemand in psychologische Behandlung, weil er gemobbt wurde und sonst Suizid begangen hätte. Ich konnte ihm da auch nicht wirklich helfen. Das war auch einer der Gründe, warum ich meine Eltern hierzu überreden konnte und wollte."

Wir verstanden uns gut und sprachen über Gott und die Welt. Und dann kam Matt mit Leon wieder. Innerlich seufzte ich. Beide wollten mich packen, doch ich wich ihren Händen geschickt aus und wirbelte herum, so dass sie nicht von hinten kommen konnten. Dann holten beide zum Schlag aus, doch ich fing mit Leichtigkeit ihre Fäuste ab, griff nach ihren Armen und drehte sie auf den Rücken.

"Lasst mich in Ruhe!", zischte ich ihnen in die Ohren und hoffte, dass die Nachricht angekommen war. Dann ließ ich sie wieder los. Und sofort blitzte ein Bild in meinem Kopf auf, wie ich von einigen Klassenkameraden umzingelt und eingeengt stand und es trotzdem niemand schaffte mich ruhig zu halten.

Ich schüttelte diese grausame Erinnerung ab und ließ mich neben Leeha fallen. "Wenn man so mit kriegt, was du schon erlebt hast, denkt man sich schon so 'wow'." Es brachte mich zum Grinsen. "Das eben war noch nichts, einmal waren wir in Otterndorf, dem Ziel meiner ersten Klassenfahrt, auf Stadtrallye. Damals, musst du wissen bin ich viel langsamer gegangen, als jetzt. Ich bin irgendwann nicht mehr hinter der Gruppe her gekommen und habe dann bei unserem Ausgangspunkt gefühlt eine Stunde gewartet, bis sie zurückkamen. Dann musste ich auch noch hören, dass die sich darüber gefreut hatten, dass ich endlich weg sei. Sie sagten so was wie "Endlich ist Louis weg.", und davon weiß ich auch nur, weil mein einziger Freund, John, in der Klasse sie verpetzt hat." Als ich mit der Geschichte fertig war sah sie mich an und zog ihre Augenbrauen hoch. "Und wieso war das schlimmer als geschlagen zu werden?"

Ich verdrehte die Augen. "Weil man jedem die Grundkenntnisse, der Selbstverteidigung beibringen kann, aber ein kleines Kind von acht Jahren mutterseelenallein zu lassen, darauf kann man nicht vorbereitet sein. Und damals hatte ich noch kein Handy, mit dem ich hätte nach schauen können, wo ich bin und wo ich hin muss." Ihr stand der Schock im Gesicht. "Hey es ist alles gut, ich haben ja überlebt und sie haben mich wieder gefunden.", lächelte ich sie an. Sie nickte kurz und zog ihre Kopfhörer wieder hervor. "Willst du mit hören?" "Was hörst du denn?" "Hauptsächlich Roadtrip TV." Sie lächelte verlegen und ich nickte kurz.

Den Rest der Wartezeit hörten wir Musik. Wäre während der Busfahrt der Akku nicht leer gegangen, hätten wir das auch hier wieder durch gezogen. Als wir keine Musik mehr hatten unterhielten wir uns über unsere Klassenkameraden.

[Was sagt ihr zu Louis' Vergangenheit? Und was denkt ihr, wie viel davon aus eigenen Erfahrungen stammt?

Ich hoffe ihr musstet kein Mobbing durchleben!

Eine Bitte an euch, mobbt niemanden und wenn ihr seht, wie jemand gemobbt wird, geht dazwischen! #ZeichengegenMobbing

Laut dem Statistischen Bundesamt suizidierten sich 9 235 Menschen allein in Deutschland, 2017. Statistisch gesehen sind 80 % davon Mobbingopfer, also 7 338 Menschen, die den Psychischen flogen nicht standhalten konnten.

Nun denn, immer schön funny bleiben, auch wenn das Kapitel vorbei ist. Ich habe keinen schlauen Spruch mehr, Aloha]

-TBN

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