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„Ihr habt nur gewonnen, weil wir euch gewinnen lassen haben", Niall hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Gehört zum Feli-Ablenk-und-Aufmunter-Programm."
„Solange du das selbst glaubst", mein blonder Zwerg zog spöttisch die Lippe nach oben.
„Wieso sollte er die Wahrheit nicht glauben?", Liam legte seinen Arm um Niall.
„Vielleicht hatten wir ja einfach die bessere Taktik", ging nun auch ich auf die Diskussion ein. „Glück hattet ihr, mehr nicht!"

Clara, Louis und ich tauschten einen verschmitzten Blick. Das war vielleicht vieles gewesen, aber definitiv nicht nur pures Glück. Hinter unserem Sieg steckte vielmehr Talent, Schweiß und Genialität.
Oder so ähnlich zumindest.

„Gut, wenn das nur pures Glück war, habt ihr ja sicher nichts gegen eine Revanche", sprach Louis dann die schon in der Luft liegende Herausforderung aus.
„Eine Revanche, die wir natürlich gewinnen werden!", der Ire war mehr als Feuer und Flamme. „Wovon träumst du denn bitte nachts?", Clara baute sich vor ihm auf. 

„Von Gegnern, die mir wenigstens bis zum Kinn reichen", Nialls Antwort machte uns alle sprachlos. Das war mal ein Konter gewesen, der es in sich hatte.
Aber so richtig. Auch der Mund meiner besten Freundin stand sperrangelweit offen, und zum gefühlt ersten Mal seit ich sie kannte, hatte es ihr die Sprache verschlagen.
„Das kriegst du zurück", knurrte Clara schließlich. „Und zwar auf der Wiese dort drüben. Los, worauf wartet ihr? Wir müssen einem Iren mal zeigen, was hier Glück und was hier Talent ist!"

Zu unserem Pech gewannen tatsächlich Liam und Niall die nächste Runde.
Zwar nur haarscharf, aber gewonnen war eben gewonnen.
Aber nun standen wir vor einem Problem: wir hatten Gleichstand. Und es war mittlerweile spät geworden, sodass uns eine letzte, entscheidende Runde verwehrt blieb.
Vielleicht war das aber auch Schicksal, denn immerhin ging es hier eigentlich nicht um Gewinner oder Verlierer (auch wenn wir offensichtlich gewonnen hatten).

Die Tage vergingen wie im Flug.
Clara und die Jungs kümmerten sich um mich und schafften es tatsächlich, mich ziemlich gut abzulenken.
Kaum einen Gedanken verschwendete ich an Harry. Nur nachts schlief ich nicht gut, suchte er doch meine Träume heim.
Das Schlimmste war, er schien mich überall zu verfolgen. Im Internet tauchten Schlagzeilen über seine Interviews auf, auf Spotifiy waren seine Lieder auf meinen Playlists. Meine Galerie war voll mit Bildern von ihm. Selbst meine Lieblingsradiosender spielten ihn!

Aber dann war es so weit. Zum ersten Mal seit Tagen öffnete ich unseren WhatsApp-Chat und tippte langsam die entscheidenden Worte ein.

Wir sollten miteinander reden...

Mit einem tiefen Atemzug drückte ich auf den Pfeil und schickte die Nachricht ab.
Nur wenige Sekunden später tauchte auch schon seine Antwort auf, gerade so, als ob Harry nur darauf gewartet hätte, dass ich ihm schrieb.

Du hast Recht. Wann und wo?

Jetzt? Ich kann zu dir kommen?

Ich wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter mir haben.
Auch ihm schien es so zu gehen, denn Harry bejahte meinen Vorschlag sofort.
Also schlüpfte ich schnell in andere Klamotten, nahm mir meine Jacke und marschierte los.
Mein Magen krampfte sich zusammen, als ich in die U-Bahn stieg und Harrys Zuhause immer näherkam.
Meine Gedanken waren wieder einmal ein wirbelndes Kettenkarussell, nur ohne die Lichter und den Spaß. Dafür aber genauso schwindelerregend. 

Während ich in mich zusammengesunken da auf dem grauen Plastiksitz saß, knibbelte ich an meinen Fingernägeln herum und betete in Gedanken nur mein Mantra herunter.
Alles wird gut. Alles wird gut. So, wie es wird, so wird es gut. Weil alles wird gut.
So hätte ich beinahe meine angepeilte Haltestelle verpasst, doch gerade noch rechtzeitig sprang ich aus dem Wagen.

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