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„Clara? Wo um alles in der Welt ist-" „Deine Haarbürste?", wie immer saß Clara entspannt am Küchentisch.
„Nein, die habe ich. Ich meine-" „Deinen BH?", das Schmunzeln der Blondine war deutlich zu hören, auch wenn ich sie nicht sah.
„Den habe ich doch an!" Nur mit Jeans und BH bekleidet marschierte ich in die Küche.
„Ich suche meine Bluse, für heute Mittag. Du weißt schon, Anne und Gemma sind gestern angekommen und wollen heute mit mir und Harry zu Mittag essen?", nervös sah ich meine beste Freundin an.

„Schon mal in deinem Schrank nachgeschaut?", Clara war wie immer eine große Hilfe.
„Ne, weißt du, ich renne immer zuerst halbnackt durch die Wohnung!"
Wie Lynn es so oft tat, verdrehte nun auch ich meine Augen. „Lass das, sonst bleiben sie noch stecken", mahnte Clara, die das gar nicht abkonnte.
„Jaja, wenn du mir hilfst, meine Bluse zu suchen. Die dunkelblaue mit den Blümchen", erläuterte ich schnell.
„Ist ja gut", gemächlich setzte der Blondschopf sich in Bewegung.

„Ja, ich komme gleich! Clara, kannst du mal die Tür aufmachen?", ich stopfte alles, das ich in die Finger bekam, in meine Tasche.
Seit ich hier in England war, kannte mein Chaos wirklich gar keine Grenzen mehr, musste ich mir bekümmert eingestehen. Okay, vielleicht lag es auch daran, dass sich meine Gedanken nur um Harry drehen wollten und ich mich schon enorm zusammenreißen musste, um einen kleinen Teil meiner Energie auch in das Studium zu stecken.

Wie jeden Morgen machte ich mich gemeinsam mit Vi und Lynn auf den Weg, machte es mir mit Lynn im Hörsaal bequem und zog etwas verwundert nebst Kuli und Block auch noch meinen altmodischen Wecker und mein Ladekabel fürs Handy aus meiner Tasche.
Ich sollte definitiv meine Utensilien schon abends bereitstellen, das nahm ich mir fest vor. Schon wollte ich Wecker und Kabel wieder in den Tiefen meiner Umhängetasche versinken lassen, als ich eine Steckdose sah.
Ich fackelte nicht lange, steckte mein Handy ein – man zahlte der Uni eh genug Geld, da konnte man wohl auch ein wenig Strom abzwacken – und packte nur meinen Wecker wieder ein.

Lynn saß natürlich perfekt organisiert neben mir, selbst ihr Lidstrich wagte es nicht, auch nur minimal verwackelt zu sein.
Keine einzige Haarsträhne befand sich an einem Ort, wo sie nicht hingehörte und kein einziger Fussel war auf ihrer Kleidung zu sehen.
Wenigstens hatten Violets Haare heute ausgesehen, als hätten sie seit zwei Monaten keine Bürste mehr zu Gesicht bekommen, tröstete ich mich im Stillen.

„Kommst du nicht mit nach Hause?", Violet schaute mich erstaunt an, als ich rechts abbiegen wollte. „Nein, ich hab noch einen Termin", wich ich ihrer Frage etwas aus.
Eigentlich war ich nämlich auf dem Weg zu einem Restaurant, Harry hatte mir die Adresse geschickt.
Als ich jedoch dort ankam, stockte mir der Atem. Ich hatte mir zwar schon gedacht, dass wir nicht in der Dönerbude nebenan essen gehen würden, doch das war nicht nur keine Dönerbude.

Etwas zögernd blieb ich vor der Eingangstür stehen, welche mir prompt von einem anzugtragenden Angestellten geöffnet wurde.
Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, dann straffte ich meinen Rücken und ging aufrecht hinein.
„Was kann ich für Sie tun, Miss?", ein anderer Anzugträger begrüßte mich mit einem Haifischlächeln. Vermutlich sah ich ihm nicht schick, vornehm und reich genug aus, schoss es mir durch den Kopf. Doch davon würde ich mich nicht aufhalten lassen, schwor ich mir.
Ich war es verdammt noch mal wert, hier hinein zu dürfen.

Also erwiderte ich das falsche Lächeln und antwortete glatt: „Ich bin mit Mr. Styles hier verabredet."
„Dürfte ich Ihren Namen erfahren?", er wandte sich schon seinem Computer zu. „Hofer. Felicia Hofer.", ich würde mich nicht davon einschüchtern lassen, dass man mich hier auf Herz und Nieren überprüfte.
Vermutlich war das auch notwendig, aber es war einfach ungewohnt.
„Tatsächlich. Ihr Name steht im Register." Schaute er jetzt etwas enttäuscht drein? Was hatte er sich denn erhofft – dass er mich von den großen Muskelpaketen alias der Security herauswerfen lassen dürfte?

„Folgen Sie mir bitte, ich werde Sie zu Mr. Styles bringen.", das professionelle Lächeln war wieder da.
Quer durch das Restaurant lief ich ihm hinterher, meine Absatzschuhe waren auf dem Teppichboden kaum zu hören. Große Palmen säumten sämtliche Nischen, teuer aussehende Bilder hingen an den Wänden und aus verborgenen Lautsprechern war leise Musik zu hören. Alles wirkte auf Hochglanz poliert, keine einzige Glühbirne flackerte und hier würde garantiert niemand es wagen, sich daneben zu benehmen.

Wenn ich da an Mamas und Papas Lieblingsitaliener dachte... Antonio's war eine kleine Wirtschaft, die rotweiß karierten Tischdecken waren an den Enden schon ausgefranst, aus der Küche hörte man italienische Opern, die Guilia, die Köchin und Antonios Frau, gerne mitträllerte und an den Wänden hingen Familienfotos, Fotos von Stammgästen und Fotos von der schönen Heimat, wie Antonio Italien immer nannte.
Ich hatte dort noch keinen Tag erlebt, an dem die Stimmung nicht laut, familiär und fröhlich gewesen wäre. Dagegen war es hier eher wie in einem Gefrierschrank.

Hatte ich mich doch falsch angezogen?
Meine Jeans hatte zwar keine Löcher, aber war eher hellblau und mit einer Waschung....
Und meine Bluse hatte Blümchen drauf.
Dazu schleppte ich meinen kompletten Unikram (und meinen Wecker) in meiner überdimensionalen Tasche mit mir herum.
„Hier wären wir. Viel Vergnügen." Der unsympathische Kellner (oder was auch immer er war), machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.

„Hallo. Es tut mir leid, dass ich so spät hier bin", entschuldigte ich mich.
Eigentlich hatte Harry mir zwar keine genaue Uhrzeit genannt, er hatte nur gesagt, ich solle nach der Uni hier her kommen, doch anscheinend hatten die drei schon eine ganze Weile auf mich gewartet.
„Ist doch nicht schlimm, wir waren noch gar nicht so lange hier, und Harry hat uns schon vorgewarnt, dass du noch eine Vorlesung hast. Du bist also Feli, schön dich kennenzulernen. Ich bin Anne", höflich erhob die Brünette sich.

„Ja, ich freue mich auch, Sie kennenzulernen", etwas zaghaft erwiderte ich das Lächeln.
„Das mit dem Sie lässt du bitte ganz schnell, ich fühle mich sonst so alt", Anne lachte leicht. „Dann freut es mich, dich kennenzulernen, Anne", mein Grinsen wurde unwillkürlich breiter.

„Hi. Ich bin Gemma. Harrys berühmt-berüchtigte Schwester und definitiv" sie warf Harry einen bedeutsamen Blick zu, „definitiv das bessere Kind der Styles'", auch Gemma wirkte sympathisch.
Zu meiner Erleichterung trug sie eine Latzhose zu einem gestreiften Oberteil, war also nicht allzu schick angezogen.
„Feli. Ja, das berühmt-berüchtigt stimmt wohl, Harry hat schon einiges von dir erzählt", antwortete ich. „Na hoffentlich nur Gutes. Von dir hat er leider noch nicht so viel erzählt, deshalb bin ich neugierig", Harrys Schwester setzte sich wieder.

„Hey", mein wundervoller Freund lächelte mich an. „Hey", murmelte ich gegen seine Lippen, die die meinen leicht streiften.

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