„Also, wo war ich? Ach ja, genau. Das mit uns wird nie wieder etwas werden. Nie. Wieder.
Merk dir das, okay? Schreib es dir auf, wenn deine Gehirnkapazität nicht ausreicht, oder lass es dir von mir aus auch irgendwo hin tätowieren. Ich habe lange genug meine Zeit mit dir verschwendet!", schützend verschränkte ich meine Arme vor der Brust.„Das mit uns wird nie wieder? Warum? Nur wegen meinem kleinen Fehltritt? Felicia, was ist denn los mit dir? Oder – warte, ist es wegen ihm?", Lukas deutete wütend auf Harry, welcher gerade energisch von Juli in den Raum geschoben wurde.
Unbehaglich versuchte er, die Situation zu orten und stellte sich dann schräg neben, beziehungsweise hinter mich.
Juli dagegen lehnte neben der Tür und erdolchte Lukas geradezu mit seinen Blicken.Ich streifte Harry mit einem flüchtigen Lächeln, bevor ich wieder die Stimme erhob: „Nein! Es ist nicht wegen ihm. Es ist wegen dir! Weil du ein verfluchtes Arschloch bist! Wie lange waren wir zusammen? Anderthalb Jahre? Und wie lange hast du mich betrogen? Ein Jahr? Ich meine, geht's noch? Vor allem, wie konntest du mir immer noch sagen, dass du mich liebst? Wie konntest du mir überhaupt ins Gesicht schauen? Wie kannst du mir jetzt ins Gesicht schauen? Du hattest ja nicht mal die Eier, mir selbst zu sagen, dass du eine andere vögelst.
Nein, das hat ja sie gemacht! Sie wusste ja nicht einmal, dass du eigentlich eine Freundin hast. Und als sie es rausgefunden hat und zu dir gesagt hat, dass du es mir gestehen musst, was hast du gemacht? Genau! Nichts! Sie kam zu mir, hat mich nach der Uni abgefangen und es mir erklärt. Wie kannst du es überhaupt wagen, von einem scheiß kleinen Fehltritt zu sprechen?"Ich zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, mit aller Macht hielt ich meine Tränen zurück. Die Blöße, vor ihm zu weinen, würde ich mir nicht geben!
Harry schien zu spüren, wie es mir ging, und legte sanft seinen Arm um mich. Dankbar lehnte ich mich leicht an ihn, ich war nicht allein. Mein Bruder hingegen stieß sich von der Wand ab, baute sich vor meinem Ex-Freund auf und meinte nur: „Ich denke, du solltest jetzt gehen."
„Von so einem Knirps wie dir lasse ich mich doch nicht rumkommandieren", fauchte Lukas. Dazu sei gesagt, dass Juli sogar um wenige Zentimeter größer war als er, doch rationales Denken war noch nie Lukas' Stärke gewesen.„Er hat aber Recht. Geh. Geh, Lukas, und lass dich nie wieder hier bei mir blicken. Ruf mich nicht an, schreib mir nicht, und tauch nie wieder bei mir auf. Die Blumen kannst du wieder mitnehmen, ich will sie nicht. Mit so jemandem wie dir will ich nichts zu tun haben", blickte ich ihm ein letztes Mal fest in die Augen. Jeder Muskel in mir war angespannt, mein Atem ging viel zu schnell.
„Aber Feli", setzte er nochmals an, doch Juli schob ihn bestimmt in Richtung Tür. „Da geht's raus, Arschloch", knurrte er und verfrachtete Lukas hinaus.
Wie betäubt stand ich da, blickte auf die Stelle, an der er gerade noch stand.Ich merkte gar nicht, wie die Tränen anfingen zu rollen.
Ich nahm nicht wahr, wie Harry mich in eine Umarmung zog, ich realisierte nicht, wie ich mich an ihn klammerte wie ein kleiner Koalabär.
Ebenso wenig sah ich, wie Juli zurückkam und sich mit grimmiger Miene die rechte Hand rieb. Ohne Harrys Arme wäre ich schon längst zu Boden gesunken, mein ganzer Körper wurde von Schluchzern geschüttelt.
Am Rande meines Bewusstseins spürte ich, wie ich hochgehoben und getragen wurde, doch mein Gesicht hatte ich in Harrys Halsbeuge vergraben.Ich wollte nicht sehen, was vor sich ging, ich hatte genug von dieser Welt.
Warum tat es immer wieder weh? Wie konnte mich ein Mensch so oft und so lange verletzen? Wieso tauchte er gerade dann wieder auf, wenn ich mein Herz in mühevoller Kleinarbeit wieder zusammengeflickt hatte?
Ich war gefangen in meiner eigenen Welt, in meinen Gedanken. Wild kreisten sie umher, ließen mich nicht los. Inzwischen hatte ich mich zu einer Kugel zusammengerollt, doch das einzige, das ich von der Außenwelt mitbekam, war Harrys Hand, welche zart meinen Rücken hoch und runter fuhr.
Seine Stimme, die beruhigende Laute von sich gab. Daran klammerte ich mich, hielt mich fest. Schließlich wurden die Schluchzer weniger, ich konnte wieder ruhiger atmen.„Warum tut er mir immer noch weh?", waren die ersten Worte, die ich sprach, direkt gefolgt von: „Ohje, ich hab ja dein komplettes Oberteil eingesaut!"
Dies brachte Harry zum Lächeln, doch er wurde sogleich wieder ernst. „Ich schätze, weil du ihn wirklich geliebt hast... Die Menschen, die wir einmal lieben, werden immer eine stärkere Macht über uns haben, auch wenn man getrennte Wege geht."
„Wir waren mal zusammen", schniefte ich. Harry nickte nur. „Das habe ich mir schon gedacht." „Und eigentlich bedeutet er mir nichts mehr. Ich habe ihn schon Monate nicht mehr gesehen. Aber jetzt taucht er hier einfach auf, mit diesen beschissenen Blumen", ich wurde von erneuten Schluchzern unterbrochen.
Leise huschte jetzt auch Juli in mein Zimmer, er stellte zwei Tassen und eine Kanne voll Tee auf meinen Tisch. Sanft strich er mir übers Haar und meinte: „Wenn ihr mich braucht, ich bin nebenan." Er wollte sich schon abwenden, als mir etwas auffiel.„Juli? Deine Hand?" Mein Bruder verzog das Gesicht, antwortete aber nicht.
„Julian?!? Du hast doch nicht etwa-?", kopfschüttelnd sah ich ihn an. Er hingegen zuckte nur mit den Achseln und suchte nun schleunigst das Weite. „Ich hätte bei meiner großen Schwester genau so gehandelt", versuchte Harry mich zu beruhigen. „Du hast eine große Schwester?", hakte ich nach. „Du weißt nicht von ihr?", er schien verwundert. „Woher sollte ich von ihr wissen – oh. Google.", antwortete ich mir selbst.
„Ich muss gestehen, ich ziehe es vor, Menschen selbst kennenzulernen, ich brauche keine vorgefertigten Meinungen aus dem Internet", erklärte ich mich dann. „Du bist wirklich was Besonderes", federleicht spürte ich Harrys Atem auf meiner Haut.
„Wenn du übrigens über diesen Typ", das Wort spuckte er fast aus, „reden möchtest, höre ich zu", bot er mir dann an.„Da gibt es nicht so viel zu reden. Wir waren zusammen, alles schien perfekt. Und dann, aus für mich heiterem Himmel, wurde ich dann von einem Mädchen angesprochen. Sie hat sich bei mir entschuldigt, mir erzählt, dass sie das letzte Jahr eine Freundschaft Plus mit meinem Freund hatte, sie wusste wohl nichts von mir.
Als sie von mir erfuhr, weigerte er sich immer noch, es mir zu gestehen, weshalb sie es selbst in die Hand nahm... Unter anderen Umständen wären wir wohl gute Freundinnen geworden." Bitter lachte ich auf.
„Ich mache immer den gleichen Fehler, immer und immer wieder", fuhr ich dann fort. Harry strich mir fortwährend über den Rücken und lauschte aufmerksam. „Wenn ich liebe, dann liebe ich bedingungslos und mit jeder noch so kleinen Faser meines Körpers. So werde ich viel zu schnell verletzt, aber ich kann nicht anders."„Ich war mit einer Frau zusammen", Harrys Stimme war rau, ich konnte die Emotionen, die darin mitschwangen, beinahe physisch spüren.
„Es war toll, ich würde es jetzt nicht als die große Liebe bezeichnen, aber es war gut. Ich habe ihr doch ein gutes Stück Vertrauen geschenkt. Wir waren auf einer Wellenlänge, hatten so vieles gemeinsam. Und dann, eines Morgens, dachte sie, ich sei noch im Bad. Sie hat mit einer Freundin telefoniert.
Hat ihr erzählt, wie anstrengend es doch sein, so zu tun, als ob ich ihr wirklich wichtig sei. Als ob wir wirklich so vieles gemeinsam hätten. Sie wollte nur Geld und Fame, sonst nichts. Ich als Person war ihr völlig egal, war ihr sogar lästig."Langsam verstummte er.
Mitfühlend zog ich nun ihn in meine Arme, hielt ihn einfach nur fest, wie auch er mich gehalten hatte.
Manchmal brauchte es keine Worte, manchmal genügte eine ehrliche Umarmung.Ich weiß nicht, wie lange wir so da saßen, uns gegenseitig Trost spendeten und festhielten.
Mir wurde klar, dass ich vielleicht genau das gebraucht hatte: Jemanden, der mich einfach festhielt, wenn ich drohte, auseinanderzubrechen.Und vielleicht, nur ganz vielleicht hatte auch Harry genau das gebraucht.
Zumindest spielte ich gerne mit diesem Gedanken.

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Magic
Fiksi Penggemar„Sing mit!", forderte ich ihn auf. Aus dem Augenwinkel meinte ich zu erkennen, wie sich seine Augen entsetzt weiteten, doch als ich ihn anblickte, war davon nichts mehr zu sehen, und so lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder nach vorne. „Das... Das...