47.Kapitel

92 6 2
                                    

Sicht Chris:

Ich wurde heute morgen wach und war wieder alleine in meiner Wohnung. Ich konnte noch ihr Parfum auf dem Sofa riechen und dachte wieder sofort an sie und die zärtlichen Berührungen von ihr. Sie arbeitet für die nächsten Wochen erst mal nur ein paar Stunden bis sie wieder richtig fit ist.

Ich hatte mir für heute Morgen meinen Wecker gestellt um nicht zu verschlafen. Noch im Halbschlaf machte ich mich fertig und fuhr dann etwas wacher und in ruhe zu Andreas. Bei ihm wartete ein heißer Kaffee auf mich, den ich dringend brauchte. Wir hatten uns für neun Uhr verabredet, denn bis dahin wird Nina auch aus der Schule und der Kita zurück sein und berichten können wie Aaron und Max in ihrer neuen Schule angekommen sind. Sie haben bewusst Nina fahren lassen um nicht wieder sofort die Aufmerksamkeit auf Andreas zu lenken. Doch nicht nur ich wurde heute Morgen zeitig erwartet, auch meine Mutter und davor hatte ich schon etwas Angst. Grade nach unserem letzten Gespräch wollte ich ihr nicht so wieder begegnen. Ich hoffte immer noch das sie wieder auf mich zukommen würde und sie sich vielleicht bei mir entschuldigen würde. Doch ob sie dafür bereit ist wird sich zeigen.

Um halb zehn sind wir zusammen losgefahren. Meine Mutter saß hinten im Auto und redete nicht mit mir. Ich schüttelte traurig mit dem Kopf als ich sah das sie mich nicht wirklich beachtete. Das hatte ich ja schon fast erwartet. Sie schaute nachdenklich zum Fenster raus genauso wie ich. Auch Andreas schaute unauffällig immer mal lurz durch den Innenraum. Keiner von uns dreien traute sich so richtig den Anfang zu machen. Andreas wollte sich komplett raus halten, was ihm aber sichtlich schwer fiel sich das mit angucken zu müssen. Ich merkte es ihm an wie er sich immer wieder auf die Zunge biss, nicht doch was zu sagen. Er ist ein Harmoniemensch und erträgt es nicht wenn es Streitigkeiten in der Familie gibt, vor allem nicht mit unserer Mama der wir so viel zu verdanken haben.

Es ist nur gerecht das sie sich jetzt Mühe gibt, den Unfall von Amelia aufzuklären. Nach 30 Minuten gedankenversunkener und stiller Fahrt haben wir unser Ziel erreicht. Wir standen jetzt auf einem kleinen Parkplatz der zu einer psychologischen Praxis gehört. Keiner von uns traute sich so richtig den Anfang zu machen und auszusteigen. Ich hörte wie sich meine Mutter abschnallte und wie Andreas nachzog. Nur ich war grade wie gelähmt und konnte nicht. Etwas hielt mich innerlich und gedanklich fest. Erst als mein Bruder mir auf die Schulter klopfte und mich auffordernd ansah löste ich die Schnalle und stieg aus dem Auto.

Meiner Mutter sah ich schon an das sie nervös war weil sie nicht wusste was auf sie zukommt. Ich konnte und wollte sie nicht trösten, weil ich immer noch so enttäuscht bin, dass sie mich so hat hängen lassen. Jedesmal wenn ich sie sehe muss ich daran denken und kann ihr nicht verzeihen, obwohl ich es innerlich doch gerne möchte. Sie soll es auch mal merken genauso wie ich mein Päckchen zu tragen habe.

Nur mit schwermütigen Gedanken gingen wir dann nach drinnen in die Praxis. Herr Schilke ist spezialisiert auf Traumdeutung und Rückführung und Hypnose. So stand es jedenfalls außen am Schild. Was der Therapeut mit meiner Mutter jetzt probieren will bin ich sehr gespannt, denn ich hatte echt keine Ahnung wie er an die Erinnerungen bei ihr ran kommen will. Er wollte sich erst mal mit ihr alleine unterhalten bis er uns dann später dazu holen wollte.

Während meine Mutter mit ihm sprach vereinbarte ich für mich ohne das es mein Bruder sah und mitbekam einen Termin bei der Sprechstundenhilfe. Ich wollte ihm auch meinen Traum wegen Anne-Marie schildern und um Rat fragen, was ich deswegen machen kann. Sie gab mir einen Termin für morgen vormittag. Ich steckte ihn ein und setzte mich dann wieder zu meinem Bruder der kurz vor der Tür war um eine zu rauchen.

Sie waren über eine Stunde alleine da drinnen bis er raus kam und uns zum Gespräch dazu bat. Er sprach erst mit Andreas und meiner Mutter während ich nur still und leise zuhörte. Dann ging Andreas auf die Bitte des Therapeuten raus. Ich saß da wie auf einer Strafbank früher als ich Kind war in der Schule. Ich wusste das es mir gleich an den Kragen gehen wird wenn es um den Grund für meine Entgleisungen gehen würde. Er wird wissen wollen warum das Verhältnis zwischen mir und meiner Mutter so kaputt ist und er wird versuchen daran zu arbeiten, das es wieder besser wird. Doch der wichtigste Grund ist Amelias Tod aufzuschlüsseln. Er erklärte uns eine Methode, wie er an die Erinnerungen ran kommen will und fragte bei meiner Mutter nach ob sie damit einverstanden ist.
Er hatte sich für unseren besonderen Fall den Vormittag freigehalten.

Jetzt stieg auch mittlerweile meine Nervosität an.

Er bat meine Mutter sich entspannt hinzulegen und an nichts zu denken.
Er gab ihr ein leichtes Beruhigungsmittel und schickte mich dann nach draußen. Ich ging dann auch, aber mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. Es fiel mir jetzt plötzlich im Augenblick doch schwer sie so einfach da alleine lassen zu müssen und sie sich selbst und dem Therapeuten zu überlassen, aber ich bin mir sicher das er weiß was er tut. Was dann in dem Raum weiterhin passierte, konnten mein Bruder und ich uns nur Gedanken drüber machen und abwarten.

Die Sitzung wurde von jetzt an über Tonband aufgezeichnet und sollte uns dann im Nachhinein bei der Auswertung überraschen und die gewünschte Information hoffentlich ans Tageslicht gebracht haben und das ohne das meine Mutter etwas davon wusste.
Ich hatte immer wieder auf die Uhr geschaut und hoffte nur das die Tür möglichst bald wieder aufging und es meiner Mutter gut ging. Ich hatte grade irgendwie nicht wirklich Zeitgefühl weil mir zu viele Sachen durch den Kopf gingen die mich beschäftigten.

Ich hatte immer noch keine Antwort darauf wer mich da in der Nacht der Polizei gemeldet hatte. Weiterhin machte ich mir um Anne-Marie noch Sorgen und überlegte wie ich das Problem morgen angehen könnte.

Dann riss mich Andreas aus meinen Gedanken, denn die Tür öffnete sich und die Sprechstundenhilfe kam raus, holte etwas zu trinken und verschwand ohne ein Wort zu uns wieder im Zimmer. Wir schauten ihr beide ungläubig hinterher und sahen nur noch wie die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Es vergingen noch weitere Minuten bis uns Dr. Schilke auch persönlich wieder dazuholte.

Mama saß wieder aufrecht auf dem Sofa und kämpfte deutlich mit ihrer Fassung. Es fiel ihr schwer uns und vor allem mich anzusehen und das nicht nur weil sie Tränen in den Augen hatte. Ich setzte mich wieder an den Tisch und mein Bruder setzte sich zu meiner Mutter und nahm sie in den Arm. Ich konnte das nicht, weil sich etwas in mir dagegen sträubte. Andreas blieb dafür bei ihr sitzen und hielt sie weiterhin im Arm um sie zu beruhigen. Ich schaute nur betroffen mit gesenktem Kopf ohne etwas zu sagen zur Tischplatte runter. Ich sah meinem Bruder an das er nur zu gern wüsste was grade in mir vorging, aber mein Blick sagte ihm alles und er ließ mich in Ruhe und kümmerte sich weiter um Mama. Die Gedanken was uns der Arzt gleich sagen würde machte mich nervös und ließ mich nicht mehr klar denken. Dr. Schilke setzte sich mir gegenüber und brachte mir ernste Blicke entgegen. Sein Blick ging immer im Wechsel zwischen meiner Mutter und mir hin und her, denn die Sitzung hatte bei ihr Spuren hinterlassen. Sie schien echt fertig zu sein.

Das die auch mit dem jetzigen Zustand meiner Mutter zu tun hatten sollte ich erst noch später erfahren.

Aber was hatte er wirklich alles in Erfahrung bringen können? Und wird es dafür reichen Amelias Unfall noch mal aufrollen zu können?

Dark Angel ,,Mein Weg zur Erlösung"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt