68.Kapitel

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Sicht Andreas:

Ich hatte mich nach langen überlegen entschlossen was ich nach unserem Karriere Aus machen wollte und hatte mich tatsächlich nochmal in der Uni angemeldet. Ich wollte weiterhin mit Kindern arbeiten und studiere nun Grundschullehramt für die nächsten Jahre.

Ich bin heute morgen schon mit einem ganz komischen Gefühl wach geworden und ich hatte sofort die Vermutung, dass das mit meinem Bruder zu tun haben könnte. Mein Kaffee schmeckte mir heute nicht und was zu Essen bekam ich auch nur ganz schlecht runter. Sogar Nina merkte das, dass ich heute Vormittag anders als die letzten Tage drauf war.

Ich hatte aber nicht mehr viel Zeit drüber nachzudenken weil ich in die Uni musste. Ich packte mir etwas zu Essen ein und fuhr los. Aber ich sollte nicht an der Uni ankommen. Mich erreichte als ich kurz vor der Uni ankam ein Anruf, der mich heute nicht mehr klar denken lassen wird und ich mir ernsthaft Sorgen um das Leben meines Bruders machen werde. Dass das aber heute nur mein kleinstes Problem sein würde, wusste ich als ich losfuhr noch nicht.

Mein Telefon klingelte und ich ging über den Lautsprecher im Autotelefon dran. Ich sah im Display sofort das es die JVA war und mein erster Gedanke war, warum rufen die mich an? Die sollen mich doch nur anrufen wenn was mit Chris sein würde. Jetzt war mir erst richtig schlecht und dabei hatte mein Gegenüber noch gar nichts gesagt. Brauchte er auch nicht, denn mein Gefühl sprach grade für sich. Mein zweiter Gedanke war bei Chris und  ich fragte direkt nach.

JVA/Beamter:
Guten Morgen, Herr Reinelt. Wir müssen Ihnen mitteilen das es heute mit Ihrem Bruder einen schweren Vorfall gegeben hat und er in die Klinik hier in Herford gebracht werden musste. Sein Zustand ist sehr ernst. Näheres zu seinen Verletzungen können sie in der Klinik erfragen, wenn Sie wahrscheinlich jetzt sofort dort hin fahren werden.
Andreas:
Was ist passiert, das er in die Klinik muss?
JVA/Beamter:
Wir haben ihn beim Ausgang auf dem Hof zum Einschluss vermisst und haben ihn suchen lassen. Wir haben ihn dann bewusstlos, halbnackt und stark blutend im Bad in einer der Toilettenkabinen gefunden. Es sieht so aus das er einem der Sexualtäter, die auch hier ihre Strafen absitzen zum Opfer gefallen ist. Wir können ihm mit den Verletzungen, die er bei der Vergewaltigung davon getragen hat, hier nicht helfen und haben ihn mit Blaulicht in die Klinik bringen lassen müssen.
Andreas:
Das ist jetzt nicht ihr Ernst. Sie wollen mir grade sagen das er mißbraucht wurde und das keiner mitbekommen hat? Weiß man demn schon wer das war?
JVA/Beamter:
Die Etagentoiletten selbst sind wegen der Privatsphäre der Häftlinge nicht überwacht, da können wir leider nichts machen. Nur die Flure sind überwacht. Wer das war kann nur ihr Bruder sagen wenn er wieder bei Bewusstsein ist. Das kann jeder gewesen sein. Dann können wir auch reagieren.
Andreas:
Das kann man doch sehen wer da rein und wieder raus kommt und man kann die Tatzeit doch ungefähr eingrenzen. Oder nicht? Das wird noch Konsequenzen haben und danke fürs Bescheid geben.

Ich legte auf und weinte erst mal nachdem ich meinen Wagen gestoppt und aus gemacht hatte. Ich machte mir grade so furchtbare Vorwürfe das ich Chris mit seiner Angst nicht ernst genommen hatte. Er hatte es schon lange geahnt dass das passieren könnte und nun war es wirklich passiert und ich war nicht bei ihm. Ich machte das Auto wieder an und drehte, um zur Klinik zu fahren. Ich wollte wenigstens jetzt bei ihm sein und ihm beistehen, denn das war ich ihm grade schuldig. Ich hatte noch immer Tränen in den Augen als ich Nina anrief und ihr auch alles sagte und sie bat, bitte auch zur Klinik zu kommen weil ich das nicht alleine schaffe zu Chris zu gehen.

Doch ich war so abgelenkt das ich beim wenden nicht sofort merkte, das auf mich ein anderer Wagen zukam und mich mit hoher Geschwindigkeit und vom bremsen quitschenden Reifen an meiner Fahrerseite erwischte und mich quer über die Straße geschossen hatte. Der Wagen drehte sich mehrmals im Kreis und blieb dann kurz vorm auf die Seite kippen stehen. Auch der andere Wagen der mich erfaßt hatte blieb dann unmittelbar bei mir stehen und blockierte meine Seite. Ich konnte mich nicht bewegen, hatte Schmerzen und kam nicht aus meinem Auto raus weil die Türen total kaputt waren. Ich bekam Panik und versuchte aus meinem Auto raus zu kommen doch es ging nicht. Als ich merkte das ich am Kopf stark blutete wurde es mir schwindelig und schwarz vor Augen. Ich hörte aus der Ferne schon den Krankenwagen kommen und sah noch das Blaulicht der Polizei auf mich zu kommen. Ich sah auch noch mehrere Autos die am Rande standen und zusätzlich noch etliche Personen die sich über das was grade passiert war unterhalten hatten und scheinbar alles an Hilfe informiert hatten was nötig war. Mir fielen dann doch kurzfristig die Augen zu und ich wurde scheinbar erst nachdem ich aus meinem Auto raus war, im Krankenwagen wieder wach. Ich hörte das EKG an mir und hatte auch schon Infusionen an mir, über die ich grade im Moment vom Notarzt noch zusätzlich über den Zugang direkt Schmerzmittel gespritzt bekam.

Ich nahm dann den Arzt wahr und schaute ihn auch erschrocken und benommen an. Er kam auf mich zu und erklärte mir das ich mich nicht aufregen soll und versuchen soll ruhig liegen zu bleiben, weil ich wohl einige Brüche an der linken Körperhälfte habe. Wo mich das Auto erfaßt hatte. Er sagte mir, dass ich in die Klinik in Herford gebracht werde und dann geguckt werden muss, was ich tatsächlich für Verletzungen habe.

Ich war wieder mehr bei Bewusstsein  und er fragte mich wie das passiert war. Ich antwortete ihm und sagte ihm warum ich jetzt eigentlich wohin wollte. Durch das leichte hin und her schaukeln des RTWs, merkte ich das wir schon auf dem Weg waren. Der Notarzt fragte mich einiges um zu filtern ob ich Hirnverletzungen hatte, aber dem war es bisher nicht so, aber er stutzte als er mich nach meinem Namen fragte. Er fragte mich ob ich einen Bruder mit dem Namen Christian Reinelt habe. Ich antworte ihm mit einem klaren ja und berichtete ihm von dem Anruf der JVA und das ich eigentlich grade zu ihm wollte, um ihn zu besuchen und um zu erfahren was da wirklich los war.

Er erzählte mir dann noch das er ihn erst kurz vor mir notärztlich versorgen musste und er auch in Herford in der Klinik liegt. Er erklärte mir das er in sehr schlechtem Zustand ist, nicht bei Bewusstsein ist und durch einen sexuellen übergriff viel Blut verloren hat und er vermutlich erst mal in einem künstlichen Koma gehalten wird wenn er aus der Not-OP kommt.

Ich war geschockt was ich grade hören musste. Not-OP? künstliches Koma? Mir liefen die Tränen. Ich wurde in den Schockraum gebracht und es wurden die üblichen Standartuntersuchungen gemacht. Der Arzt der mich jetzt behandeln sollte sah schon das einiges kaputt ist. Er informierte mich das mich gleich ein Anästhesist in Narkose legen wird, um mich schmerzfrei untersuchen zu können. Unter anderem im MRT und dafür musste ich sowieso ruhig liegen und die Schmerzen machten es nicht leichter. Keine 10 min später war ich weg und lag im MRT und träumte vor mich hin. Doch mich sollte gleich noch jemand anderes im Traum aufsuchen.

Ich sah Papa bei mir stehen wie er mich im MRT beobachtete. Er sagte nur

Werner:
Was machst Du nur für Sachen mein Junge? Ich will euch noch nicht beide hier oben haben. Du musst jetzt für Deinen Bruder da sein und auf ihn aufpassen damit er keine falsche Entscheidung trifft. Bitte sei für ihn da. Ich bitte Dich. Ich liebe Dich.  

Ich wurde eine Weile später wieder wach und hatte Papas Worte noch immer im Ohr. Der Arzt besprach mit mir die Bilder und sagte mir das wirklich einiges kaputt war, was auch operiert werden muss. Mein Bein war mehrfach gebrochen, die Schulter und das Schlüsselbein hatten auch was abbekommen. Meine Hüfte tat höllisch weh und in meinen Fuß  werden auch Schrauben reinkommen. Meine linke Seite war wirklich von oben bis unten kaputt und das wird dauern bis ich wieder auf die Beine kommen werde. Es war einfacher aufzuzählen was noch ganz war. Das war der Startschuss. Ich spürte einen warmen Druck im rechten Oberarm und dann war ich für die nächsten Stunden im OP. Chris war mir ohne das ich es wusste näher als ich dachte doch bekamen wir beide voneinander nichts mit. Chris im einen und ich im anderen OP nebenan. Jeder von uns beiden kämpfte grade für sich um sein eigenes Leben und das war so traurig nichts daran ändern zu können.

Als ich einiges später wach wurde sollte ich ein bekanntes Gesicht sehen. Meine Frau. Das Chris dem Tod sehr nahe war sollte ich erst später durch seinen Arzt erfahren und dann werden auch Papas Worte Sinn ergeben.

Dark Angel ,,Mein Weg zur Erlösung"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt