50.Kapitel

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Sicht Andreas:

Endlich hatte das Warten ein Ende und wir durften wieder zu unserer Mutter, auch wenn es bei Chris ein kühles Wiedersehen war. Er ist nicht mehr der herzliche Mensch der er vor dem Unfall war. Etwas ist wahrhaftig in ihm verloren gegangen. Seine sonst so liebevolle Art, seine Charme, seine immer positive Denkweise. Alles hatte sich in ihm durch seine rachsüchtige Seite verabschiedet. Jedenfalls wirkte es so. Seit ich ihn in der Nacht vom Friedhof geholt hatte wusste ich endlich das es keine Hirngespinste waren, sondern das es die pure Wahrheit ist. Ich wusste nicht was ich tun sollte, außer für ihn da zu sein.

Unsere Mutter schien so wie sie grade aussah und weinte die Hölle noch mal durchlebt zu haben. Wie recht ich damit hatte sollte uns gleich der Psychologe bestätigen. Chris saß noch immer von allem unberührt da, aber das sollte sich gleich im Laufe des Gesprächs noch ändern. Ob das aber etwas in ihm bewirkt wissen wir nicht. Wir können nur abwarten und beobachten was passiert.
Dr. Schilke setzte sich wieder an den Tisch während ich bei meiner Mutter sitzen blieb und erst mal versuchte ihr die Fassung wieder zu geben und die Tränen mit den Taschentüchern die ich ihr reichte zu trocknen. Immer wieder liefen ihr die Tränen wenn sie sah wie Chris am Tisch saß und ihn alles kalt ließ, was um ihn rum so passierte. Das es ihn nicht berührte das sie weinte, schockierte sogar mich und machte mich sprachlos. Selbst meine bittenden Blicke zu ihm prallten an ihm ab. Deswegen blieb ich bei ihr sitzen was für Dr.Schilke auch in Ordnung war.

Er begann zu erzählen das Mama den Unfall von Amelia in jeder Einzelheit noch mal wiedergegeben hatte und ihm einiges aufgefallen war was er uns jetzt auch sagen wollte. Mir versetzte es gefühlt sofort Schläge in die Magengrube, weil so auch bei mir wieder Erinnerungen hoch kamen und die Trauer um meine Schwester wieder weh tat. Ich beobachtete Chris sehr genau während der Psychologe berichtete. Meine Gänsehaut war stellenweise schon sehr ausgeprägt, doch bei Chris tat sich da gefühlsmäßig eher weniger. Er hob zwischendurch an bestimmten Stellen schon den Kopf und reagierte sehr verhalten aber er zeigte zumindest ein paar Gefühlsregungen und das war auch mir nicht entgangen. Jetzt war Chris zunehmend mehr bereit um Gefühle zuzulassen und offener  für das, was der Psychologe erzählte und auch um so die Details die wirklich wichtig sind zu verstehen und zu deuten.

Grade wie sie von der Zeit berichtete als Chris nach dem Unfall in der Klinik lag und er monatelang mit den Folgen zu tun hatte wurden seine Blicke zu ihr weicher und liebevoller. Die Bilder die er uns von der Sitzung dazu zeigte brachen bei Chris dann die restlichen Dämme und er nahm sich vor das er sich mit Mama wieder annähern will. Das konnte ich irgendwie spüren. Das der Friede aber nicht lange andauern würde, konnten wir da noch nicht wissen.

Er erzählte uns auch noch die restlichen Erlebnisse der Sitzung und wir hörten gespannt zu. Dann sagte er etwas, was uns beide zusammenzucken und aufhorchen ließ. Es war der entscheidende Hinweis den Mama verdrängt hatte und den Dr. Schilke jetzt rauskristallisieren konnte. Wir waren alle so am Boden abgelenkt das wir die Luft nicht im Blick hatten. Ein Helikopter eines Fernsehsenders hatte alles aufgezeichnet, wirklich alles. Das war der entscheidende Tipp den wir der Polizei mitteilen können um den Fall neu aufrollen zu lassen. Die Polizei muss dann nur noch feststellen was es für ein Auto war und das Kennzeichen ermitteln. Mit den Angaben der Reporter sollte das wohl dann raus zu kriegen sein und so der wahre Täter festgenommen werden können um endlich Ruhe in dieser Sache zu kriegen. Das wäre grade für Chris unglaublich wichtig zur Ruhe zu kommen. Dr.Schilke hatte alles auf Band gezogen und wollte es nach Absprache mit Mama am nächsten Tag der Polizei überlassen. Sie wollte aber erst mal persönlich mit den Beamten sprechen die schon damals in Amelias Fall ermittelt hatten und es ihnen dann zur Auswertung überlassen. Mama hatte unbewusst den Heli wahrgenommen, hatte es aber bisher verdrängt das er da war, weil sich ihre Sorge auf Chris konzentriert hatte, das sie nach Amelia nicht auch noch ihn verlieren würde.
Jetzt kam alles ans Licht und die Aufklärung würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Mama beobachtete Chris inzwischen auch, neben mir. Er hatte Tränen in den Augen und weinte leise mit jedem Wort was er sagte mehr vor sich hin. Ihm schien in diesem Augenblick einiges klar geworden zu sein was jetzt grade alles aus ihm rausbrach.

Mama hielt es auf dem Sofa nicht mehr im Sitz. Sie stand auf, ging auf ihn zu und zog ihn von seinem Stuhl in den Stand direkt in ihre Arme. Jetzt weinte er in ihren Armen weiter und Chris ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Ihm wurde klar das er doch nicht alleine war und Mama immer an ihn gedacht hat, grade weil sie es nicht über das Herz brachte ihn in diesem schlimmen Zustand zu sehen. Es war grade alles was vorweg passiert war vollkommen unwichtig. Sie hatten sich und mir fiel ein riesen Stein vom Herzen als ich das sah.

Sie erzählte noch so einige doch wichtige Details um den Unfall rum und Dr.Schilke machte sich Notizen dazu. So kamen wir dann letztendlich zu dritt ins Gespräch nachdem auch Chris sein Schweigen gebrochen und sich geöffnet hatte. Das war unserer beider stille Hoffnung das der Psychologe auch einen Zugang zu Chris bekommt. So war es auch. Es verging noch gut eine weitere halbe Stunde bis wir dann die Sitzung beendet hatten und gegangen waren.

Ich hatte Mama versprochen sie morgen zur Polizei zu begleiten was sie sichtlich beruhigt hatte. Chris kam etwas später als wir am Auto an und sagte uns das er uns nicht begleiten wird weil er sich noch einen separaten Termin nur für sich alleine bei ihm geholt hatte. Ihm brannte scheinbar etwas auf dem Herzen was er auch mir nicht sagen wollte. Das muss ich akzeptieren und ich bin froh das er sich überhaupt selber freiwillig Hilfe holen wollte. Er ist ein eigenständiger Mensch der auch seine Geheimnisse hat und auch haben darf. Ich nickte ihm nur als Zeichen das ich es mitbekommen hatte was er sagte zu und dann fuhren wir nach Hause.

Noch immer geschockt von dem was wir erfahren hatten verlief die Fahrt nach Hause genauso ruhig wie der Hinweg. Nur das wir jetzt die Kenntnisse hatten die wir brauchten und das erst mal verdauen mussten weil damit keiner von uns gerechnet hatte. Mama war von der Sitzung vollkommen KO, Chris wollte am liebsten sofort zur Polizei und ich war froh das Chris seine Mauer langsam wieder fallen ließ und wieder wen an sich ran ließ.

Aber ob das ein Schritt in die richtige Richtung ist, wird sich noch zeigen.

Als wir zu Hause ankamen war Chris schon sofort mit dem Auto wieder verschwunden und ich konnte mir denken wo er hin wollte. Entweder würde er zum Friedhof fahren um Papa um Rat zu fragen wegen seinem Termin morgen oder er würde zu Nadine fahren und ihr die Neuigkeiten berichten. Mein Herz sagte mir das er beides tun würde und ein Telefonat am späteren Abend würde das auch bestätigen.

Das ich mit diesem Telefonat aber später keine guten Nachrichten überbringen würde war mir jetzt noch nicht klar, aber er musste es unbedingt wissen, denn es hatte mit seiner Gedächtnislücke zu tun die sich durch diesen Anruf schließen wird und ihn vermutlich in Schwierigkeiten bringen könnte.

Dark Angel ,,Mein Weg zur Erlösung"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt