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[Jungkook]

Taehyung legte seine Hand irgendwann ebenfalls an meine Wange, aber nur, um sich somit von mir zu lösen.

„Ein Kuss also?", fragte er leise, sein Gesicht dabei noch ganz dicht an meinem, sodass ich fast schon übersehen hätte, dass er leicht grinste. „Weißt du, unter Verführung verstehe ich eigentlich nicht gleich sowas Direktes, aber ich sehe du bist sehr ehrgeizig."

Weil er diesen eben noch so romantisch erscheinenden Moment damit vollkommen ruinierte, holte ich aus und klatschte ihm mit meiner flachen Hand eine. Sofort wandte der Mann sich damit von mir ab und ich nutzte diesen Moment dafür aus, meine Tasche zu greifen und aus dem Auto zu steigen, denn ich würde es keine zwei Sekunden länger mit Tae darin aushalten.

Auch meine Tränen ließen nicht länger auf sich warten, sodass ich hier gerade weinend durch die Straßen Seouls lief, mit einer schweren Tasche in der Hand und nicht einmal mit einer Jacke, da ich diese im Auto gelassen hatte. Darin befanden sich auch Handy und Portemonnaie, sodass ich der Kälte vollkommen geliefert war, da ich kein Geld hatte, mit dem ich irgendwie einen Bus nehmen oder mit einem Taxi fahren könnte.

Noch immer waren die Temperaturen weit unter Null, es hatte in der Nacht sogar geschneit und weil ich keine Schuhe für solch ein Wetter trug, wurden meine Füße ziemlich schnell nass und somit auch kalt. Eine Erkältung würde ich hiermit sicherlich zu einhundert Prozent mitnehmen, aber das war nicht annähernd so schlimm wie das, das hier gerade passierte.

Wie aus dem Nichts, fing das Geschrei an, die Sirenen von Autos läuteten und jeder lief wild umher. Dann realisierte ich auch, wie der Boden sich unter meinen Füßen bewegte, erst nur zitternd und dann letztendlich so stark, dass ich mich nicht länger auf den Beinen halten konnte und somit auf die Knie fiel, die ich mir damit aufschlug und anfing zu bluten.

„Ein Erdbeben!", hörte ich einen Mann schreien, der gerade aus einem kleinen Kiosk rannte, welcher sich unter einem relativ hohen Gebäude befand. Es war hier auf keinen Fall sicher, aber ich konnte nicht wirklich aufstehen und musste daher krabbeln, unter die Bank einer Bushaltestelle, um mich vor möglicherweise fallenden Gegenständen zu schützen oder dem Glas, dass vereinzelt splitterte von den Hochhäusern aus, die in diesem Teil der Stadt auf solch eine Katastrophe nicht vorbeireitet und ausgerüstet waren.

Ich zitterte am ganzen Körper und bekam schon fast keine Luft mehr, weil ich so große Angst hatte. Nie zuvor hatte ich ein Erdbeben miterlebt und war schon bei einem einfachen Gewitter immer zu meinen Eltern mit ins Bett gegangen, weil ich so große Angst vor der Natur hatte, da ich als Kind immer solche Katastrophenfilme geschaut hatte, die mich mehr oder weniger traumatisierten.

Auch wenn das natürlich nicht wirklich etwas brachte, krallte ich mich an mich selbst, denn es gab mir das Gefühl von Stabilität, während ich hier unter dieser Bank lag und die Sekunden zählte, bis es endlich vorbei sein würde.

Ganze zwei Minuten ging das so weiter, bis es letztendlich aufhörte und es ruhig wurde. Totenstille, keiner sagte was und auch der Alarm der Autos hatte aufgehört. Vereinzelt begannen die Leute dann aber wieder zu sprechen, ich hörte auch hin und wieder ein leises Weinen oder Schluchzen, aber es blieb letztendlich relativ leise.

Ich befand mich hier mitten in einer gefährlichen Zone, aber konnte nur an Taehyung denken und machte mir Sorgen drum, ob ihm vielleicht etwas geschehen war. Leider hatte ich mein Handy nicht bei mir, weshalb ich ihn nicht anrufen konnte und hier somit mehr oder weniger gestrandet war, den restlichen Weg Nachhause laufen musste.

Aber ich kannte den Weg nicht einmal.

Helfen wollte mir keiner. Ich humpelte durch die gegen und fragte diejenigen, die ebenfalls auf der Straße waren, aber keine wollte mit mir sprechen, da sie alle selbst schockiert waren von dem, was soeben passiert war. Dann erst bemerkte ich, dass ich meine Tasche dort liegen gelassen hatte, wo ich zu Boden gefallen war. Ohne weiter zu zögern ging ich dorthin und es war fast schon wie ein Wunder, als ich den Mann dort sah, nach dessen Nähe ich mich gerade so sehr sehnte.

„Taehyung!", rief ich und versuchte so schnell ich konnte zu ihm zu gehen. Er hörte mich und sah auch, dass ich verletzt war, weshalb er sofort zu mir kam. In dem Moment, als wir uns nah genug waren, ließ ich mich fast schon einfach so in seine Arme fallen und presste mich an seinen Leib, fing augenblicklich an zu weinen und schluchzte schon wie ein Kleinkind. „Ich hatte so angst", nuschelte ich.

„Als du aus dem Auto gerannt bist, bin ich dir schnell gefolgt, habe dich aber aus den Augen verloren", meinte der Mann und schlang seine Arme um meinen Körper, drückte mich ganz fest. „Geht es dir gut? Was ist mit deinen Knien? Sind sie schwer verletzt?", fragte Tae und löste sich von mir, schaute mich mit einem so besorgten Blick an, dass ich wieder das Gefühl von Sicherheit bekam, da er nun hier bei mir war.

Dieser Blick. Das war der Taehyung, den ich kannte. Nicht der, der so komisch grinste. Das hier war Taehyung, der sich um mich kümmerte und für mich da war. Der Taehyung, den ich liebte.

———
Ich hatte zwar nur eine Woche Schule bisher, seitdem die Ferien vorbei sind, aber ich habe dieses Wochenende wirklich gebraucht!

Und mal schauen, vielleicht kommt heute ja noch ein zweites Update 🌚

tempted ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt