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[Taehyung]

„Rücken gerade", flüsterte ich Jungkook leise zu und tippte ihm sanft mit den Fingern auf die Schulterblätter, denn er liebte es, seine Schultern immer ganz locker hängen zu lassen. „Brust raus", hing ich noch dran, da er vor unseren Aktionären nun sehr stolz und selbstbewusst rüberkommen sollte, da sie sein Produkt sonst ablehnen könnten, darin nicht investieren würden und sein Traum nicht in Erfüllung ginge.

Man sah ihm seine Nervosität an, seine Beine zitterten, er schluckte immer wieder mal, weil sein Mund ihm wohl austrocknete. Ein leichte Lächeln schlich sich auf meine Lippen, dann schon setzte ich mich auf den mir zugewiesenen Platz, schaute von diesem Zeitpunkt aus nur noch zu, hörte an der Stimme meines Verlobten heraus, wie viel Angst er in diesem Moment eigentlich gehabt, obwohl er es, meiner Meinung nach, relativ gut machte. Aktionäre waren nicht leicht zu überzeugen und sie gingen auch immer bis hin ins Persönliche, um sich wirklich sicher sein zu können, die richtigen Personen auszuwählen. Eine Frage, von der ich mir fast schon sicher war, sie würde noch kommen.

„Herr Jeon, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, so steht es jedenfalls in den Unterlagen, die Sie zu Anmeldung ausfüllen mussten, dann sind Sie bereits verlobt, an einen relativ viel älteren Mann, tatsächlich aber nicht nur irgendeinen Mann, sondern den Vorsitzenden Herrn Kim. Wenn ihnen als baldiger Ehemann nicht ohnehin schon viel zu dieser Firma zusteht, wieso haben Sie sich dann hier beworben? Ihr Verlobter hat doch eine Menge Geld, Sie hätten ganz einfach in dieser hohen Position mit ihm sein können", kam von niemand anderen als Herrn Park. Er war Jimins Vater, einer meiner wichtigsten Aktionäre und wirkte auch wie einer meiner größten Gegner, jedoch mochte er mich eigentlich, so hoffte ich.

Die Frage war nicht angebracht, jedenfalls nicht so, wie sie gestellt worden war und ich öffnete bereits den Mund, die Hände dabei zu Fäusten geballt, da ich etwas sagen wollte, jedoch kam Jungkook mir zuvor, fing einfach an zu sprechen, in vollem Selbstbewusstsein, als hätte er seine ganze Nervosität verloren, aber weil ich ihn als einziger hier zu einhundert Prozent kannte, wusste ich ganz genau, dass es nur für den Moment so sein würde, und in wenigen Minuten dann kommen auch schon die Tränen.

„Ehrlich gesagt und ohne dabei unhöflich zu klingen, habe ich eine solche Frage bereits erwartet, obwohl ich bis in die letzte Sekunde hinein nicht den Grund dazu sehe, so auf mein privates Leben einzugehen", fing der Braunhaarige an zu sagen, strich sich einmal durch die Haare. „Tatsächlich haben Sie recht und der Vorsitzende ist mein Verlobter, trotz unseres hohen Altersunterschieds, aber das ändert nichts daran, dass ich Stunden, Tage und Wochen an diesem Produkt gesessen habe, an diesem Vorschlag, dieser Präsentation. Neben meinen Vorlesungen in der Uni, habe ich ganze Nächte durchgemacht, um etwas zu entwickeln und planen, was ich schon lange Zeit lang im Kopf gehabt habe. Es war mein Fleiß, der mich heute an dieser Stelle hier vor Ihnen stehen lässt, nicht etwa die Verlobung zum Vorsitzenden."

Stolz nickte ich leicht, versuchte mir ein Lächeln zu verkneifen, aber es machte mich glücklich Jungkook so stark und unabhängig zu sehen, dass ich nicht anders konnte. Eigentlich dachte ich, dass die kurze Zeit an Ruhe bedeutete, dass er somit den Punkt setzte, aber Herr Park setzte wirklich nicht locker.

„Verlobter des Vorsitzenden wird aus so vielen Anmeldungen direkt ausgewählt, um sein Produkt auf den Markt zu bringen? Für mich klingt das sehr auffällig, wenn man mich fragt", entgegnete der ältere Mann und schaute einmal zwischen Jungkook und Mir, dann den anderen hier, umher. „Naja, zu gut, dass Sie keiner gefragt hat, Herr Park!", meinte ich und zwinkerte dem Grauhaarigen zu. Anderes als meine Worte als die wirklich letzten zu akzeptieren, konnte er nicht tun, denn an mir hing sein Einkommen durch diese Firma ab, so sollte er mich nicht verärgern oder dafür sorgen, dass ich ihn ausschließe.

Ich hatte auch im Recht damit gelegen, dass Jungkook die perfekte Wortwahl getroffen hatte, denn anstatt nun ihr Zweifel zu haben, stimmten die anderen Aktionäre Jungkook zu und rechneten ihm es sogar sehr hoch an, wie er sehr spontan so schnell auf eine so professionelle Antwort kommen konnte. Somit war das Treffen abgeschlossen, auch beschlossen, denn in schon nur wenigen Monaten würden wir mit der Produktion, Vermarktung und dem Verkauf beginnen. Es passiert nur selten, dass Dinge so schnell gehen, daher war ich umso stolzer auf meinen Freund, denn er hatte wirklich gute Arbeit gelassen.

Ebenfalls im Recht lag ich damit, dass nur wenige Minuten später, als wir uns zu zweit in meinem Büro befanden, die Tränen sich bereits den Weg über seine Wangen gebahnt hatten, Jungkook sich dann einfach an mich klammerte, seine Arme um mich schlang und weinte. „Wieso musste er so gemein zu mir sein? Er ist doch der Vater von Jimin, oder? Ich dachte der würde nett zu mir sein!", schluchzte der Braunhaarige. Zwar hatte ich viel Mitleid mit ihm, immerhin liebte ich diesen Mann, jedoch wusste ich gleichzeitig, wie schwer es war, diesen Beruf zu machen, der definitiv nichts für schwache Nerven war.

„Nimm es ihm nicht übel, er war nicht annähernd so professionell wie du. Außerdem kam nur Gutes dabei raus, findest du nicht auch?", fragte ich und endlich schaute der Jüngere mit verweintem Gesicht zu mir hoch. „Hab ich es wirklich gut gemacht?"

Lächelnd nickte ich, beugte mich ein kleines Stückchen vor, um die perfekten Lippen meines Verlobten zu küssen, wobei ich ihn noch enger an mich zog.

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Jungkook ist ein King

tempted ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt