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[Jungkook]

Taehyung schien aber nicht in Laune zu sein, denn er setzte sich einfach wieder hin, lachte dabei ein wenig, als befanden wir uns gerade in einer lustigen Situation. Natürlich versuchte ich dann auch mir nicht anmerken zu lassen, wie ich einen Schritt weiter gehen wollte, lachte aufgezwungen und setzte mich wieder aufrecht hin.

„Mir war langweilig und ich wollte mit deinem Handy spielen. Wusste nicht, dass du eines nur für die Arbeit hast", erklärte ich, weil ich das Gefühl hatte, ich müsste mich erklären.

Mehr war dort auch nicht, wir gingen nämlich schlafen. Obwohl Taehyung heute Morgen erst gesagt hatte, dass er dank mir besser schlafen konnte und in dem Sinne auch in jeder Nacht bei ihm schlafen sollte, ging ich, nachdem ich mich bettfertig gemacht hatte, in mein eigenes Bett, legte mich unter die Decke und zog diese bis über den Kopf, versuchte so schnell es ging einzuschlafen, um das Gefühl der kalten Einsamkeit und Leere nicht zu fühlen.

Kurz bevor dies aber geschah, spürte ich plötzlich Druck von hinten und es wurde enger, was ich im Halbschlaf so realisierte. Das sorgte dafür, dass ich wieder hellwach wurde, weshalb ich die Decke von meinem Kopf schon und sah, dass mein Licht aus war, auch wenn ich eigentlich angelassen hatte. Durch die Lichter der Stadt, war es aber nicht zu dunkel in meinem Zimmer, um zu erkennen, dass zwei Arme mich in dieser Decke, wie eine Raupe eingerollt, umschlungen hatten.

Und so schlief ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein, da Tae doch bei mir war.

-

„Ich schwänze heute, gar keine Lust", nuschelte der Mann und hatte mich eng an sich gezogen, die Haare komplett verwuschelt, die Augen noch geschlossen. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen beobachtete ich das Schauspiel, welches sich mir hier ergab, musste dann auch einmal lachen, was Tae dazu brachte, seine Augen nun doch zu öffnen, sodass nun auch er leicht lächelte, die Fingerspitzen durch meine Haare gleiten ließ. „Lass uns wegfahren, drei oder vier Tage, nur wir beide weit weg von der Zivilisation."

Mit diesem Vorschlag war es dann auch schon entschieden, weshalb wir am frühen Mittag bereits mit Gepäck im Kofferraum auf dem Weg nach Yeongweol waren, einem kleinen Ort im Nordosten Koreas, wo nicht viel los war, es nicht viel gab und Tae ein kleines Haus außerhalb der Stadt hatte, auf einem Hügel oder einem Berg, eines von beidem, wie er selbst sagte.

„Da wären wir", meinte der Mann, als wir nach ungefähr drei Stunden Fahrt angekommen waren, die Sonne hoch am Himmel. Es war noch kalt draußen, aber nicht mehr unter null, vielleicht bisschen was darüber, aber auch nicht mehr als das. Ich vergrub mein Gesicht sofort wieder in meinen Schal, als ich das Auto verließ und ging schonmal auf das kleine Häuschen zu, vor dem wir geparkt hatten, während Tae gerade den Koffer aus dem Kofferraum nahm, in dem sich unsere Sachen befanden.

„Hier gibt es weit und breit nichts, was suchen wir hier?", fragte ich leise und schaute mich um. Eigentlich war ich nicht ganz so abgehoben, aber auch nicht gemacht für das Leben auf dem Land, da ich mein ganzes Leben schon in einer Großstadt gelebt hatte. Hier gab es nicht einmal, so wie es aussah, große Supermärkte, sondern eher nur lokale Kiosks.

„Es ist die Erinnerung, die ich hier habe", erzählte der Ältere und schaute mit einem Lächeln das Haus an. „Hier habe ich meine Kindheit verbracht, bin aufgewachsen und habe auch alle meine Freunde in der Schule kennengelernt, die unten in der Stadt ist. Ich weiß, du bist ein Großstadtkind, aber ich bin mir sicher, dass es dir hier gefallen wird, denn auch du brauchst mal eine Pause von der Metropole. Das Landleben ist das, was uns wieder ein wenig beruhig wird und uns den Stress nimmt, den wir in den letzten Wochen hatten!"

Hatte mich nicht überzeugt, aber weil es Taehyung glücklich zu machen schien, setzte ich mir anfangs noch ein Lächeln auf, welches dann aber zu einem ehrlichen wurde, da es mir das Herz erwärmte, den Mann wieder so lebendig zu sehen, nicht erdrückt von den Problemen die meinte Mutter brachte oder der stressigen Arbeit.

Das Haus war sehr schön, zwar ein wenig eingestaubt, weil hier wohl schon lang keiner mehr drin gewesen war, aber dennoch sehr warm und es wirkte gleich auch so vertrau, da überall Bilder von Taehyungs Familie hingen.

„Babyfotos! Oh mein Gott, ich will sie alle sehen!", meinte ich, als ich ein Album auf dem Tisch liegen sah, welches die Inschrift Taehyung 1987-1990. Ich griff dieses sofort und sprang in voller Vorfreude fast schon auf das Ledersofa im Wohnzimmer, welches nicht vor einem Fernseher, wie man es eigentlich gewohnt war, stand, sondern vor einem Kamin, welchen Taehyung letztendlich sogar anmachte, bevor er sich mit zu mir auf das Sofa setzte, dich an mich heran und den Arm um meine Schultern legend, während er mir von den Bildern erzählte, die in dem Album waren.

Ich stellte schnell fest, dass er sein ganzes Leben hier wohl zurückgelassen hatte, als er damals nach Busan zog und ein erfolgreicher Mann wurde. Tatsächlich schien der Dunkelhaarige auch wirklich mitgenommen, als ich das Album beiseite legte, weil wir es uns gemeinsam bis zum Ende durchgeschaut hatten, über die Bilder lachten und ich auch schwärmte.

Letztendlich hinderte das uns aber nicht davon, jedes andere Album noch durchzuschauen, bis zum zwanzigsten Lebensjahr von Taehyung, denn danach gab es keine Bilder mehr. Nur vereinzelt welche, die er wohl aufgenommen hatte, als er ausgezogen war und dann herschickte.

„Wieso weinst du?", fragte ich leise, als ich nun auch das letzte Album beiseite legte. „Es ist nur, so viele Erinnerungen kommen hoch und ich vermisse die Zeit damals mit meiner Familie, meine Großeltern vor allem. Die Bilder hier, haben mir noch einmal alles vor Augen geführt und mich wieder daran erinnert, dass ich keine Familie mehr habe, weil sie alle bereits von der Welt gegangen sind außer mein Bruder, zu dem ich aber nur wenig Kontakt habe."

Erst war ich ein wenig unsicher, was genau ich in einem solchen Moment tun sollte, aber Trost erschien mir als einzige Lösung, weshalb ich mich einfach auf seinen Schoß setzte, meine Arme um seinen Oberkörper schlang und den Kopf auf seiner Brust ablegte, die Augen schloss.

„Jetzt hast du mich, wir haben uns gegenseitig und wir sind eine Familie, weil auch ich außer dir keine Familie auf dieser Welt habe", murmelte ich ganz leise. Dass mein Trost ein Erfolg war, merkte ich daran, dass Taehyung seine Arme ebenfalls um mich legte, seine eine Hand an meinen Kopf und damit diesen leicht an seine Brust drückte.

Ein sanfter Kuss auf meinen Kopf.

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Ein wenig Fluff dies das
Die nächstes Kapitel werden sehr soft because I am very soft at the moment :3

tempted ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt