23. Gründe zu leben

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Aus sicherer Entfernung beobachtete Arya vom Rücken ihres Drachen aus wie Kira, Aroc und Laorie durch den Himmel tollten. Die ausgelassene Freude der jungen Drachen und ihrer Reiter flutete auf geistiger Ebene durch den Himmel, wie die Strahlen der Sonne.Arya stutzte als sie eine Welle von Wehmut auffing, welche von Fírnen zu stammen schien.- "Du bedauerst es, ohne deine Artgenossen aufgewachsen zu sein, oder Großer?" -Der grüne Drache schnaubte kurz.- "Es war zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich. Du hast dich gut um mich gekümmert kleine Maus. Wie Dorn und Saphira bin ich praktisch noch im Schatten von Galbatorix geboren worden. Ich habe es noch recht gut getroffen. Aber wir alle, die wir aus dieser dunklen Zeit stammen mussten etwas entbehren." -- "Du könntest mitspielen. So alt bist Du auch noch nicht Großer." -Fírnen lachte schnarrend.- "Das mag schon sein. Aber ich bin der Lehrer dieser Küken und muss mich auch dementsprechend benehmen. Wie sollen sie mich sonst respektieren. Vielleicht werde ich Saphira später etwas jagen." -Das Lächeln, was auf Aryas Gesicht erschien, hatte eine wehmütige Note.- "Du machst dir Sorgen um Eragon, oder?" -- "Ja, das tue ich Großer. Ich sollte bei ihm sein, versucht ihm zu helfen diese Drachendame zu überzeugen oder zumindest den Schmerz mit ihm teilen. "-- "Du wirst für ihn da sein, wenn er dich braucht. Aber vergiss nicht kleine Maus: das Schicksal hat ihn zum Oberhaupt des Ordens bestimmt. Er muss in der Lage sein diese Verantwortung zu tragen. Du kannst sie nicht für ihn tragen und ich glaube auch nicht, dass er das will. Sei für ihn da, wenn er dich braucht, fang ihn auf, wenn er fällt aber Versuch nicht, ihn durchs Leben zu tragen und vor allen Schlägen zu schützen, die auf ihn einprasseln könnten. Es wird dir nicht gelingen." -Dankbar klopfte Arya ihrem Drachen gegen die Halsschuppen. Natürlich hatte er recht. Dennoch konnte die Drachenreiterin nicht verhindern, dass sich in ihrer Brust etwas schmerzhaft zusammenkrampfte als sie in einiger Entfernung Saphira erblickte, die der Felseninsel und damit der Ratshöhle zustrebte."Wo wollen Meister Eragon und Meisterin Saphira hin?"Naries neugierige Stimme unterbrach Aryas Versuch ihren Gefährten auf geistiger Ebene anzusprechen.Die junge Reiterin glitt auf dem Rücken ihrer Drachendame neben Fírnen. Arya musste schmunzeln als sie Narie ansah. Die Backen der jungen Elfe waren gerötet vor Aufregung und ihr Haar vom Wind zerzaust. Auch die anderen jungen Drachen glitten nun zu ihren beiden Artgenossen und hielten sich, wie die beiden anderen Drachen, durch kräftige Flügelschläge in der Schwebe."Erst muss er plötzlich weg, und jetzt will er zu dieser Felseninsel, wo die noch ungeschlüpften Eier lagern. Meisterin? Ist er vielleicht noch mehr an dieser Insel?" Mutmaßte Marek.Arya spürte deutlich die neugierigen Blicke aller Schüler auf sich gerichtet."Da ist mehr Marek. Aber es ist Wissen wofür weder ihr noch eure Drachen bereits seid. Also streckt eure Hände nicht danach aus. Noch nicht. Im Zuge eurer Ausbildung werdet ihr alles erfahren aber zum richtigen Zeitpunkt. Sag mir Marek: Ist es dein Wunsch Laorie vor jeder Gefahr zu beschützen?"Der tiefe Ernst, der nun die Stimme des jungen Bergnomaden erfüllte war ein deutlicher Beweis für die Fortschritte, die er bereits in seiner Ausbildung gemacht hatte."Die Antwort auf diese Frage, Meisterin, ist so selbstverständlich, dass ihr mich fast beleidigt, indem ihr sie stellt. Natürlich will ich das. Genauso wie Tar und Narie ihre Gefährten beschützen wollen und unsere Drachen uns.""Gut." Antwortete Arya. "So sollte es sein. Das Wissen, was sich bisher noch auf dieser Insel vor euch verbirgt, könnte eine Gefahr für eure jungen Drachen sein. Deshalb warne ich euch nochmal: Ihr seid jetzt noch nicht bereit dafür. Hab also Geduld."Die elfische Reiterin ließ einen strengen Blick über ihre Schüler wandern. Sie war zufrieden mit dem, was sie auf deren Gesichtern erblickte: Verständnis für den Ernst ihrer Worte und die Bereitschaft Geduld zu beweisen.- "Außerdem haben wir wichtigere Dinge zu tun." - Ließ sich nun Fírnens tiefe Stimme vernehmen. - "Ihr hattet jetzt genug Zeit zum Spielen. Es wird Zeit, dass wir die Sache etwas ernster angehen. Arya und ich werden euch von jetzt an verfolgen und, selbstverständlich spielerisch, versuchen euch anzugreifen. Kira, Aroc und Laorie: Eure Aufgabe ist es unseren Angriffen auszuweichen und euch selbst und eure Reiter zu schützen. Denk daran: Wenn ihr zu wilde Manöver fliegt, um einen Angriff zu entgehen, kann das für eure Reiter genauso fatal sein wie der Angriff selbst.Marek, Tar und Narie: Eure Aufgabe ist es zum einen euch an die Manöver zu gewöhnen die nötig sind, des Weiteren eure Drachen nicht zu behindern und letztens: Versucht so gut es geht die Orientierung zu bewahren. Denk daran, ein Drache hat im Hinterkopf und am Schwanz keine Augen. Dort müsst ihr für eure Seelengefährten sehen." -"Wundert euch nicht, Meister, wenn wir bald diejenigen sind, die angreifen. Immerhin steht es drei gegen einen. "Auch wenn Arya's Lachen glockenhell klang, entging den drei jungen Reitern und ihren Gefährten nicht die versteckte Drohung darin."Zähl lieber noch einmal nach Marek."Wie als hätten sie auf diese Worte der Elfe gewartet, erhoben sich vier wilde Drachen von der Felseninsel. Der eine glänzte wie ein frisch polierter Kupferkessel, der zweite schien aus reinem Bernsteins bestehen und wirkte in der Sonne als würde er in Flammen stehen. Der dritte Drache der Gruppe, war tiefschwarz und seine silbernen Hörner und Rückenzacken erweckten den Eindruck, als sei ein Stück des Nachthimmels lebendig geworden. Der Vierte im Bunde war der graue Voratan selbst.Marek schluckte, Tars Augen weiteten sich erschreckt und Narie war mit einem Mal fast so blass wie ihre weißblonden Haare."Ihr habt 10 Sekunden Vorsprung." Erklärte Arya.-"Lieber nur 5 Sekunden. Immerhin seit ihr ja zu dritt!"- knurrte Fírnen.Als Eragon die Ratshöhle betrat, dauerte es nicht lange und die geisterhaften Lichtgestalten der anderen Ratsmitglieder begannen sich zu formen."Eragon Saphira was führt euch heute hierher?" Wollte Umaroth wissen."Sag bloß nicht, du ziehst eine Hand voll toter Drachen deiner hübschen Elfe vor. "Schnarrte Miemel."Ich hoffe ihr werdet es mir nicht übel, wenn ich das in der Tat nicht tue. Aber es hat sich etwas ereignet, über das ihr unterrichtet werden müsst. Den Elfen meiner ehemaligen Garde ist es gelungen Kontakt zu einem Eldunari herzustellen, den wir von Galbatorix gerettet haben. Mit eurer Erlaubnis möchte ich euch diese Drachendame vorstellen. Ich denke besonders ihr Meister Glaedr werdet euch vielleicht freuen sie wiederzusehen. "Eragon holte den himmelblauen Seelenhorten unter seinem Umhang hervor, legte ihn auf den Boden und begann eine komplizierte Formel in der alten Sprache zu rezitieren. Noch während er sprach, erhob sich der Eldunari vom Boden und die Luft um ihn herum begann zu flimmern. Schließlich formte sich die Gestalt einer hellblauen Drachendame, die nur wenig größer war als Saphira. Der Seelenhort schwebte nun in der Mitte der geisterhaften Erscheinung an der Stelle, wo bei einem Drachen von Fleisch und Blut das Herz gesessen hätte.Die Hellblaue betrachtete sich prüfend."Seltsam. "Flüsterte sie. "Fast als hätte ich wieder einen Körper und doch..."Inzwischen hatte sich Glaedrs Erscheinung aus dem Halbkreis der Ratsdrachen gelöst und stand nun direkt vor dem Abbild der Drachendame."Saphira? Bist das du? Wir wussten nie was aus deinem Seelenhorten geworden ist!""Ich bin es wohl Meister, doch solange ich hier bin sollte ihr mich wohl lieber Saphira-Eldunari nennen. Sonst könnte es einige Verwirrung mit meiner jungen Namensschwester geben."- "In der Tat. "- Ließ sich Eragon Saphira vernehmen."Es ist schön dich wiederzusehen." Brummte Glaedr. "Du warst meine letzte Schülerin und ganz gewiss eine der talentiertesten. Aber was meinst du mit so lange du hier bist?""Könnt ihr euch das nicht denken, Meister? Brom ist tot. Als ich gehört habe, dass dieser junge Reiter sein Sohn ist, ist für kurze Zeit meine Neugier auf das Leben wieder erwacht aber er hat seine eigene Seelengefährtin. Er braucht mich nicht. Was hält mich hier? Als Eragon mir von euch erzählte, musste ich euch wiedersehen aber nun...""Ich verstehe deinen Verlust. Glaube mir verstehe ihn." Sagte Glaedr bitter." Aber auch ich habe mich dem Leben wieder zugewandt, nachdem Oromis mich verlassen hatte. Neue Aufgaben warten auf mich.""Ihr habt aber etwas zu bieten, was ich nicht habe:Erfahrung, Meister.Ihr wart schon weise als ich noch ein Küken war. Was habe ich zu bieten? Meine Ausbildung war gerade abgeschlossen als mein Leben endete. Was kann ich bieten, was kann ich beitragen, dass ihr nicht um das Zehnfache besser könnt. "- "Du könntest meinem Reiter helfen mehr über seinen Vater zu erfahren." - Warf die Saphira aus Fleisch und Blut ein. - "Es bedrückt ihn sehr, so wenig über seinen Vater zu wissen. "-"Über Brom zu reden ist für mich alles andere als leicht kleine Schwester. Selbst wenn ich mich dazu durchringen kann, ist das doch recht bedeutungslos. Ich habe so wenige gute Erinnerungen. Dafür erfüllen 100 Jahre Schmerz und Sklaverei meinen Geist.""Das soll also dein Leben gewesen sein?" hob nun Miemel an." Ein paar Jahre Freude, 100 Jahre Sklaverei und dann nichts mehr. Du lässt zu, dass die Verräter dein Leben in dieses Trauerspiel verwandeln?""Versucht nicht mich in Wut zu versetzen alte Meisterin! So leicht löst ihr mein Problem nicht. Keiner von euch hat mir bisher eine wirkliche Antwort gegeben. Was könnte ich euch nützen? Nennt mir eine Aufgabe! Welchen Dienst könnte ich dem Orden noch erweisen? Gelegentlich als Energiespender dienen?"Glaedr nickte Cuaroc kurz zu und tauscht Gedanken mit ihm aus die nur der Wächter hören konnte. Das lebende Standbild erhob sich und schritt zu der Treppe, die zur Eierkammer führte."Ich kann dir zwei Gründe nennen." Versprach Glaedr. "Auf den einen musst du noch ein bisschen warten. Den anderen kann ich dir sofort nennen:Sieh dich gut um.Das ist alles, was von unserer Rasse übrig ist. Wahrlich, viel ist es nicht. Bald schon, werden zu viele wilde Drachen dieses Tal bevölkern. Nahrung ist nicht alles was wir brauchen. Wenn zu viele von uns an einem Ort sind kann das nur zu Reibereien führen.Eragon, seine Nistpartnerin und ihre Schüler werden bald die Aufgabe haben neue sichere Lebensräume für kleine Brutgruppen unserer wilden Brüder und Schwestern zu finden. Noch über Generationen wird unser Volk relativ schwach sein. Jeder Verlust wird uns dicht an den Abgrund des Aussterbens führen. Wenn die Brutgruppen aufbrechen, werden einige der Elfen, die sich um dich gekümmert haben mit ihnen gehen. Ihre Zauber werden unsere Lebensräume beschützen. Doch es gibt Kräfte, die die der Elfen übersteigen. Deshalb müssen wir, die Eldunari, sie unterstützen.Unsere Kraft wird ihre stärken.Nur dann hat unser Volk eine Chance zu überleben. Das ist etwas, dass auch du tun kannst. Aber ich gebe zu, Pflicht ist nicht genug um weiterleben zu wollen. Daher solltest Du Dir das hier ansehen."Glaedr trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf Cuaroc frei. Der Wächter hielt ein Drachenei in den Händen. Es war schneeweiß, und nur von einigen dunkelblauen Linien durchzogen.Broms Saphira geriet bei diesem Anblick in heller Aufregung."Ihr habt es gerettet?!""Als Oromis und ich unseren Beitrag leisteten zum Verlies der Seelen, habe darauf bestanden, dass das einzige Ei, welches unsere letzte Schülerin hinterlassen hat, auch in Sicherheit gebracht wird. Wie du wolltest, wartet das Küken auf einen Reiter. Wir haben das Ei untersucht, es enthält ein Weibchen.""Meine Tochter." hauchte Saphira-Eldunari andächtig."Uns stünde auch die Möglichkeit zur Verfügung, den Segen über dem Ei rückgängig zu machen. Deine Tochter könnte auch jetzt schlüpfen und als Wilde aufwachsen." Schlug Umaroth vor."Nein." Beharrte die Erscheinung von Broms Saphira. "Ich wünsche mir einen Reiter für mein Kind. Aber ihr habt recht, das sind gute Gründe zu bleiben. Zumindest vorerst. Aber ich will dein Wort Eragon Bromssohn, dass wenn ich an dem Punkt, wo ich nicht mehr weiterleben will ihr diesen Wunsch respektiert.""Das brauche ich dir nicht zu versprechen, Seelengefährtin meines Vaters. Diese Entscheidung liegt inzwischen wieder bei dir. Der Zauber, der die diesen Anschein eines Körpers gibt, ist vielschichtig. Eines der Elemente ist auch, dass du dein Leben beenden kannst, wenn du es willst."Kurz schien die geisterhafte Drachendame in sich hinein zu horchen."Du hast recht, ich fühle es. Aber warum hast du mir diese Möglichkeit schon gegeben? Du konntest nicht wissen, dass es Meister Glaedr gelingen würde mich zu überzeugen, dass ich noch etwas zum leben habe. Wieso also?""Ich wäre nicht anders, als Morzan, Galbatorix und die anderen Abtrünnigen, wenn ich deinen Willen ignorieren würde. Ganz gleich wie sehr es mich schmerzen würde, wenn dein Leben heute enden würde: Die Entscheidung liegt bei dir, und nur bei dir."Broms Saphira senkte ihren Kopf und blickte er Eragon einen Moment in die Augen."Eines kann ich dir jetzt schon über deinen Vater verraten Eragon: Jetzt und hier, wäre er sehr stolz auf dich."Anschließend fixierte die geisterhafte Drachendame die Erbin ihres Namens."Du hast meinen Namen in einen Titel verwandelt, der für viel Ehre steht. Ich bin stolz, dass du nach mir benannt worden bist. Pass gut auf deine Reiter auf kleine Schwester. Er scheint mir nach seinem Vater zu kommen und Brom hatte die unglückselige Angewohnheit, seine Nase in alles zu stecken, was das Leben zu bieten hatte. Besonders hatten es ihm die Dinge angetan, die Fähigkeit hatten ihn im Gegenzug zu beißen."

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Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt