6.Küken-Probleme

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Misstrauisch, aus zu Schlitzen verhängten Augen beobachtete Fírnen Geist-aus-Seele-und Licht-Miemel. Nun war die alte Drachendame plötzlich sehr freundlich zu Seelenschwester-Arya. Sie stellte ihr, gemeinsam mit Herzerwärmer-Drachenreiter-Freund-Eragon und Schön-und-stark-Schuppen-blau-Saphira seine kleine Maus den anderen Ratsmitgliedern vor. Warum war sie auf einmal so freundlich?
Als hätte Geist-aus-Seele-und-Licht-Miemel die Gedanken des jungen Drachen erraten, löste sie sich von der Gruppe bei der sie gestanden hatte und kam auf ihn zu.
- "Nun Haustier, was liegt dir quer im Magen?" -
Fírnen war mit einem Satz auf den Beinen. Er bleckte die Zähne und knurrte den alten Drachen wütend an.
- "Ich bin kein Haustier! "-
- "Dann benimm dich auch nicht so! Liegst hier in deiner Ecke und funkelst mich böse an. So verhält sich kein anständiger Drache. Wir reden offen und voller Stolz miteinander, wir gehen nicht auf Distanz und verstecken unsere Gefühle nicht. "-
Kopfschüttelnd legte sich Miemel neben den jungen grünen Drachen.
- "Du hast einfach zu viel Zeit unter den Spitzohren verbracht Junge. Versteh mich nicht falsch, sie sind ganz nett und ich bin stolz darauf mit ihnen verbunden zu sein. Aber alles hat seine Grenzen. Mein Junge du solltest nicht vergessen, dass du kein Spitzohr bis. Lass mich raten: Es ergibt für dich keinen Sinn wie ich jetzt mit deiner Reiterin umgehe. Eben noch war meine Worte voller Wut, Beleidigungen und Kränkungen. Ich habe meine Worte sorgfältig gewählt, habe genau darauf geachtet, die wunden Punkte deiner Reiterin zu treffen. "-
- "Das ist es ja!" - Ereiferte sich Fírnen. - "Ich begreife das ihr uns prüfen musste Meisterin. Ich begreife auch, dass Arya eine politisch schwierige Entscheidung getroffen hat als sie Königin wurde. Aber ich verstehe nicht...."-
- "Ganz richtig! Du verstehst nicht." - Unterbrach Miemel scharf. - "Hast du gerade wirklich "politisch schwierige Entscheidung" gesagt? Wir sind Drachen! Kinder des Feuers und des Himmels! Glaubst du wirklich mich interessiert Politik?! Ich wollte sehen aus welchem Holz deine Reiterin geschnitzt ist! Also habe ich meine Klauen in ihren Wunden vergraben. Hat sie um Gnade gewinselt? Hat sie Angst gezeigt? Hat sie versucht sich hinter ihrem Rang und Namen zu verstecken? Nein! Sie hat mir offen geantwortet! Es war Feuer in ihren Augen! Dann habe ich sie, als auch dich, ein wenig gedemütigt. Aber selbst als ich sie auf die Knie zurück gezwungen habe, hat sie sich Stolz und Würde bewahrt. Sie hat mir gezeigt, dass sie stark ist und du eine gute Wahl getroffen hast. Glaubst du das hätte ich erfahren, wenn ich mit ihr ein wenig über Politik geredet hätte? Und wenn du wissen willst, warum ich nun freundlich zu ihr bin so ist das ganz einfach: Weil sie sich meinen Respekt verdient hat! Damit ist die Vergangenheit vergangen. Was kümmert mich also was ich noch vor einigen Augenblicken gesagt habe? Sie hat hinlänglich bewiesen, dass ich falsch lag. Du solltest stolz auf sie sein."-
Der junge Drache schnaubte versöhnlich.
- "Das bin ich und ich glaube ich verstehe was ihr meint Meisterin. "-
- "Es ist der Moment der zählt Junge! Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft! Das ist von Bedeutung für die Zweibeiner! Wir sind Drachen! Wir sind zeitlos. Es ist das Jetzt, was uns interessiert. Aber keine Sorge, du bist nicht der Einzige, der sich wie ein Haustier verhält!" -
Der durchscheinende Kopf der alten Drachendame fuhr herum und fixierte Saphira. Die blaue Drachendame hatte das Gespräch ihrer Artgenossen mit schief gelegtem Kopf verfolgt.
-"Wenn dich der Inhalt unserer Unterhaltung interessiert Saphira dann tritt zu uns und nimm am Gespräch teil. Drück dich nicht in der Dunkelheit herum wie eine streunende Katze."-
Peinlich berührt trat Saphira vor und legte sich ebenfalls nieder.
-"Ich hätte eine Frage Meisterin."-
-"Dann stell sie Kleines. Sobald eure Reiter mit den Vorstellungen fertig sind haben wir ernste Themen zu besprechen."-
-"Arya hat vorhin einen Punkt aufgeworfen, der mich nicht mehr losläßt. Habt ihr und die anderen Meister wirklich gemerkt das Eragon einsam war?" -
- "Natürlich haben wir das. Deswegen haben wir ihn in den letzten Wochen auch genau im Auge behalten. Wäre sein Herzstern nicht eingetroffen, wäre er wohl innerhalb der nächsten Wochen zusammengebrochen unter der Bürde seines Lebens. "-
Fírnen konnte beobachten wie in schön-und-stark-Schuppen-Blau-Saphira Wut Aufstieg. Doch bevor sie etwas sagen konnte fuhr Geist-aus-Seele-und-Licht-Miemel bereits fort.
- "Was mich in diesem Zusammenhang aber interessiert: Warum haben wir es bemerkt und du, die du mit der Seele deines Reiters verbunden bist, nicht?" -
Verwundert legte Fírnen den Kopf schief. Die junge blaue Drachendame wird mit einem Mal sehr bedrückt. Unsicher kratzte sie mit ihren Krallen auf dem Höhlenboden herum.
- "Ich habe bemerkt dass er einsam war. Ich dachte aber er muss sich nur eingewöhnen."-
Saphira wurde jäh unterbrochen, als Miemel ihr mit ihren geisterhaften Zähnen in den Hals zwickte. Saphira jaulte kurz auf. Der Schreck war wesentlich größer als der Schmerz aber dennoch hatte er sie aus der Fassung gebracht.
-"Dummes Ding!" - fauchte die alte Drachendame. - "Du hast nicht gedacht! Hättest du gedacht, dann hättest du dich anders verhalten. Du hast gehofft Kind! Hoffen ist etwas anderes als denken. An Hoffnungen klammern wir uns noch fest, wenn die Realität sie schon längst in Asche verwandelt hat. Ich gebe zu, dein Reiter hat es dir leicht gemacht seine Nöte zu ignorieren. Er hat schließlich auch seinen Teil dazu beigetragen sie vor dir zu verbergen. Aber warum hast Du nicht nachgebohrt? Ich sage dir warum: weil du einen fundamentalen Unterschied zwischen uns Drachen und den Zweibeinern, egal ob mit Spitzen oder runden Ohren, noch nicht verstanden hast. Und damit verstehst du auch einen Teil unserer Verbindung zu ihnen nicht. Die Elfen haben durch den Frieden mit uns Magie und langes Leben erhalten ebenso die Menschen, Zwerge und nun auch Urgals. Was hat uns dieser Frieden aber gebracht? Sieh dir mal dein Reiter an Kind. Wie er da neben seiner Elfe steht. Könnte sich eines von euch Küken vorstellen so eng mit einem anderen Drachen verbunden zu sein wie diese beiden da? Ihr habt euch doch gepaart oder? Hast Du, Saphira, Fírnen so vermisst wie Eragon Arya?" -
- "Nein. Sicherlich hätte gerne etwas Hilfe mit den kleinen Drachen gehabt. Aber mich an einen Nistpartner zu binden wie die Zweibeiner an ihre Geliebten. Das ist doch nicht unsere Art!" -
- "Ich fühle mich zwar für unsere gemeinsame Brut verantwortlich aber ansonsten..." -
Miemel ließ sich nicht unterbrechen und sprach weiter.
-"Warum glaubt ihr haben wir Drachen nie Städte oder Monumente errichtet? Weil wir eben Drachen sind! Frei und niemandem verpflichtet. Wir kümmern uns nur um uns selbst und unsere Brut es sei den wir sind im Krieg!"-
"Wir sorgen uns aber auch um unsere Reiter!"warf Fírnen ein.
"Richtig!"- summte Miemel mit einem merkwürdigen Unterton in der Stimme. -"Aber Reiter haben wir erst seit dem Frieden mit den Spitzohren, oder? Lasst mich euch Küken eine Frage stellen? Der erste Eragon fand ein Drachenei als der Krieg tobte. Es wäre ein leichtes für ihn gewesen den Schlüpfling zu töten. Ein Drache hätte das wohl mit einem Elfenküken getan. Er aber nicht. Er zog den Drachen auf und es entstand ein Band zwischen den Beiden. Wenn ihr an das denkt, was euch mit euren Reitern Verbindet meine jungen Freunde und es mit dem vergleicht was Eragon und Arya jetzt verbindet. Kommt euch das nicht ganz ähnlich vor? Das ist es was wir Drachen durch den Pakt der Völker gewonnen haben. Wir verstehen nun was es bedeutet sich im tiefsten mit einem anderen Wesen verbunden zu fühlen. Zu verstehen auf eine Weise die wir so noch nicht gekannt haben. Wenn ihr Jungspunde es wollt können wir es Liebe nennen. Ich bin zwar zu alt für solches Gesäusel aber wenn ihr es dann besser begreift....."-
-"Dann ist meine Arya jetzt mit Eragon verbunden, so wie ich mit ihr?"-
-"Ihr Band ist nicht durch Magie erschaffen worden."- erklärte Miemel.-"Deshalb ist es etwas anders, es wandelt sich, wächst und nur die Zeit wird zeigen zu was es sich entwickelt. Was ich aber von den beiden spüre ist stark! Ungewöhnlich für so junge Zweibeiner."-
-"Dann war ich aber wirklich dumm."- flüsterte Saphira und starrte auf ihre Krallen. -"Ich hätte mich auch nicht daran "gewöhnen" können hätte ich Eragon zurücklassen müssen um...."-
Saphira beendete den Satz nicht, schüttelte sich aber so heftig, dass ihre Schuppen raschelten.
-"Na also!"- lachte Miemel und erhob sich lautlos.-"Die Küken sind ja doch lernfähig. Da bin ich aber erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, dass die einzige Möglichkeit euch beizubringen das Wasser nass ist darin bestehen würde euch mit dem Maul an den Schwänzen zu packen und Kopfüber in den See zu tauchen."-

1429 Wörter

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt