41. Gedanken und Gespräche

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Die drei Schüler des Reiterordens hatten sich an ihrem Lieblingsplatz eingefunden. In der Nähe ihrer Hütten hatten sich, die drei einen Platz geschaffen an dem sie gemeinsam die Erlebnisse des Tages diskutieren konnten. Einige Baumstämme waren im Kreis um einen flachen Stein platziert worden und dienten als Sitzgelegenheiten.
Den Stein selbst pflegten die jungen Schüler mit Magie zu erhitzen, wenn es Ihnen zu kalt war oder sie sich ihrer Mahlzeiten zubereiteten.
Eragon stellte den Dreien nur die Zutaten zur Verfügung.
Vermutlich wollte der Schattentöter seinen Schülern damit auch eine Lektion erteilen. Sie sollten sich nicht daran gewöhnen bedient zu werden. Trotz der hohen Stellung den die Reiter in der Gesellschaft hatten, war es Saphiras Reiter offenbar wichtig, dass seine Schützlinge auch ein gewisses Maß an Demut lernten.
Am heutigen Abend war Marek für die Verpflegung zuständig. Der junge Bergnomade verstand es wie kein anderer der Gruppe aus einfachsten Zutaten schmackhafte Eintöpfe zu bereiten. Neben dem Topf in dem sein heutiges Machwerk köchelte, stand auch eine Kanne mit Kräutertee, von dem sich jeder nehmen konnte.
Narie hatte sich bereits einen Becher voll eingegossen, starrte nun aber nachdenklich in die dampfende Flüssigkeit.
Tar war damit beschäftigt sein Krummschwert zu schärfen. Mehrfach hatte, vor allem die junge Elfe, ihm bereits erklärt, dass er damit höchstens den Schleifstein abgenutzte. Drachenreiterschwerter mussten weder eingefettet noch geschärft werden.
Für Tar war diese Tätigkeit jedoch ein Weg sich zu konzentrieren und da er damit der Klinge keinen Schaden zufügen konnte akzeptierten seine Mitschüler mittlerweile diese Angewohnheit an ihm.
Die Drachen der drei jungen Reiter waren ausgeflogen, um sich ihr Abendessen zu organisieren.
"Es ist vollbracht!" Verkündete Marek in einem Tonfall als hätte er soeben ein Elixier für Unsterblichkeit entwickelt, welches außerdem noch Haarausfall heilen konnte und in der Lage war aus Kieselsteinen Diamanten entstehen zu lassen.
Zunächst hielt der junge Bergnomade Tar eine dampfende Schüssel hin. Der junge Urgal jedoch bedeutete seine Mitschüler sie einfach vor ihm auf die steinerne Platte zu stellen, da er noch beschäftigt sei.
Missmutig kam Marek dieser Bitte, welcher offenbar als persönliche Beleidigung seiner Bemühungen auffasste, nach. Anschließend füllte er für sich und für Narie eine Schale, nahm neben der jungen Elfe Platz und bot ihr die Suppenschüssel mit einem einladenden Lächeln an.
Was immer auch für dunkle Gedanken durch den Kopf von Aryas Cousinen gegeistert waren, die Aussicht auf eine gute Mahlzeit schien sie, zumindest vorübergehend, zu vertreiben. Dankbar lächelte Narie Marek an was diesen dazu veranlasste seine Gesichtsfarbe zu wechseln. Diese Tatsache wiederum entging Tar nicht und veranlasste den junge Urgal zu einem leisen Lachen.
"Was?!"
"Nichts, nichts. Ich bin nur so hocherfreut, wie du und Feuerspeer eure Differenzen beigelegt habt Bärentöter. Wenn ich bedenke, dass Ihr euch bei unserer Ankunft fast geprügelt hättet um zu entscheiden, wer welche Hütte beziehen darf, finde ich das bemerkenswert."
An ihre früheren Streitereien erinnert zu werden war sowohl der Elfe als auch den jungen Bergnomaden sichtlich peinlich.
"Iss einfach deine Suppe Tar." Kommandierte Marek mit einem leicht drohenden Unterton in der Stimme.
Der so bedrohte Urgal legte tatsächlich sein Schwert zu Seite und ergriff seine Suppenschüssel.
"Interessant." Kommentierte der Gehörnte den Geschmack des Gebräus.
"Was willst Du damit sagen?" Wollte Marek wissen.
"Nun, dein Gebräu ist etwas salzig. Sagt versalzen des Essens nicht etwas über das Gefühlsleben des Kochs aus? Zumindest bei euch Menschen?"
"Salzig? Pah! Urgals! Ihr wisst einfach nicht was gut ist!
Gerade wollte Tar etwas auf Mareks spielerische Herausforderung erwidern als Narie einschritt.
"Hattet ihr heute nicht genug Unfrieden? Beim Kampftraining hattet ihr doch nun wirklich mehr als genug Gelegenheit euch die Köpfe einzuschlagen."
"Da hat sie nicht unrecht. "Gestand Marek ein. "Deine Cousine hat uns heute ganz schön gescheucht Narie. Wenigstens hat der Schattentöter uns gelobt. Das könnte Meisterin Arya auch von Zeit zu Zeit mal tun."
"Dich hat sie doch einmal gelobt." Brummte Tar zwischen zwei Bissen.
"Ja und es ist mir gut im Gedächtnis geblieben, und zwar als eine Begebenheit, die nicht so oft eintritt."
"Rabenmähne hat ihr Herz noch nie auf der Zunge getragen." Warf Narie ein. "Seid froh, dass sie in den Schattentöter verliebt ist. Sonst wäre unser Leben um einiges härter."
"Ich dachte sie sei für dich wie eine Schwester?" Wunderte sich Tar.
"Ist sie auch. Ich liebe sie wie eine solche, aber wenn es um den Kampf geht, um Pflichten oder Ähnliches bin ich einfach der Meinung, dass sie etwas mehr Spaß verstehen könnte."
"Nun, mir scheint unser Unterricht wird sowieso demnächst härter werden. Wenn man bedenkt, was Meister Eragon gesagt hat..."
"Es macht aber Sinn, das Feuerschwert soviel von uns verlangt. Er hat schließlich erklärt was auf dem Spiel steht und ich will mich beweisen. Man stelle sich vor, wen wir alles kennenlernen werden, wenn wir wirklich nach Ilirea reisen.
Ich habe gehört, dass Nar Grazhvog in jedem Jahr die Abordnung der Gehörnten angeführt. Unseren großen Kriegshäuptling zu treffen wäre eine echte Ehre.
Eine von der ich bis vor kurzem nicht mal zu träumen gewagt hätte. Der Nar unseres Dorfes hätte mich vermutlich eher im nächsten Fluss ersäuft, als zuzulassen, dass ich den Kriegshäuptling treffe.
Er wäre vermutlich der Meinung gewesen, dass ich das Dorf entehre durch meine schwache Erscheinung."
"Na das hat sicher inzwischen ziemlich geändert. Du hast Oberarme bekommen wie ich Oberschenkeln habe. Wenn deine Familie dich immer noch ablehnt, wie sie es bisher getan hat, müssen sie blind oder verrückt sein."
"Ich danke dir für deine Worte Bärentöter." Lächelte Tar. Der junge Urgal wurde aber ernst als er sah, dass ein Schatten über Naries Zügel gefallen war. "Haben wir dich beleidigt Feuerspeer? Wenn ja, es war nicht unsere Absicht."
Auch Marek fiel auf, dass Naries Stimmung deutlich abgesunken waren. Vorsichtig legte er einen Arm um die Schultern.
"Was ist los?"
"Es ist nichts." Versuchte die junge Elfe abzublocken.
"Natürlich." Kommentierte Marek und sein Tonfall machte klar, dass er dem Elfenmädchen kein Wort glaubte.
Narie seufzte und gab nach:
"Ich hatte gehofft, dass sich meine Mutter gemeldet hätte. Ich war schließlich einige Wochen mit Meister Eragon unterwegs. Dabei habe ich auch gemerkt, dass sie mir fehlt."
Marek strich Narie sanft über den Rücken und versuchte aufmunternd zu lächeln. Tar indessen stieß ein kehliges Knurren aus bevor er antwortete: "Verzeih mir, wenn ich etwas hart klinge Feuerspeer, aber deine Mutter ist eine Närrin.
Nach den Auffassungen meines Volkes kann ich meine Eltern verstehen. Stärke gilt bei uns viel und ich war nun einmal nicht stark.
Aber deine Mutter hat kein Grund dich abzulehnen.
Du hast einen klaren Kopf, ein Bogen ist in deinen Händen eine tödliche Waffe und nach den Maßstäben der Spitzohren bis zu ganz ansehnlich."
"Mehr als nur ganz ansehnlich." Flüsterte Marek und starte dann so eisern in seine Suppenschüssel, als erwarte er, auf dem Grund der hölzernen Schale den Sinn des Lebens erspähen zu können. So entging ihm leider, dass Narie ihm sein Kompliment offenbar nicht im mindesten übel nahm.
"Meister Eragon meint, ich sollte mich vielleicht an sie wenden. Sie bitten sich zu erklären."
"Vielleicht keine schlechte Idee." Murmelte Marek. "Bei uns Bergnomaden heißt es: Geht nie im Streit auseinander. Wer weiß, ob eure Pfade sich jemals wieder kreuzen."
"Bärentöter sag die Wahrheit Feuerspeer. Wenn du glaubst, dass es deiner Seele Frieden gibt, solltest du das tun."
"Das weiß ich eben nicht." Murmelte Narie nachdenklich. "Ich liebe meine Mutter nach wie vor aber ich weiß nicht, wie ich ihr jemals wieder vertrauen soll. Sie hat mich in der schwierigsten Zeit meines bisherigen Lebens alleingelassen.
Arya, die jeden Grund hätte mich abzulehnen, wegen dem was mein Vater ihr angetan hat, hat mich aufgenommen.
Ich begreife das einfach nicht.
Ich begreife sie nicht! Und bevor ich das nicht tue, wäre es, denke ich, nicht gut sie zu kontaktieren. Wäre das Vertrauen, zwischen uns eine Brücke, sollte niemand versuchen über sie zu gehen."
Eine Weile schwiegen die drei Schüler und aßen. Die Stimmung hatte sich merklich abgekühlt.
"Warum nennst du mich eigentlich Feuerspeer Tar?" Wollte Narie wissen. "Das Meister Eragon bei euch Urgals Feuerschwert heißt, kann ich verstehen. Seine Klinge geht in Flammen auf wann immer man ihren Namen ausspricht. Aber meine Lanze brennt nicht."
Der junge Gehörnte lachte.
"Sie muss auch nicht brennen. Sie ist rot und golden wie die Flammen und wenn du sie mit der Geschwindigkeit deines Volkes schwingst, sieht es so aus als ob Flammen um dich tanzen würden."
"Da hat Tar Recht!" Stimmte Marek überzeugt zu. "Es ist jedes Mal wieder ein unglaublicher Anblick. Wunderschön aber auch furchterregend. So..."
"So wie was?"wollte die junge Elfe wissen als Marek nicht weitersprach.
"So....so wie du eben." brachte der Bergnomade mühsam und mit hochrotem Kopf heraus.
Auch in Naries Wangen schoss Blut als sie sich lächelnd bedankte.
Tar beobachtete das Gehabe der beiden und lachte leise in sich hinein.
"Was?!" Fragte Marek etwas heftiger als nötig.
"Nichts. Ich denke nur, dass es von nun an nur noch versalzene Mahlzeiten geben wird, es sei denn ich bin an der Reihe zu kochen."






"Das sind wirklich wunderbare Neuigkeiten."
Arya und Eragon saßen gemeinsam vor dem Spiegel, mit dessen Hilfe sie Nasuada kontaktiert hatten. Gerade hatten sie Königin von Alagaësia darüber informiert, dass der Rat sich für ihren Besuch ausgesprochen hatte. Es freute die beiden Reiter, das daraufhin eine wirkliche Last von ihrer früheren Mitstreiterin abzufallen schien.
"Natürlich hängt unser Kommen immer noch davon ab, ob unsere Schüler den geforderten Ausbildungsstand erreichen. Doch wären wir nicht der Meinung, dass sie dazu in der Lage sind, hätten wir diesen Plan gar nicht erst gefasst." Erklärte Eragon.
"Es wäre also besser, bis kurz vor dem Jubeltag zu warten, um unser Kommen anzukündigen." Schlug Arya vor.
Nasuada lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Ein verschwörerisches Grinsen umspielte ihre Mundwinkel.
"Ich habe nicht vor euer Kommen überhaupt anzukündigen Schattentöter. Für meine Verbündeten und unsere Freunde wird es eine herrliche Überraschung sein und es wird verhindern, dass die Unruhestifter sich Honigworte zurechtlegen können um mich und euch zu bezaubern.
Nein, Überraschungen erzeugen immer noch die ehrlichsten Reaktionen. So weiß ich wenigstens anschließend was ich an den Leuten um mich herum habe. Schade nur, dass Murtagh nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen kann. Aber es bedeutet mir viel, dass er und Dorn jetzt nicht mehr ganz allein sind. Ich bin auch froh, dass ihr beide euch wieder so gut versteht."
"Darüber bin ich auch froh." Gestand Eragon. "Wäre die hohe Königin von Ilirea eigentlich beleidigt, wenn ich und meine Begleiter vorher einer einfachen kleinen Grafenfamilie einen Besuch abstatten würden?"
Nasuada lachte verstehend.
"Nicht im geringsten Eragon. Richte Roran nur bitte meine Grüße aus, wenn es so weit ist. Ich wünschte, ich hätte mehr Adlige wie ihn um mich. Es würde vieles leichter machen."
Es wurden noch einige Kleinigkeiten erörtert, dann verabschiedete sich die Königin von Alagaësia.
"Es freut mich für Nasuada, dass wir ihr helfen können und dass sie Murtagh an ihrer Seite hat." Stellt Arya fest. "Sie ist noch sehr jung und trägt trotzdem viel Verantwortung. Und sie tut dies mit Würde."
Eragon konnte dies nur bestätigen. Seite an Seite gingen die beiden Reiter in Richtung ihres gemeinsamen Schlafzimmers.
"Weißt du was mir gerade in den Sinn kommt mein Stern?" Warf Eragon plötzlich ein.
Arya richtete den Blick auf ihren Gefährten.
"Nach den Gesetzen von Nasuadas Stamm hat sie Murtagh doch praktisch geheiratet, oder?"
"Ich kenne die Gesetze der Wüstennomaden nicht so genau." Gestand Arya. "Aber meines Wissens nach, ja."
"Dann ist die hohe Königin von Alagaësia meine Schwägerin." Lachte Eragon. "Mein Bruder ist ihr Mann, mein Cousin und seine Frau sind Graf und Gräfin und die Frau die ich liebe, ist eine Prinzessin und ehemalige Königin der Elfen."
Lachend erreichten die beiden Gefährten die Eingangstür zu ihrem Schlafgemach. Im Türrahmen drehte sich Arya um und blickte Eragon an.
"Und du Eragon? Was bist du?"
"Ein einfacher Bauernjunge aus Carvahall, der immer noch nicht begreifen kann, wie es ihm gelingen konnte Einlass in dein Herz zu finden."
Ein warmes, zärtliches Lächeln verwandelte Aryas Gesicht ein Kunstwerk.
"Willst du mir nicht sagen, wie mir das gelingen konnte?" Fragte Eragon.
Immer noch lächelnd schüttelt Arya den Kopf, legte eine Hand in Eragons Nacken und zog ihn zu sich ins Schlafzimmer.
"Nein, das will ich nicht mein Liebster. Doch du kannst ja versuchen es herauszufinden."
Ein zärtlicher Kuss beendete das Gespräch der Beiden.


1942 Wörter

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt