39. Pläne für die Zukunft

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Als die Gruppe der wilden Drachen schließlich hinter dem Horizont verschwunden war, wandte sich Eragon seinen Schülern zu.
"So, meine jungen Freunde: Wie ihr bereits im Ansatz mitgehört habt, steht eine Entscheidung bevor. Bevor ich sie mit dem Rat erörtert habe, möchte ich noch nichts Genaueres sagen. Wenn Arya allerdings einverstanden ist, werde ich mich sofort an den Rat wenden und die Angelegenheit mit ihm erörtern. Wenn wir heute schon zu einer Entscheidung gelangen, werdet ihr natürlich erfahren worum es geht. Soviel schon im Vorfeld: Wenn der Vorschlag, den ich vorstellen möchte, angenommen wird, steht euch eine Herausforderung bevor."
Etwas unsicher warfen sich die drei jungen Reiter und ihre Drachen gegenseitig Blicke zu.
Eragon besprach unterdessen das weitere Vorgehen mit Arya.
"Bist du einverstanden, heute den Unterricht zu übernehmen?"
Die Elfe nickte.
"Natürlich."
"Dann muss ich dich jetzt offiziell fragen Arya, wie deine Meinung zu dem Plan ist? Du bist Mitglied des Rates und deine Stimme soll nicht übergangen werden."
"Wie ich schon gesagt habe Eragon, ich unterstütze deinen Plan. Fírnen ist ebenfalls meiner Meinung."
Eragon lächelte seine Gefährtin dankbar an und strich ihr kurz mit der Hand über die Schulter.
"Dann mach ich mich jetzt auf den Weg. Wir sehen uns später."
Arya nickte und während der junge Anführer der Drachenreiter sich auf Saphiras Rücken zog, begann sie bereits mit dem Unterricht. Eragon konnte hören wie sie ein ausgedehntes Kampftraining ansetzte. Jeweils zwei Schüler sollten den Dritten angreifen damit dieser lernte, sich gegen mehrere Feinde mit unterschiedlichen Fähigkeiten zu verteidigen.
Als Saphira sich vom Boden abstieß, war die Schlüpflingswiese bereits erfüllt vom Klang aufeinanderprallender Klingen. Eragon schloss für einen Moment die Augen und versuchte sich zu entspannen. Der kühle Wind, der über sein Gesicht strich, half ihm seine Gedanken zu ordnen.
Die Vorstellung in absehbarer Zeit wieder in seine alte Heimat zurückkehren zu können und diesmal sogar Carvahall und damit Roran und Katrina besuchen zu können, ließ sein Herz vor Aufregung schneller schlagen. Trotzdem rief er sich zur Ruhe. Die Entscheidung durfte nicht leichtfertig getroffen werden. Besonders wenn man wirklich plante Marek, Narie und Tar offen der Welt vorzustellen.
- "Du bist ein wirklicher Anführer geworden Kleiner." - Summte Saphira. Ihrem Reiter entging nicht, dass ein gewisser Stolz in ihrer Stimme mitschwang. - "Aber gönnen dir auch etwas Vorfreude. Solange Du Dir der Gefahren bewusst bist, darfst du das ruhig.
Vergiss außerdem nicht, dass die Welt sich verändert hat. Unsere jungen Schützlinge müssen nicht befürchten von einem wahnsinnigen König durch die Lande gehetzt zu werden."-
- "Wie immer hast du recht Saphira. Und ich gebe es offen zu: Ich freue mich auf die Chance meine Freunde aus Carvahall und meine Familie wiederzusehen. Als wir damals Abschied nahmen war die Vorstellung, sie nie wiederzusehen einfach furchtbar. Sicher, wir hatten die magischen Spiegel aber das ist einfach nicht dasselbe." -
Mit einer stummen Welle der Sympathie stimmte Saphira ihrem Reiter zu.
Wie üblich begrüßte Voratan die Neuankömmlinge mit einem donnernden Brüllen und ließ eine Flammenzunge in den Himmel aufsteigen. Saphira erwiderte die beeindruckende Geste und setzte anschließend vor der Ratshöhle zur Landung an. Eragon ließ sich aus dem Sattel gleiten und Drache und Reiter betraten gemeinsam das Herz des neuen Reiterordens.
"Eragon, Saphira!" Glaedrs mächtige Stimme begrüßte die Neuankömmlinge. Augenblicklich erschienen die Lichtgestalten der Ratsmitglieder. "Ich hoffe ihr wollt euch nicht mit mir darüber streiten, ob es unhöflich war, mich nicht deinem Bruder zu zeigen. Du weißt, was ich durch ihn verloren habe."
"Nein Meister, darum sind wir sicherlich nicht hier." Wehrte Eragon ab. "Auch wenn es euch unmöglich erscheint, Saphira und ich verstehen, was ihr verloren habt."
"Wenn es jemand verstehen kann alter Freund, dann ein anderer Drache und sein Reiter." Bekräftigte Umaroth.
"Natürlich." Brummte Glaedr versöhnlich. "Aber was führt euch dann hierher meine jungen Freunde? Eine Ratssitzung ist nicht anberaumt und ihr solltet eigentlich zurzeit die jungen Reiter unterrichten."
"Der Unterricht findet statt Meister. In diesem Moment werden unsere Schüler von Arya über die Schlüpflingswiese gescheucht. Übungen am Schwert. Ich erwarte bei ihnen eine beachtliche Anzahl von blauen Flecken vorzufinden, wenn unsere Unterredung beendet ist."
Allgemeine Erheiterung machte sich in der Runde breit und löste die letzten Spannungen, die noch in der Luft lagen.
"Nun denn Eragon, dann berichte uns bitte, warum du das Gespräch mit uns suchst."
"Es geht um eine Information, die ich von Murtagh in Bezug auf die Lage in Alagaësia erhalten habe. Trotz Aryas Rücktritt als Königin liegt noch immer eine große Spannung in der Luft. Es herrscht tiefes Misstrauen zwischen den Völkern."
"Das war zu erwarten." Brummte Kitan, die Seele eines grünen Drachens, der einmal Aryas Begleiter sehr ähnlich gewesen sein musste. "100 Jahre hat Galbatorix Würgegriff verhindert, dass die Völker sich untereinander austauschen."
"Und die Entscheidung deiner Gefährtin, so frei vom Wunsch nach persönlicher Macht sie auch gewesen sein mag, hat die Lage sicher nicht gebessert." Vermutete Umaroth.
"In der Tat."
Die Erkenntnis schmerzte Eragon, aber Vraels ehemaliger Drache hatte recht. Soviel ihm Arya auch bedeutete, ihre Entscheidung Königin zu werden war letztlich dem Versuch gleich gekommen Feuer mithilfe von Öl zu löschen.
"Die Probleme reichen von harmlosen Scharlatanen, die allerhand Talismänner verkaufen die angeblich vor den "bösen Elfen" schützen sollen, bis hin zu weit ernsteren Dingen.
Orrin, der König von Surda, scheint sich immer noch nicht damit abgefunden zu haben von Nasuada auf den zweiten Platz verwiesen worden zu sein.
Er und einige andere, die sich Vorteile von allgemeinem Misstrauen und Paranoia versprechen, schüren die Gerüchte noch.
Das schadet Nasuadas Position als Königin und wird auf lange Sicht das Verhältnis zwischen den Völkern Alagaësia's schwer belasten.
Arya und ich hatten gehofft, dass unser Erscheinen bei der von König Orrin provozierten Krise, um die jungen Reiter ausreichen würde, um die Lage zu entschärfen.
Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht naiv genug zu glauben, dass alte Vorurteile sich einfach im Rauch auflösen. Doch ich hatte zumindest gehofft einen Großteil des Nährbodens dieser Gerüchte vernichtet zu haben.
Leider ist dem nicht so.
Ich habe die Lage mit meiner Gefährtin besprochen und wir haben einen Plan entwickelt, der denjenigen, die die Angst schüren, den Wind aus den Segeln nehmen dürfte. Ich möchte euch diesen Plan vortragen, welche auch von Arya und ihrem Drachen unterstützt wird und möchte um eine Abstimmung des Rates bitten ob wir diese Strategie verfolgen wollen."
"Dann stell uns deine Strategie vor Schattentöter." Forderte Umaroth.
Wie von dem alten Drachen gefordert stellten Eragon und Saphira ihre Ideen vor, erwähnten, das Nasuada diesen Plan unterstützte und legten klar da, welche Grundvoraussetzungen sie von ihren Schülern fordern wollten.
Die Drachen des Rates hörten interessiert zu.
Als Eragon geendet hatte, bereitete sich zunächst Schweigen aus. Jedes Ratsmitglied überdachte das gehörte und bildete sich eine Meinung. Aus Erfahrung wusste Eragon, dass er nun die Geduld eines Elfen brauchen würde. Gleich dem schönen Volk wogen auch Drachen hohen Alters die Fakten sorgfältig ab bevor sie eine Entscheidung trafen.
Da Saphiras Muskeln im Vergleich zu den Lichtgestalten der Seelenhorte durchaus ermüdeten legte sich die blaue Drachendame nach einer Weile bequem auf den Höhlenboden und Eragon lehnte sich an ihre Seite. Sein Blick wanderte zum Ausgang der Höhle. Wie einst bei seinem ersten Treffen mit Oromis verfolgte der junge Anführer der Reiter wie die Zeit verging, indem er die Wanderung der Sonne beobachtete und wie sich die Umwelt veränderten.
Nach einigen Stunden des Überlegens ließ sich schließlich Umaroth wieder vernehmen.
"Nun, haben alle das anstehende Problem überdacht und sind bereit ihre Meinung zu äußern?"
Während Eragon und Saphira wieder ihre Plätze am Ratstisch einnahmen, bekundeten die Seelen der Ratsdrachen ihre Zustimmung.
"Mir gefällt Eragons Vorschlag." Betonte Miemel. "Diese junge Königin von Alagaësia hat mein Respekt. Sie ist eine starke Persönlichkeit und wir sollten sie unterstützen.
Angriff ist immer die beste Verteidigung.
Sich offen allen Repräsentanten der Völker zu zeigen an einem Tag, an dem in Ilirea Menschen aus allen Teilen des Reiches versammelt sein werden ist eine gute Möglichkeit diesen Hetzern einen Dämpfer zu verpassen."
Die meisten Drachen stimmten dieser Einschätzung der alten Drachendame zu.
"Ich hätte noch eine Frage an dich Eragon." Ließ sich der grüne Kitan wieder vernehmen. "Du hast uns geschildert, welchen Ausbildungsstand du fordern willst. Warum ziehst du dort die Grenze junger Reiter? Wieso willst Du Deine Schüler nicht auch bereits mit den Todesworten oder der Fähigkeit ausstatten aus dem Leben, um sie herum Kraft zu ziehen?"
"Aus zwei Gründen Meister: Erstens sind die Fähigkeiten, die ihr ansprecht, vor allem wichtig, wenn man in eine Schlacht zieht. Die Todesworte ermöglichen den Angriff auf große Truppenkontingente. Und die Fähigkeit Lebensenergie zu entziehen ist auch am sinnvollsten in einer Schlacht angewendet. Hat man die magische Verteidigung beispielsweise eines Bataillons überwunden kann man die Lebensenergie nutzen, um sich selbst zu stärken während der Gegner geschwächt wird.
Es ist aber nicht zu erwarten, dass sich unsere Schüler mit Armeen auseinandersetzen müssen. Die größte Bedrohung für ihre Sicherheit dürfte von einzelnen Attentätern ausgehen.
Versprengte Mitglieder der Jünger des Helgrinds, alte Vasallen von Galbatorix die ihm noch immer treu ergeben sind oder Magier, die darauf aus sind sich aus Drachenhaut einen Ruf zu schneiden.
Um mit solchen Feinden fertig zu werden sind weder die Todesworte noch die Fähigkeit Lebensenergie aus der Umgebung zu beziehen unbedingt vonnöten. Mit einem ausreichenden Kraftvorrat, gespeichert den Edelsteinen, der Fähigkeit die Umgebung mit der geistigen Wahrnehmung zu erfassen und einer grundlegenden Kenntnis der Magie dürften unsere Schüler in der Lage sein sich effektiv zu schützen.
Zweitens, sind diese Anwendungen der Magie die mächtigsten ihrer Formen, aber auch die Zerstörerischsten. Es bedarf einer gewissen charakterlichen Reife um damit umgehen zu können.
Im zweiten Jahr ihrer Ausbildung soll auch eure Erfahrung mit einbezogen werden ehrenwerte Meister. Unsere Schüler sollen vor euch treten und ihr sollt ihnen Situationen aus eurem Leben schildern, die sie dann lösen sollen. Auf diese Weise sollen sie lernen, dass ihre Handlungen immer Konsequenzen haben und wohldurchdacht sein müssen. Erst dann sollen sie in dieser höchsten Formen der Magie eingeführt werden.
Ich halte es für wichtig, diesen Vorsatz aufrechtzuerhalten.
Ich bin positiv überrascht von diesen ersten Schülern. Ich zweifle nicht daran, dass ihre Ausbildung meistern werden und ich gebe offen zu, dass sie mir inzwischen ans Herz gewachsen sind aber gerade deshalb will ich von jungen Schultern nicht mehr verlangen als sie tragen können."
Nicht nur Kitan, sondern alle Mitglieder des Rates schienen durch Eragons Worte befriedigt.
"Ich denke, mein Reiter Oromis wäre heute sehr stolz auf dich Eragon." Ließ sich Glaedr schließlich vernehmen. "Ich stimme deinen Vorschlägen in allen Punkten zu, möchte sie aber um zwei eigene erweitern. Zum einen:
Wir wissen, durch Berichte wieder erhalten haben, dass im Rahmen des Jubeltages in Ilirea auch die Dracheneier, die Du und Arya bei eurem letzten Besuch in Alagaësia übergeben habt, zum ersten Mal auf die Reise geschickt werden sollen und unter den Völkern nach Reitern zu suchen. Ich sage, wenn wir wirklich ein Zeichen dafür setzen wollen, dass der neue Orden der Reiter alle Völker gleich behandelt, dann sollten wir die Zahl der Eier wieder auf vier erhöhen.
Sicher, im Grunde waren es vier Eier und das Rote hat sich die junge Elfe Narie als Reiterin gewählt. Bleiben es aber drei Eier, ist das bereits wieder neuer Nährboden für Gerüchte.
Wir sollten keine Angriffsfläche bieten.
Des Weiteren sollte auch eine Abordnung der wilden Drachen die Gruppe begleiten. Die Völker dürfen uns nicht nur als exotische Transportmittel begreifen."
Glaedrs Worte ernteten breite Zustimmung. Umaroth richtete das Wort an Eragon: "Wie ist deine Meinung junger Anführer des Ordens?"
"Ich stimme Meister Glaedr zu und wäre dankbar, wenn ihr uns in der Tat ein weiteres Ei anvertraut."
- "Was die Abordnung der wilden Drachen betrifft, würde ich meine Kinder vorschlagen." - Warf Saphira in die Runde. - "Sie haben bereits selbst festgestellt, dass sie durch den Kontakt zu mir, ihrem Vater und unseren Reitern ein erweitertes Verständnis für die Zweibeiner entwickelt haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass lange kein Wilder mehr unter den Völkern gewandelt ist. Wir sollten nicht zu viel erwarten und die Vertreter der einzelnen Rassen mit einem zu fremdartigen Geist konfrontieren." -
"Das ist ein guter Vorschlag von Schimmerschuppe!" Unterstützte Miemel Saphiras Vorschlag. "Ihre Jungen mögen die Zweibeiner besser verstehen als die andern Wilden aber sie haben dennoch das Herz am rechten Fleck. Sie sind wahre Drachen."
Die geisterhafte Erscheinung der alten Drachendame zwinkerte der jungen Mutter aufmunternd zu. Diese freute sich sichtlich über das Lob, welches ihrem Nachwuchs zuteil geworden war.
"Gut! Braucht noch jemand Bedenkzeit um Glaedrs und Saphiras Vorschlag zu überdenken?" Wollte Umaroth wissen. Alle Ratsmitglieder verneinten dies. "Dann wird es Zeit für die Abstimmung. Wer ist dafür Eragons Plan zu verfolgen?"
Alle anwesenden Ratsmitglieder unterstützten den Vorschlag.
Umaroth brummte befriedigt.
"Dann ist es beschlossen! In absehbarer Zeit wird der Orden der Drachenreiter sich wieder offen in Alagaësia zeigen."

2108 Wörter

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt