28. Ort des Gedenkens

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Nachdenklich blickt Eragon aus einem der Fenster, vom Haus des Stadthalters aus, über den ehemaligen Marktplatz. Nun war dieser Ort ein Friedhof.
Die letzten drei Tage hatten er und Narie damit verbracht die toten Bewohner der Stadt zu begraben. Auch die Überreste der Drachen, die sie gefunden hatten, waren zur letzten Ruhe gebettet worden.
Saphira und Kira hatten geholfen in dem harten Boden Gräber auszuheben. Kreisförmig säumten nun die 200 Grabhügel den Marktplatz.
Die größeren Gräber lagen weiter in der Mitte und gehört in den wilden Drachen. Im Zentrum hatte Eragon ein steinernes Mausoleum erschaffen, ähnlich der Gruft in der Brom seine letzte Ruhe gefunden hatte.
In ihr war Aaron der Drachenreiter beigesetzt worden. In die Deckplatte der steinernen Grabstätte war der Name des Reiters, der seiner Drachendame und die Reste seines weißen Schwertes Wyrda eingelassen.
Da Eragon nichts über den Glauben der Stadtbewohner wusste, hatte er auf religiöse Symbole verzichtet. Hinter jedem Grabhügel stand eine Säule aus einfachem Stein. Ein mit Magie geschaffenes Wehrlicht leuchtete an der Spitze der steinernen Säulen. Gleich den magischen Laterne der Zwerge würden die kleinen roten Funken bis in alle Ewigkeit über den Gräbern der unglücklichen Toten strahlen.
Leider war es nicht möglich gewesen Namen in die Steinsäulen einzulassen. Anhand ihrer Knochen hatte man bestenfalls erkennen können welche Leichen männlich oder weiblich gewesen waren und das ungefähre Alter der Toten schätzen können. Wer in welchem Haus gewohnt hatte oder welchen Namen der Jeweilige trug ließ sich unmöglich feststellen.
"Wirst du versuchen Galbatorix Schwert aus dem Stein zu lösen?"
Aryas Stimme riss Eragon vom Anblick der Gedenkstätte los und sein Blick kehrte zu dem kleinen Spiegel zurück, aus dem ihn das Gesicht seiner Gefährtin anblickte.
"Ich denke nicht. Diese Waffe sollte keiner der neuen Reiter jemals führen. Ich glaube nicht, dass sie verflucht ist oder dergleichen aber ich denke, dass es nicht von Vorteil wäre, wenn ein zukünftiger Reiter mit dem Schwert durch die Lande ziehen würde, mit dem Galbatorix seinen Eroberungszug begonnen hat."
Arya nickte und beide schwiegen einen Moment.
"Es ist schwer zu begreifen." Ergriff Arya schließlich das Wort. "Ich habe über 70 Jahre meines Lebens gegen Galbatorix und seine Grausamkeit gekämpft. Er ist noch nicht einmal zwei Jahre tot und trotzdem scheine seine Verbrechen unendlich weit entfernt zu sein."
"Das wundert mich nicht." Murmelte Eragon in Gedanken versunken. "Wir alle denken lieber an Zeiten, in denen Glück und Zufriedenheit unser Wegbegleiter war. Düstere Zeiten, Gefahr und Missstände schieben wir gerne weiter von uns. Aber wir dürfen nicht so handeln. Deshalb werde ich auch einen Vorschlag für eine Ergänzung in der Ausbildung der neuen Reiter vor den Rat bringen, sobald ich zurück bin."
"Was für eine Ergänzung meinst du?" Wollte Arya wissen.
"Ich denke, dass jeder junge Schüler zum richtigen Zeitpunkt in seinem Werdegang diesen Ort besuchen sollte und die Zeilen in Aarons Tagebuch lesen sollte.
Es ist wichtig, dass unsere Schüler begreifen wie viel Schaden Galbatorix angerichtet hat. Der Umstand, dass es nun wieder Drachen gibt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er fast ein ganzes Volk ausgerottet hätte. Sobald wir einen geeigneten Platz für eine neue Brutstätte der Wilden gefunden haben, könnte auch dieser Ort ein Reiseziel sein."
"Eine sehr gute Idee." Stimmte Arya überzeugt zu." Auf diese Weise sehen unsere Schüler die Schrecken der Vergangenheit, und begreifen, wenn sie dann die Brutstätte der Wilden sehen, wie groß ihre Verantwortung ist diese neue Hoffnung für die Drachen und alle Völker Alagaesias zu schützen."
Eragon nickte: "So stelle ich es mir vor."
"Auch wenn ich nicht glaube, dass Du Hilfe brauchst diesen Vorschlag vor dem Rat durchzusetzen, werde ich ihn auf jeden Fall unterstützen." Versprach das Abbild der Elfe aus dem Spiel heraus. "Habt ihr denn Fortschritte gemacht bei dem Versuch einen Brutplatz zu finden?"
"Wie man es nimmt. Wir haben keinen geeigneten Ort entdeckt, aber bevor ich mich mit dir in Verbindung gesetzt habe, habe ich mit Murtagh gesprochen. Wir wollen weder Dorn noch Kira länger auf die Folter spannen. Wir haben einen Treffpunkt vereinbart und in zwei Tagen ist es so weit. Ich habe den Grund unserer Reise Murtagh erklärt und er meinte, dass er auf seinen Erkundungsflügen im Norden einige Plätze gesehen hätte, die vielleicht geeignet sind. Er wird sie uns zeigen. Ich hoffe also, dass wir uns bald auf den Rückweg machen können. "
"Mit dieser Hoffnung bist Du nicht allein Eragon." gestand Arya.
Wieder folgte ein Moment des Schweigens. Eragon berührte den Spiegel mit den Fingerspitzen und Arya tat dasselbe. Einen Augenblick gönnte sich der junge Anführer der Reiter die Illusion, dass nur diese dünne Glasscheibe ihn von seiner Liebsten trennte und er die Wärme, die von ihr ausging, regelrecht spüren konnte.
"Wie geht es eigentlich mit der Ausbildung von Marek und Tar voran?" Fragte er schließlich.
Im Spiegel schüttelte Arya resigniert den Kopf.
"Ich habe versucht Marek in die Grundlagen der Magie einzuführen, unmittelbar, nachdem ihr abgereist seid. Bisher hat er seine Kräfte allerdings nicht freisetzen können. Ich habe es mit einigen der alten Techniken der Drachenreiter versucht. Ihn Steine nur mit den Füßen transportieren lassen, Wasser umschöpfen mit einem flachen Teller... Nun, wütend ist er geworden darüber, aber seine Magie hat sich bisher nicht gezeigt. Ich habe es jetzt mit der Übung versucht die Brom dir aufgegeben hat. Er soll versuchen ein Kieselstein schweben zu lassen. Wenn ihm nicht bald ein Durchbruch gelingt werden wir seine Ausbildung in der Magie zunächst aussetzen müssen. Tar kann seine Kräfte bereits freisetzen und brennt darauf mehr zu lernen. Ich kann ihn nicht länger hinhalten nur wegen Marek."
Eragon nickte nachdenklich.
"Es wäre schade, wenn der Mareks Einweisung in die Magie auf spätere Zeiten vertagen müssen, aber wenn es nicht anders geht, hast du meine Unterstützung in dieser Sache."

Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt