Fassungslos betrachtete Eragon von Saphiras Rücken aus den Helgrind. Immer mehr Risse erschienen in der Struktur des Berges und nur dessen höchste Spitze stach immer noch wie eine Nadel aus der weißen Energie die der Berg nun verströmte. Eragon sah sich, außer Stande zu beschreiben, was er da sah. Die Energie, blendete ihn wie strahlend weißes Licht, aber breitete sich nicht einfach in der Form von Strahlen aus, sondern löste sich von den schwarzen Wänden des Berges wie Schwaden von Nebel. Gleichzeitig schien es sich aber auch nicht um ein Gas zu handeln.
Noch während der junge Anführer der Drachenreiter versuchte das einzuordnen, was er sah, spürte er einen leichten Druck gegen seinen Geist. Vorsichtig senkte er seine geistigen Schilde und erkannte Tengas Bewusstsein.
-"Versuche nicht zu erklären was nicht zu erklären ist junger Pilger. Was Du siehst, gibt es in dieser Welt nicht. Eine höhere Form des Seins strömt in unsere Welt. Deine Sinne versuchen das, was Sie sehen so gut es geht, zu interpretieren aber sie sind einfach nicht dafür ausgelegt, zu erfassen, was Du da siehst. Die Situation ist gefährlich. Oh ja, das ist sie." -
- "Was genau meinst Du damit Tenga?" - Erkundigte sich Eragon.
- "Das habe ich doch schon gesagt." -
Eragon verdrehte die Augen. In diesem Moment fehlte ihm jeglicher Sinn für die rätselhafte Ausdrucksweise des Einsiedlers.
- "Dann erkläre es bitte noch etwas ausführlicher. Arya und ich müssen wissen, was wir jetzt zu tun haben." -
- "Sag das doch gleich. Wie ich bereits erklärt habe dringend eine höhere Form des Seins in unserer Welt ein. Es würde zu lange dauern es in allen Einzelheiten zu erklären. Nimm einfach folgendes an: Unsere Welt ist Eis. Die Energie, die nun in sie eindringt, ist Feuer. Äußerst heißes Feuer. Oh ja, sehr heiß. Wenn der Zugang nicht schnell wieder geschlossen wird, wird die Hitze unserer Welt zum Schmelzen bringen. Blicke zum Fuß des Berges, es beginnt schon." -
Eragon tat wie ihm geheißen und erkannte das Tenga meinte. Dort wo die Energie mit dem Boden in Kontakt kam, löste sich die Erde einfach auf. Zuerst hatte Eragon geglaubt, dass die weiße Energie so blendend wäre, dass er deshalb nichts mehr erkennen könnte. Doch als er sich die Umstände näher besah erkannte er, dass Felsen, Gras, Erde alles, was die Energie berührte einfach ins Nichts verschwand.
- "Ihr müsst Shruikan zur Strecke bringen. Solange er versucht seinen Reiter zu erreichen kann diese Tür nicht geschlossen werden. Sein Befehl, dass seine Reiter an seine Seite kommen soll, ist wie ein Keil, der die Pforte offen hält." - Erläuterte Tenga weiter. - "Wenn das getan ist, trifft mich und Angela bei der Grabstätte Deines Vaters. Ich erkläre Euch dann die weiteren Schritte. Beeile Dich junger Pilger, je größer die Öffnung wird, desto schwerer wird es sie zu schließen." -
Tenga zog sich aus Eragons Bewusstsein zurück und der junge Anführer der Reiter wechselte einige Blicke mit Arya. Die Elfe hatte offenbar die Unterhaltung zwischen ihrem Gefährten und Angelas ehemaligem Lehrer mitverfolgt und signalisierte ihre Bereitschaft.
"Dann los!" Rief Eragon Saphira zu und mit einem donnernden Brüllen strebte die blaue Drachendame dem Gipfel des Helgrinds zu. Immer höher stiegen die beiden Drachen, bis sie von oben auf die höchste Spitze des schwarzen Berges blicken konnten. Sie ragte aus der ausströmenden Energie wie eine Insel aus einem tosenden Ozean. Eine menschenähnliche Gestalt stand auf einem kleinen Plateau und blickte suchend in die weiße Energie unter sich. Noch bevor Eragon oder Arya entscheiden konnten was sie tun wollten richteten sich die glühenden Augen des Wesens auf die ankommenden Reiter. Eine Welle eisblauer Energie löste sich von der Kreatur und brandete gegen Saphira, Fírnen und ihre Reiter. Trotz aller Schutzwälle hatte Eragon das Gefühl, jede Zelle seines Körpers würde in Flammen stehen. Seine Sinne waren wie betäubt, trotzdem spürte er das eine gewaltige Kraft ihn von Saphiras Rücken zerrte. Er fiel jedoch nicht in die Tiefe, sondern wurde, soweit er es sagen konnte in Richtung des Plateaus gezogen. Hart schlug er auf dem kaltem, glattem Boden auf. Kurz schwand ihm das Bewusstsein.
Als seine Sinne die Umgebung wieder erfassen konnten bemerkte Eragon, dass er tatsächlich zur Spitze des schwarzen Berges gezogen worden war. Er lag flach auf dem Boden und seine Knochen schmerzten. Allein die Sorge um Saphira und Arya gab ihm die Kraft sich auf die Beine zu kämpfen. Der Anblick, der sich ihm bot, war wenig hoffnungsvoll. Saphira und Fírnen wurden von Shruikans eisblauer Energie festgehalten. Die magische Kraft des schwarzen Drachens umfing die Beiden wie ein Spinnennetz und hinderte sie daran ihren Reitern zu Hilfe zu kommen.
Die Situation, in der sich Arya befand, war allerdings noch bedrohlicher als die der beiden Drachen. Shruikan hatte die Elfe vor sich auf die Knie gezwungen und hatte eine Hand in ihren schwarzen Haaren verkrallt. Er zog ihren Kopf nach hinten und hielt Ihr Genick überstreckt. Die klauenartigen Finger seiner anderen Hand schwebten über der Kehle der Elfe.
"Schön, dass Du auch endlich wach bist. Sonst hättest Du noch den ganzen Spaß verschlafen."
Auf der Freien Fläche vor dem Sklavenmarkt lieferten sich Murtagh und Matthias Tabor ein erbittertes Duell. Murtagh glaubte von sich sagen zu können, ein ausgezeichneter Schwertkämpfer zu sein. Tabor jedoch war ihm was die Technik betraf ebenbürtig. Geschickt setzte der Blutpriester die Klingen seiner Prothesen eine, parierte und startete eigene Angriffe.
Murtagh hatte zwar den Vorteil, dass Zar roc eine höhere Reichweite besaß als die sichelartigen Klingen Tabors, doch die Energie, die dem Priester zur Verfügung stand, schien unerschöpflich. Shruikan musste den Schwertgürtel von Beloth dem Weisen bis zum Bersten mit Kraft gefüllt haben. Dieser Umstand gab Matthias Tabor einen klaren Vorteil an Kraft und Geschwindigkeit. Zum ersten Mal bedauerte es Murtagh, dass er nicht mehr mit der Kraft und Schnelligkeit eines Elfen kämpfen konnte. Nachdem er die Eldunari bei seinem Bruder zurückgelassen hatte war der Zauber, der ihn schneller und stärker machte zu kraftraubend gewesen. Mithilfe des Wortes der Wörter hatte Murtagh die magischen Veränderungen seines Körpers rückgängig gemacht.
Zwar wusste er aus einigen Texten, dass es Techniken gab mit denen ein Mensch einem schnelleren, stärkeren Feind ebenbürtig sein konnte doch Galbatorix hatte sich nie die Mühe gemacht ihm etwas Derartiges beizubringen. Er hatte lieber den Körper seines Dieners magisch verändert. Auf den brennenden Steppen hatte Murtagh nur deshalb mit Eragons erhöhter Körperkraft mithalten können, weil er die Kampfart seines Bruders kannte und dieser zusätzlich noch von der Schlacht erschöpft war.
Murtagh schwor sich, das sollte er diesen Kampf überleben, er dringend etwas an seinem Ausbildungsstand arbeiten musste. Galbatorix Unterricht hatte ihm einiges Wissen vermittelt aber zur Meisterschaft als Reiter fehlten einige wichtige Bausteine.
In diesem Moment griff Matthias Tabor erneut an. Er verkeilte seine sichelartigen Klingen mit Zar roc und riss Murtagh das Schwert durch eine Drehbewegung aus den Händen. Dann rammte er Murtagh seinen Stiefel in die Magengrube. Die Wucht Tritts presste den Drachenreiter nicht nur die Luft aus den Lungen, sondern warf ihnen 3 m nach hinten. Unmittelbar vor der Mauer, die die Sklavenquartiere umschloss blieb der Dunkelhaarige liegen und versuchte keuchend wieder auf die Beine zu kommen. Er spürte wie Dorn durch seine geschwächten geistigen Schilde schlüpfte und ihm einen Plan übermittelte. Murtagh stimmte zu. Nun hieß es Zeit gewinnen.
"War das schon alles?" Lachte Tabor und kam auf Murtagh zu. "Da fragt man sich doch, wie ihre Reiter jemals so mächtig sein konntet. Lag das an Eurer Anzahl?"
Murtagh musste fast lachen. Er glaubte sich daran zu erinnern, dass schon einmal jemand ähnliche Worte im Sport ausgesprochen hatte, allerdings waren sie an Eragon gerichtet gewesen. Der Ältere von Selenas Söhnen war sich jedoch sicher, dass Tabor die gleiche Freude an der Antwort haben würde, die Durza einst verspürt hatte.
"Es lag wohl eher an den Drachen!" Rief Murtagh den Blutpriester entgegen und richtete Schutzwälle um sich auf, die ihn vor dem Beschützen sollten, was nun entfesselt wurde.
Scheinbar aus dem Nichts erschien plötzlich Dorn, Vervarda, Hidalgo und Aroc auf der Mauer hinter Murtagh. Der Drachenreiter der Gehörnten hatte den Anflug der Vier Drachen verborgen. Nun war das Versteckspiel vorbei. Murtagh hörte das typische Geräusch, das immer erklang, wenn die mächtigen, geflügelten Wesen ihre Lungen mit Luft füllten. Bevor Matthias Tabor überhaupt begriffen hatte was vor sich ging entfesselten die Vier Drachen ein flammendes Inferno auf ihn. Zwar blendete das Feuer Murtagh, doch er konnte erkennen, dass Tabors Schutzwälle zunächst standhielten, doch die Energievorräte des Blutpriesters waren nicht so unerschöpflich wie dieser geglaubt hatte. Kein Schutzwall konnte auf Dauer dem flammenden Zorn von vier Drachen standhalten. Ein kurzer, gellender Schrei verkündete das Ende von Matthias Tabor. Murtagh hatte das Ganze nur unbeschadet überstanden, weil er sich eng an die Mauer gepresst hatte und die Flammenzunge der Drachen über ihn hinweg geschossen waren. Nun rappelte sich Dorns Reiter auf und trat zu dem Haufen Asche der einst der Blutpriester des Helgrinds gewesen war. Etwas glitzerte in den schwelenden Überresten. Auf Murtaghs magischen Befehl hin lösten sich 12 kirschgroße Diamanten von allerhöchster Qualität aus der Asche und landeten in Murtaghs Handfläche.
- "Tja, die Steine kannst Du Deinem Bruder schon mal wiedergeben. Dann schuldest Du ihm nur noch ein Gürtel." - neckte Dorn
"Warum könnt Ihr nicht verstehen, was ich will?" Zischte Shruikan Eragon entgegen. "Ich will nur, das was mir gehören sollte."
Wut erfüllte die Seele des schwarzen Drachens. Kalte Wut, weil nicht einmal diese Drachenreiter ihn verstanden. Sorgsam hielt er die Elfe zu seinen Füßen unter Kontrolle. Er wusste, dass sie eine starke Kriegerin war. Doch er würde Ihr nicht die Möglichkeit geben ihre Fähigkeiten einzusetzen. Solange er sie bedrohte würde Eragon nichts unternehmen.
"Ich verstehe, dass Du Deine Reiter vermisst.", gestand Eragon
"So habt Ihr es also herausgefunden, ja? Ich habe Dorn dort unten gesehen. Hat die kleine rote Kröte etwa geplaudert? Nun es spielt keine Rolle. Wenn Ihr versteht, was ich will, warum versucht Ihr mich dann aufzuhalten? Würdet Ihr nicht auch alles tun und Eure Seelenpartner zurückzubekommen?"
"Wir würden niemals dafür morden!" Stieß die Elfe Arya hervor.
Shruikan reagierte auf diesen Vorwurf in dem er noch etwas kräftiger am Haarschopf der Elfe zog. Diese konnte ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen nicht zurückhalten.
"Wer hat Dich nach Deiner Meinung gefragt? Du sollst nur verhindern, dass Dein Brutpartner auf dumme Ideen kommt. Glaubst Du ich habe vergessen, dass Du mich meinen Körper gekostet hast? Wenn Du nicht willst dass ich Dir Deinen hübschen Kopf von den Schultern reiße, halt Deinen Mund.
"Aber sie hat recht. Du tötest Unschuldige."
Shruikan erschrak fast beim Klang von Eragons Stimme. Für einen Moment hatte er den anderen Drachenreiter völlig vergessen und sich ganz in seiner Wut auf die Elfe verloren. Glücklicherweise war kein Schaden entstanden. Der dumme Junge stand immer noch an derselben Stelle wie vorher.
"Unschuldig?!" Fauchte Shruikan. "Ich war auch unschuldig als ich alles verloren habe, was mir wichtig ist! Es kümmert die Welt einen Dreck ob Unschuldigen oder den Schuldigen ein Leid zu stößt. Warum sollte es mich kümmern?"
"Weil Du ein lebendes, denkendes Wesen bist." gab Eragon zurück. "Du hast recht, einen Stein kümmert es nicht, ob er einen Schuldigen oder Unschuldigen erschlägt. Wasser interessiert es nicht, ob es jemanden ertränkt oder Durst löscht aber uns sollte es kümmern. Wenn wir nicht versuchen Gerechtigkeit zu schaffen, wenn wir nicht füreinander da sind dann bleibt nur die Ungerechtigkeit der Welt übrig. Dein Reiter ist tot Shruikan. Daran kannst Du nichts ändern. Haben die jungen Männer ihn zurückgebracht, deren Gesichter Du zerstückelt hast, um sein Gesicht nicht zu vergessen? Selbst wenn Du seine Seele aus diesem Abgrund dort in diese Welt zurückzerren kannst was dran? Unsere Sinne können nicht einmal erfassen was da in unserer Welt eindringt. Es ist eine höhere Stufe der Existenz! Du sagst, Dein Reiter bedeutet Dir etwas und doch willst Du ihn zwingen wieder in einer Form zu leben, die unter dem steht, was er jetzt ist. Wo ist da Deine Liebe?"
"Soll ich vielleicht lieber sterben? 100 Jahre Blut, Leid und Tod als Leben und dann soll ich mich selbst opfern? Wo ich endlich frei bin? Würdest Du Deine kleine Elfe hier opfern um mich von meinem "schrecklichen" Vorhaben abzubringen? Oder Deinen Drachen? Oder einen Deiner anderen Freunde? Antworte! Wer soll für Dich sterben?"
"Wieder hast Du recht Shruikan. Ich will nicht, das jemand für mich stirbt. Doch ich bin gerne bereit für meine Freunde zu sterben."
Bevor Shruikan antworten konnte überschlugen sich für ihn die Ereignisse. Eine Welle von Magie riss ihn buchstäblich die Arme vom Körper. Die Elfe kam frei, er musste sie... etwas war in ihm... zerriss seine Seele... sein Denken... die Elfe... töten.
Eragons Plan hatte funktioniert. Als Shruikan für einige Sekunden durch Arya abgelenkt war, hatte er drei Zauber gewirkt. Der eine hatte ein künstliches Abbild von ihm geschaffenen. Es war vergleichbar mit den Täuschungen, die seine Elfengerade gelegentlich eingesetzt hatte und seiner Abwesenheit zu verschleiern. Der zweite leitete das Licht um ihn herum und verlieh ihm Unsichtbarkeit. Der dritte Verband seine Gedanken mit dem künstlichen Abbild seiner selbst und erlaubte es dem jungen Anführer der Drachenreiter seinen Doppelgänger sprechen zu lassen.
Vorsichtig und leise war er hinter Shruikan geschlichen. Glücklicherweise brauchte er nicht zu fürchten, dass ein Schatten oder Fußabdrücke ihn verrieten. Das dunkle glasartige Gestein des Helgrinds verhinderte dies. Als er schließlich in Position war, trennte er Shruikans Arme durch einen Zauber von seinem Körper und rammte Klimpertod von hinten durch den künstlichen Körper direkt in den Eldunari des schwarzen Drachens. Shruikan war tödlich getroffen, doch sterbend versuchte er noch einen tödlichen Strahl aus Magie auf Arya abzuschießen. Eragon wusste, dass er dies nur auf eine Weise verhindern konnte. Er betete, das Arya und Saphira im Vergeben würden. Mit aller Kraft und dem Gewicht seines Körpers zerrte er Shruikan vom Plateau in den Abgrund hinter sich. Der Strahl verfehlte sein Ziel als sie ins Leere stürzten. Die geheimnisvolle Energie, die dem Helgrinds entströmte peitschte, durch Eragons Körper, betäubte seine Sinne und raubte ihm schließlich das Bewusstsein.
Schließlich umfing Dunkelheit den jungen Anführer der Drachenreiter.
Eragon hatte das Gefühl vom Grund eines tiefen Sees langsam an die Wasseroberfläche aufzusteigen. Nur schleppend kehrte das Gefühl in seine Gliedmaßen zurück und die Welt begann wieder Form anzunehmen. Da waren Geräusche... Was für Geräusche? Eine Stimme? Sprach jemand zu ihm? Ja, es war eine Stimme. Er kannte sie. Sie rief seinen Namen. Langsam öffnete er die Augen und sah nur ein wirres Gemisch aus Farben. Schwarz, sehr viel Blau... Er hatte das Gefühl, dass auch grün vorhanden sein musste. Ja, da war das Grün. Ihre Augen waren grün.
"Arya? Saphira?"
Noch immer war der junge Anführer der Reiter benommen als er diese Worte sprach.
"Ja wir sind es." Fauchte Arya ihn an. Eine Mischung aus Wut und Verzweiflung stand im Gesicht der wunderschönen Elfe. "Wer wohl sonst, Du Wahnsinniger, Du Mensch, Du Bauernbub!!"
- "Du kannst es nicht lassen oder Kleiner?" - Auch Saphiras Stimme klang etwas ungehalten doch spürte Eragon deutlich, dass Ihr Geist vor allem Erleichterung verströmte, dass es ihm gut ging.
Schnelle übermittelte die Drachendame, dass in dem Moment als Shruikan starb auch die Zauber zusammengebrochen waren die sie und Fírnen festhielten. Sie hatte sich hinter ihm hergeworfen als in den Abgrund gestürzt war und ihn gerade noch rechtzeitig zu fassen gekriegt. Von wo genau sie in ihrer Welt zurückgekehrt waren konnte Saphira nicht sagen. Nicht einmal sie konnte erfassen oder beschreiben, wo sie gewesen waren. Sie wusste nur, dass sie großes Glück gehabt hatten noch den Rückweg zu finden.
"Wie konntest Du das nur tun? Was hast Du Dir dabei gedacht?" Wütete Arya weiter, doch inzwischen wurde deutlich, dass sie vor allem geschockt war ihn fast verloren zu haben. Die Elfe wollte ihre Schimpftirade noch weiter fortsetzen aber Eragon legte Ihr den Zeigefinger auf die Lippen.
"Ich habe mir gedacht, dass Du oder Saphira dasselbe getan hätten, wäret Ihr in meiner Situation gewesen."
Als Arya dem nichts entgegenzusetzen vermochte, zog er die Elfe schlicht in eine Umarmung. Für einige Sekunden schien Arya zu überlegen, ob sich dagegen wehren sollte, doch schließlich legte sie ebenfalls die Arme um ihn.
"Verrückter." Flüsterte sie ihm zu.
Einen Augenblick lang gab sich Eragon der Hoffnung hin, dass nun alles vorbei wäre. Der schneidende Wind, der immer noch heulte und an seinen Haaren zerrte ließ diesen Funken jedoch verlöschen.
Nur mit Aryas Hilfe konnte er sich aufrichten und auf die Beine kommen. Er erkannte, dass sie sich wieder in der Nähe von Broms Grabstätte befanden. Angela und Tenga waren ebenfalls anwesend und blickten Richtung Helgrind. Eragon folgte den Blicken der beiden und erkannte, dass sich die Situation noch nicht gebessert hatte. Im Gegenteil, die "Öffnung "oder was immer es war, schien weiter gewachsen zu sein.
"Tenga, was müssen wir jetzt tun, um die Öffnung zu schließen. "Fragte er den Einsiedler.
"Ihr Reiter habt Eure Aufgabe erfüllt. Nun bin ich an der Reihe. "Antwortete der Gelehrte mit einer seltsamen Ruhe in der Stimme, die eine düstere Vorahnung in Eragon heraufbeschwor.
"Was meinst Du damit? Was heckst Du wieder aus?" Wollte Angela misstrauisch wissen.
"Die Antwort finden. Die Antwort auf die einzige Frage, die für mich noch Sinn ergibt. Was kommt danach?"
"Warum sollte das die einzige Frage sein, die noch Sinn ergibt?" Die Kräuterhexe bemühte sich sichtlich ungehalten und schroff zu klingen, doch Sorge schlich sich in ihre Frage.
"Weil mein Meister den Drachenfußknochen NICHT die Fähigkeit genommen hat, auch mein Schicksal vorherzusagen. Im Gegenteil. Ich habe sie als Medium benutzt, um alles zu sehen, was es zu sehen gibt. Ich gelangte an einem Punkt, wo alles was geschah für mich nur noch eine Variation von bekannten Elementen war."
"Der Albtraum eines Pilgers.", murmelte Eragon halblaut. Doch Tenga sah ihn mit leuchtenden Augen an.
"Sehr richtig! Ja Du bist ein Pilger, in der Tat. Wenn die Suche nach Antworten alles ist, was Dein Leben bestimmt kann es nichts Schlimmeres geben als eine Welt ohne Fragen. Ich habe den Drachenfußknochen die Fähigkeit deine Zukunft zu sehen nicht genommen Angela, weil ich Dir misstraute oder an Deinen Fähigkeiten gezweifelt habe. Ich wollte nur, dass Du nicht an dem Punkt kommst an dem ich schon viel zu lange bin. Dein Leben sollte einfach interessant bleiben."
"Du alter Fuchs." Fluchte Angela und starrte ihren ehemaligen Lehrer an. "Jetzt willst Du Dich also davon machen und Du weißt, was das heißt! Ich als Lehrerin?"
"So ist die Regel." Gab Tenga mit einer entschuldigenden Geste zurück. "Du weißt es muss sein."
"Und wie will der weise Pilger bitte diese Öffnung schließen?" Wollte die Kräuterhexe wissen. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie das gehen soll."
"Es geht nur von der anderen Seite aus." Erklärte Tenga. "Ich werde durch das Tor treten und die ausströmende Energie selbst nutzen, um die Öffnung wieder zu verschließen."
"Ihr habt das die ganze Zeit gewusst und geplant." Warf Arya ein. "Deshalb habt Ihr auch Eure Unterlagen verbrannt als wir Euch aufsuchten. Ihr wollte sie nicht vor Zugriff der Diener Shruikans retten, sondern Ihr wusstet, dass Ihr sie nicht mehr braucht."
"Wir machen doch noch eine Pilgerin aus Dir Kieselhirn. In der Tat. Ich wusste auch, dass es zu gefährlich wäre selbst das Tor zu öffnen, um die Antwort zu finden. Aber es ist eines der fundamentalen Gesetze des Universums: Was erfunden werden kann wird eines Tages existieren und was geschehen kann wird eines Tages geschehen. Es ist nur eine Frage der Zeit wann alle Variablen zusammentreffen, um das Ereignis auszulösen."
"Was seid Ihr eigentlich?" Wollte die Elfe nun wissen. "Ihr sagtet mir, dass Ihr schon vor meinem Volk in Alagaësia wart. Angela ist auch wesentlich älter als sie aussieht."
"Na vielen Dank auch." Brummte die Kräuterhexe. "Woher wir kommen oder was wir sind können wir nicht sagen Kindchen. Ich denke, wir sind so etwas wie Wächter über das Gleichgewicht zwischen Gut und böse. Da aber kein Wesen auf die Dauer die wirkliche, absolute Unsterblichkeit ertragen kann gibt es immer einen von uns, der vorausgeht und einen der folgt. Der, der zuerst da war unterrichtet den nächsten im Umgang mit seinen Fähigkeiten. Wie wir uns finden weiß keiner, nicht einmal wir. Es passiert einfach."
"Und nun, da ich gehe wird bald Dir jemand folgen Angela. Ich bin froh, dass Du es noch verstanden hast bevor ich gehe."
"Ihr meint Sterben." Murmelte Eragon und fühlte, obwohl er Tenga noch nicht lange kannte, Trauer in sich aufsteigen.
"Sterben klingt so endgültig. Ich werde die Antwort finden. Was kommt danach? Diese Welt hält keine Überraschung mehr für mich bereit. Es wird Zeit für den Pilger weiterzuziehen.
Auch wenn Eragon tief in sich spürte, dass das, was Tenga sagte Sinn ergab, es war schwer für ihn, sich damit abzufinden.
"Aber wie wollt Ihr denn überhaupt durch das Tor treten?" Erkundigte sich Arya. "Alles aus dieser Welt, löst sich einfach auf."
"Ich muss das Zentrum erreichen. Nur dort kann man durch das Tor treten."
"Und ich werde ihm helfen das Zentrum zu erreichen." Erklärte plötzlich eine weibliche Stimme. In dem Lederbeutel in Eragon immer noch trug, leuchtete der Seelenhort von Saphira-Eldunari auf, befreite sich aus dem Beutel und formte die Lichtgestalt der Drachendame.
Eragon schüttelte heftig den Kopf. So viele Drachen hatten sterben müssen, so wenige gab es nur noch. Der Verlust eines solchen Wesens war ihm fast unerträglich.
Saphira-Eldunari kam seinem Widerspruch zuvor.
"Ich habe ihn gespürt. Als wir gemeinsam gestürzt sind. Bevor meine Namensschwester uns zurückgebracht hat, habe ich ihn gespürt."
Eragon wollte fragen von wem sie sprach, doch als er erkannte, dass Saphira-Eldunari den Blick fest auf Broms Grab gerichtet hielt wurde es ihm klar.
"Aber was ist mit Deinem Ei?" Wollte Arya wissen. "Hattest Du nicht beschlossen für Dein Küken weiterzuleben?"
Die alte Drachendame lachte leise.
"Seid mir bitte nicht böse. Ich wollte nur so lange weiterleben, bis ich sicher war, dass mein Nachwuchs bei Euch in guten Händen ist. Das habt Ihr mir inzwischen mehr als bewiesen. Brom und ich hatten so wenig Zeit miteinander. Es ist das Richtige. Wenn Shruikans Beispiel eins zeigt, dann das kein Drache sein Reiter so lange überleben sollte."
Auch wenn es Eragon und Arya sehr schwerfiel mussten sie der alten Drachendame Recht geben. Während Tenga auf den Rücken ihrer geisterhaften Gestalt kletterte, traten Saphira und Fírnen hinter ihrer Reiter und stellten sich so dicht zu ihnen, das Arya und Eragon die Wärme spüren konnten sie ihre Drachen abstrahlten.
Mit Tenga auf dem Rücken traten Saphira-Eldunari noch einmal zu der Gruppe und blickte jedem einzelnen direkt in die Augen. Zu sagen gab es nichts mehr. Es hätte auch keine Worte gegeben, um die Gefühle auszudrücken, die alle Anwesenden bewegten. Nur als die beiden Namensschwestern sich gegenüberstanden summte die alte Drachendame: "Danke, dass Du meinen Namen zur Legende gemacht hast."
Eragons Saphira antwortete nur mit einem versonnenen Brummen.
Nach diesem kurzen Austausch erhob sich die geisterhafte Lichtgestalt in den Himmel und steuerte auf den Helgrinds zu. Sprachlos beobachteten Angela, die Drachen und Reiter wie ein kleiner blauer Stern kurz über dem Zentrum der Öffnung kreiste und dann in die weiße Energie eintauchte. Was dann geschah, spielte sich einmal mehr völlig lautlos ab. Die Erde kräuselte sich wie Wasser und begann die Stellen zu verschließen, aus denen die unbekannte Kraft strömte. Immer mehr von der weißen Energie zog sich zurück und schließlich schloss sich die Öffnung mit einem letzten gleißenden Lichtblitz. Als ich die Augen der Reiter nicht mehr geblendet waren erkannten sie, dass der schwarze Helgrind völlig verschwunden war. Eine glatte Ebene zeigte sich nun dort wo einst der riesige Berg gestanden war. Dort wo sich einst drohend die Wände aus schwarzem Gestein erhoben versiegelte nun eine strahlend weiße Fläche, die polierter Marmor wirkte, die Struktur der Welt.
3845 Wörter
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Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang
Fanfiction|Abgeschlossen| Rechtschreibung und Grammatik überarbeitet. Die ersten Dracheneier haben ihre Reiter erwählt und der Orden wächst. Eragon und Arya werden ihre neuen Schüler ausbilden, um Alagaësia zu beschützen, denn etwas Böses wächst heran... Dies...