Lächelnd blickte Eragon zum Himmel empor. Kira und Hidalgo tollten dort wild umeinander, während Saphira sich auf die Jagd begeben hatte.Das rote Drachenmädchen schien förmlich aus dem strahlenden Licht der Abendsonne geboren zu sein, welche die Wolken die am Himmel standen, zum Glühen brachte.Hidalgos spiegelnde Schuppen indessen strahlten bei jeder Bewegung des jungen Drachens auf und vermittelten den Eindruck, dass ein lebendig gewordener Blitz versuchte spielerisch Kiras Schwanz zu erwischen.Vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangs boten die beiden Jungdrachen ein fantastisches Bild.Nur schwer konnte sich Eragon von ihrem Anblick lösen und sich seiner Suppe zuwenden. Aus Pilzen und umstehenden Kräutern hatte er eine einfache aber schmackhafte Brühe gezaubert, die er und Narie nun gemeinsam verzehrten.Doch auch die junge Elfe schien abgelenkt zu sein.Allerdings war es nicht das Schauspiel, das die beiden Drachen boten, welches Aryas Cousine ablenkte, sondern etwas anderes schien ihr auf der Seele zu liegen.Seit ihrer Abreise vor zwei Wochen hatte sich Naries Benehmen merklich gewandelt. In den ersten Tagen war sie begeistert gewesen die unerforschte Gebiete Alagaesias zu erkunden und jeder zweite Satz war eine Frage an ihren Lehrer gewesen. Doch als die Zeit verging, war das Elfenmädchen merklich ruhiger geworden. Irgendetwas schien ihr Kummer zu bereiten.Dass der Grund hierfür der bisher mangelnde Erfolg ihres Unternehmens war, schloss Eragon aus.Zwar hatten sie noch keinen Lebensraum entdeckt, der sich für eine Brutgruppe der wilden Drachen eignete, aber das war nicht weiter schlimm. Noch viel unerforschtes Gebiet lag vor ihnen und sicher war es nur eine Frage der Zeit bis sie einen geeigneten Ort finden würden.Auch hatte es bisher nicht an interessanten Ereignissen gemangelt. Auf ihrer Suche hatten die beiden Drachenreiter neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt und Eragon hatte begonnen ihre Funde in Wort und Schrift festzuhalten. Ihre Beobachtungen könnten den Grundstock bilden, für eine Enzyklopädie über die Tier- und Pflanzenwelt dieses Teils von Alagaesia.Besonders Narie hatte dies interessant gefunden und Zeichnungen von allen Pflanzen und Tieren angefertigt. Dabei hatte sich herausgestellt, dass sie sehr wohl in der Lage war eine gerade Linie zu ziehen. Einmal mehr hatte sich gezeigt, dass die Standards, nach denen sie bisher beurteilt, worden war viel zu hoch lagen.Während er Narie dabei beobachtete, wie sie lustlos in ihrer Brühe herumstocherte, beschloss Eragon, dass es so nicht weitergehen konnte. Er verstand seine Aufgabe als Lehrer so, dass es nicht nur seine Pflicht war seinen Schülern Wissen zu vermitteln, sondern, dass er auch für das Wohlergehen zu sorgen hatte."Schmeckt es dir nicht?"Die junge Elfe war so in Gedanken versunken gewesen, dass die Frage ihres Lehrers sie fast dazu veranlasste ihre Suppenschüssel fallen zu lassen."Doch, doch!" Stammelte sie, nachdem sie sich wieder etwas gefangen hatte."Interessant, dass du das beurteilen kannst Narie-Finiarel. Bisher hast du noch keinen Bissen gegessen. Bevor du dich in Ausreden verstrickst: Mir ist aufgefallen, dass Du wesentlich stiller geworden bist. Du bist unkonzentriert und in dich gekehrt. Was bedrückt dich?""Ich denke Marek, Tar und vor allem der Unterricht fehlen mir."Eragon dachte über die Worte der jungen Elfe nach bevor er antwortete. Dass sie ihre Mitschüler vermisste, konnte er noch hinnehmen aber den Unterricht? Sicher hatte Narie, wie wohl alle Elfen, ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein aber es war nicht so, als wären sie völlig untätig. Gemeinsam mit Saphira und Hidalgo waren Luftkämpfe und Ausweichmanöver geübt worden und die Erforschung der Natur sah Eragon durchaus als ein lohnendes Element der Ausbildung.Jeden Morgen absolvierten Lehrer und Schülerinnen gemeinsam die verschiedenen Stufen des Remgar und abends vor dem Essen fochten sie Übungskämpfer aus. Unfreiwillig fühlte sich Eragon an seine Zeit mit Brom erinnert.Auf der Suche nach den Ra'zac war er mit seinem Vater und erstem Meister durch das Land gereist. Es brauchte eine Weile, bis sich der junge Lehrer an einer Zeit erinnerte, als er sich mit Feuereifer in die Studien gestürzt hatte."Als ich noch bei Meister Oromis gelernt habe, gab es nur einen Zeitabschnitt, an dem das Pensum gar nicht hoch genug sein konnte.Unmittelbar nach der Blutschwurfeier.Während des Festes hatte ich Arya meine Gefühle gestanden. Dabei hatte ich mich etwa so geschickt angestellt wie ein betrunkener Kull bei dem Versuch einen Faden in eine Nähnadel einzuführen. Zusätzlich hatte man besagten Kull wohl noch die Augen verbunden."Narie musste heftig kichern und warf ihrem Lehrer einen schelmischem Blick zu. Einen Augenblick lang erlaubte sich Eragon darüber nachzudenken, ob die Vorstellung eines betrunkenen Kull mit Augenbinde der versuchten Näharbeiten durchzuführen es war, was die junge Elfe zum Lachen brachte oder ob sie von Arya vielleicht etwas über seinen ersten Annäherungsversuch erfahren hatte."Ich freue mich jedenfalls, dass ihr und Rabenmähne euch doch noch gefunden habe Meister." In dem Glauben vielleicht etwas zu persönlich zu werden senkte Narie ihre Stimme zu einem Flüstern. "Ihr tut ihr wirklich gut."Eragon schmunzelte und kam nicht umhin sich ein wenig geehrt zu fühlen."Nun das freut mich zu hören und obwohl ich Unterhaltungen über "Rabenmähne" stets äußerst interessant finde, frage ich mich aber doch was dir auf der Seele liegt. Ich bezweifle, dass es ein gebrochenes Herz ist. Zumindest denke ich nicht, dass du einer verlorenen Liebe nachtrauerst. Also was bedrückt dich?"Narie stellte ihre Suppenschüssel zu Seite und kaute etwas verlegen auf ihrer Unterlippe herum."Im Grunde ist es doch so etwas, wie ein gebrochenes Herz, Meister. Ich habe keinen Liebsten, es geht um meine Eltern. Ich dachte, ich hätte ihre Ablehnung schon viel besser verwunden.""Ich beginne zu verstehen." Murmelte Eragon." Während des Unterrichts war es für dich leicht dich abzulenken. Es gab viel Neues zu lernen, du musstest Kira kennenlernen und sie aufziehen außerdem waren Marek und Tar bei dir. Jetzt ist es etwas stiller geworden und die Vergangenheit drängt an die Oberfläche, nicht wahr?"Narie nickte, und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Für einen Augenblick war sie wieder das verlorene kleine Mädchen, das sich zu ihrer Cousine geflüchtet hatte, weil es keinen Ort mehr auf der Welt gab, wo sie sich Zuhause fühlte.Wieder war Naries Stimme kaum mehr als ein Flüstern als sie zu sprechen begann: "Nachdem was er Arya angetan hat, kann mir mein Vater gestohlen bleiben. Aber ich hatte gehofft, dass wenigstens meine Mutter sich bei mir melden würde.Ihre letzten Worte an mich, dass sie mich im Moment nicht um sich ertragen könnte, gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Wieso hasst sie mich so?Ich habe mir im Unterricht inzwischen selbst bewiesen, dass ich kein größerer Tollpatsch bin als jedes andere Wesen!Außerdem bin ich zur Drachenreiterin berufen worden! Ich habe Briefe bekommen Meister, von alten Freunden, ehemaligen Lehrern! Sie alle haben mir gratuliert.Vorher wollten sie, wegen meines Vaters, nicht mehr mit mir sprechen! Jetzt sind sie plötzlich wieder stolz darauf nicht zu kennen!Selbst Fremde haben mir geschrieben Meister! Leute, denen ich nie begegnet bin! Sie gratulieren mir und sagen mir, dass ich dem Volk der Elfen Ehre machen würde. Sie wünschen mir Glück bei der Ausbildung! Aber meine Mutter hat kein Wort von sich hören lassen! Womit habe ich das verdient?! Was habe ich ihr jemals so Schreckliches angetan?!"Naries Augen hatten einen verräterischen Glanz angenommen. Kira war gelandet, als sie die Aufregung ihrer Reiterin gespürt hatte. Nun wickelte sie tröstend ihren Schwanz um das Elfenmädchen und zog Narie unter den Schutz ihrer Flügel. Hidalgo hatte sich etwas abseits niedergelassen. Er begriff offensichtlich, dass Reiterin und Drache sich jetzt gegenseitig brauchten."Es gibt noch eine andere Möglichkeit, warum deine Mutter sich nicht meldet." Sagte Eragon nach einer Weile. Hoffnungsvoll blickte Narie zu ihrem Lehrer auf."Deine Mutter hat vielleicht einfach nicht den Mut dir zu schreiben. Gerade wenn ich an ihrer letzten Worte denke, erscheint mir das wahrscheinlich.Als sie dich verlassen hat, war deine Mutter sehr aufgewühlt.Du hast erzählt, dass sie sich als Folge seiner Missetaten von deinem Vater getrennt hat. Gefährten werden durch zwei Dinge verbunden Narie:Liebe und Vertrauen.Das Vertrauen hat dein Vater zerstört. Das bedeutet aber, dass deine Mutter ihn sehr wohl noch geliebt hat. Ohne Liebe kann es keine Beziehung geben, ohne Vertrauen aber auch nicht. Nichts schmerzt mehr, als wenn Liebe zwar besteht aber man dennoch nicht zusammen sein kann. Glaub mir, damit habe ich Erfahrung. In diesem Schmerz hat sich deine Mutter von dir abgewandt. Es ist gut möglich, dass sie es inzwischen bereut.""Warum meldet sich dann nicht bei mir? Was ihr sagt, Meister, macht für mich Sinn. Ich bin zwar jung, aber auch kein Kind mehr. Ich könnte ihre Beweggründe sicher verstehen.""Daran zweifle ich nicht Narie." Beschwichtigte Eragon. "Vielleicht fürchte deine Mutter aber, dass du andere Beweggründe vermutest, wenn sie sich jetzt an dich wendet, wo du eine Drachenreiterin bist.Du hast es doch selbst gesagt:Plötzlich wollen alle, die dich vorher gemieden haben wieder deine Freunde sein. Selbst Fremde bemühen sich plötzlich um dich. Vielleicht fürchte deine Mutter einfach, dass sie auch in eurer Beziehung das Vertrauen zerstört hat.""Ihr meint, sie fürchtet, dass ich ihr unterstellen würde sich nur wieder für mich zu interessieren, weil es für sie von Vorteil ist Mutter einer Drachenreiterin zu sein?""Ich halte das durchaus für möglich."Nachdenklich kraulte Narie die Flanke ihrer Drachendame. Plötzlich blickte sie zu Kira auf. Offenbar sprachen die Beiden miteinander.Schließlich nickte die junge Elfe und sagte: "Darüber werde ich nachdenken. Das scheint eine gute Idee zu sein.""Würde mich bitte jemand erleuchten? "Fragte Eragon.Kira schien peinlich berührt, und brummte versonnen. Offenbar hatte sie Eragon gar nicht unbedingt ausschließen wollen."Meine Große hat mir geraten, dass ich meiner Mutter eine Nachricht schicken soll. Auf diese Weise würde ich ihr zeigen, dass ich sie an meinem Leben teilhaben lassen will. Wenn sie sich dann nicht meldet oder sich ablehnend zeigt weiß ich woran ich bin. Dann seit Arya, ihr und die Drachenreiter eben eine einzige Familie. In jedem Fall wäre dann Schluss mit der Grübelei.""Ein wirklich guter Rat von Kira." Lobte Eragon.Noch bevor die Unterhaltung weitergeführt werden konnte erfüllte das Rauschen von Drachenschwingen den Himmel.Ungewöhnlich schnell setzte Saphira zur Landung an. Noch bevor Eragon sie fragen konnte was los war, hörte er ihre aufgeregte Stimme in seinem Geist.- "Ich habe etwas entdeckt. Steigt schnell auf Kleiner! Narie, sattel Kira und folgt uns! Du kommst auch mit Hidalgo!" -Auch auf Nachfrage hin wollte die blaue Drachendame nicht verraten, was sie gefunden hatte. Eragon konnte nur vermuten, dass es nichts Gutes oder schönes war. Dafür war Saphira zu aufgeregt.

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Eragon Band 5 - Jedes Ende ist ein Anfang
Fanfic|Abgeschlossen| Rechtschreibung und Grammatik überarbeitet. Die ersten Dracheneier haben ihre Reiter erwählt und der Orden wächst. Eragon und Arya werden ihre neuen Schüler ausbilden, um Alagaësia zu beschützen, denn etwas Böses wächst heran... Dies...