An der Bushaltestelle angekommen, rief ich meinen Onkel an. Er war Wärter in einen Gefängnis, ob es das selbe war, wusste ich nicht. Aber wenn ja, so wüsste er bescheid und er würde mich zusätzlich in den Ferien mitnehmen können, wenn er zur Arbeit fahren würde.
"Was möchte meine Lieblingsnichte denn gerne wissen?" Begrüste er mich.
So fing er immer ans Telefon. Egal wer ihn anrief. Immer der selbe Satz, nur das Lieblingsnichte ersetzt wurde. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
"Auf deiner Arbeit wimmelt es morgen nicht zufällig von Schülern oder?"
"Doch, zwei unterschiedliche Klassen. Ich vermute deine Klasse ist eine davon. Die andere kommt von der Hykno-Schule."
"Sehr schön. Was hast du für Schicht?"
"Spätschicht. Ich kann dich leider nicht fahren." Lachte er.
Ria zog einen leichten schmollmund, weshalb ich schmunzelnd den Kopf schüttelte.
"Schade. Du weißt nicht zufällig wen ich als Partner habe oder?"
"Zufälligerweise weiß ich es ganz genau. Aber ich sag es dir nicht. Ich weiß du magst keine Überraschungen und du weißt, dass ich dich gerne ärger. Also lass dich nächste Woche überraschen. Aber keine Sorge, ich werde dafür sorgen, dass keinen von euch was passiert." Ich hörte sein Lächeln hinaus.
Als der Bus kam hob ich den Ranzen von Ria auf und wir stiegen ein. Wir waren einer der wenigen die in die Richtung mussten. Wir setzten uns hin.
"Das ist unfair. Jeder weiß zumindest die Namen und kennt das Gesicht." Beschwerte ich mich.
"Du wirst die Tage überleben. Ich muss auflegen, meine Pause ist vorbei." Ohne ein weiteres Wort war er dann auch schon weg.
"Du packst das." Versuchte Ria mich aufzumundernm.
"Er ist nur ein Mensch wie wir. Trotzdem würde ich gerne nicht so ins kalte Wasser geworfen werden."
Wir ließen das Thema dann auch schon fallen und redeten über das kommende Wochenende. Obwohl sie durch den Autounfall erst einmal keinen Alkohol trinken soll und sich nicht belasten soll, kam sie mit zu der Hausparty. Ohne sie ging ich zu sowas nicht. Es waren wenige Leute da. Vielleicht 10 Mann. Ich kannte alle. Es waren Freunde von meinen Bruder und von Rias Freund. Ihr Freund und mein Bruder waren beste Freunde und so hat es sich ergeben, dass ich mit den Leuten öfters unterwegs war. Aber eine Hausparty war nur, wenn jemand von den Freunden Sturmfrei hatte. Freitag und Samstag einfach abschalten. Versuchen wegen den Geruch von Rauch nicht auszurasten und sauber machen wenn jemand kotzen würde. Es war spaßig, natürlich war es das. Aber solche ekelhaften Sachen gehörten auch dazu. Eigentlich war ich kein Partymensch. Nur Ria zu liebe ging ich mit. Und die ging nur wegen ihren Freund. Dieser liegt aber noch im Krankenhaus. Aber er hat mit meinen Bruder geredet, welcher uns nun zu der Hausparty zwingt.
Als der Bus hielt stiegen wir aus. Ich ging in die entgegengesetzte Richtung, als ich eigentlich musste. Heute konnte niemand Ria holen, weshalb ich ihren Ranzen zu ihr brachte. Sie entschuldigte sich hunderte Male, aber mich störte es nicht. Bei ihr angekommen schluss sie auf und ihr Beagle, Snoopy, rannte auf sie zu. Ich stellte ihren Ranzen in den Flur und umarmte Ria noch, bevor ich mich auf dem Weg nach Hause machte. Ich bekam Gänsehaut. Durch das Gewicht war ich etwas ins Schwitzen gekommen. Mit zügigen Schritten machte ich mich auf den Heimweg. Mein Atem bildete vor mir Rauch und mitlerweile war es halb dunkel. Ich dachte über den Tag nach und über das Projekt. Aber ich versuchte den Gedanken an meinen Partner zu unterdrücken und dachte über Rias Partner nach.
Es war ein 34 Jähriger Mann, er hatte eine Glatze, warme Augen und schien nicht wie ein Verbrecher. Aber war es auch nicht so, dass die Menschen die wie Verbrecher wirkten, meist die nettesten Menschen waren? Die Haftzeit des Mannes wusste ich nicht mehr. Aber ich denke auch nicht, dass ich daraus schließen kann, was für ein Verbrechen er begangen hat. Ein Mann rempelte mich an und beschwerte sich lauthals. Doch ich hatte schon als ich aus Rias Grundstück rausgegangen war, die Kopfhörer im Ohr um abzuschalten. Einfach einen freien Kopf bekommen. Ich lief also weiter. Dachte nicht an den Mann, welcher in mich gelaufen war. Er muss ja nicht so laufen, als wäre er der breiteste. Als ich alle meine Gedanken ablegen hatte, ich alles vergaß, was mir Sorgen machte, trifete ich wieder in meine Tagträume. Fast blind lief ich nach Hause. Merkte, wie mein Herzschlag sich erhöhte, ich schneller atmete. Mein Blick ängstlich hin und her wich. Ich zuckte zusammen und sah die Person auf der anderen Seite des Bürgersteiges, welche mich verwirrt ansah. Aber ich ging weiter. Meine Schritte wurden schneller, aber ich rannte nicht. Ich lief weiter und kurz bevor ich in meine Straße einbog, schüttelte ich mich und war wieder im hier und jetzt. Ich versuchte das Gefühl von vorhin an der Oberfläche zu halten. Da noch niemand daheim war, verzog ich mich sofort in mein Zimmer, doch genau als ich die App öffnete, war es weg. Fluchen schmiss ich mein Handy auf das Bett und atmete genervt aus.
Das Schreiben war jetzt seit zwei Jahren ein Teil von mir. Und ich wurde besser, ich merkte, wie detaillierter meine Geschichten wurden. Ich merkte die Ideen, die mir kamen wenn ich lief und Musik hörte. Ich merkte, wie meine Tagträume ein Teil der Geschichte wurde. Ich merkte, wie sehr es mich frustrierte eine Schreibblockade zu haben und zeitgleich, wie gut es sich anfühlte, wenn die Wörter nur so aus den Fingerspitzen kamen. Ich liebte es, wenn ich an einer Geschichte saß und plötzlich waren ein paar Kapitel mehr da und trotzdem. So war das nicht alles. Ich hatte es probiert. Ich hatte mich bemüht normale Geschichten zu schreiben, aber sie alle wichen in die selbe Richtung. Und das war gut so, nur so konnte ich ohne Probleme schreiben. Aber ich hatte es noch nie. Ich hatte noch keinen Sex, hatte noch keinen Freund, wurde nie vergewaltigt, zu was gezwungen, wurde nie verprügelt oder gefoltert, hab nie die Angst gespürt, knapp vor den Tod zu stehen und trotzdem, vielleicht lag es auch genau daran, flossen die Wörter aus mir herraus.
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Just ask me, little one
RandomWenn die Leute mich beschreiben lachen sie und sagen ich sei krank, das etwas in meinen Kopf nicht stimmt. Und wieso? Ich schreibe Geschichten. Geschichten über Folter, Vergewaltigung, Versklavung und Missbrauch von Personen. Aber wer ist gestörter...