Kapitel 9

4.6K 138 2
                                    

Als die Tür sich öffnete erkannte man einen gut beleuchteten Raum. An der Wand stand ein Stuhl. In der Mitte des Raums ein Tisch mit zwei Stühlen. Mit dem Rücken zu mir, in einen blau-grauen Gefängsnisoutfit, ich erkannte auf seinen Hinterkopf, unter seinen kurzen Haaren ein Tattoo. Der Wärter setzte sich auf den Stuhl an der Wand und ich ging um den Tisch. Unter dem T-Shirt was er an hatte, zeigten sich seine muskolösen, tattoowierten Arme. Ich lächelte und stellte meine Tasche ab und setzte mich.

"Guten Morgen, Sina mein Name, wir werden uns wohl in nächster Zeit wohl öfters sehen." Begrüßte ich ihn und steckte ihn meine Hand entgegen.

Er sah mir genau und in die Augen. Dann auf meine Hand und dann checkte er das ab, was er von mir sah. Fast unscheinbar biss er auf die Innenseite seiner Wange. Ich lächelte unsicher.

"Das sollte eigentlich der Teil sein, wo Sie mir die Hand reichen und sich mit Namen vorstellen." Bemerkte ich.

Doch der volltättoowierte, zumindest das was ich sah war tattoowiert, selbst sein Hals, sein Gesicht jedoch nicht, lehnte sich nach hinten und ließ die Hände auf seinen Schoß. Ich sah unsicher zu den Wärter hinter ihn, dieser saß einfach da und zuckte mit den Schultern. Der Blick des Mannes brannte auf mir. Ich zog unsicher meine Hand zurück und sah in seine blau-grünen Augen. Ich nickte und dachte nach. Mein Herz schien auszusetzen und zeitgleich schneller zu schlagen. Meine Handflächen waren immeenoch voller Schweiß und ich wischte sie an der Hose ab.

"Sie scheinen nicht wirklich gesprächig zu sein oder?" Fragte ich, doch es kam wie zu erwarten keine Antwort.

Dannach war es still. Ich sah ihn mir an. Er schien nicht älter als 30 zu sein. Vielleicht mitte oder Ende zwanzig. Aber genau konnte ich es nicht sagen. Ich holte meinen Block und Stift raus und füllte schon mal das Kästchen mit Bild. Es dauerte etwas. Nach einer Stunde hatte ich sein Gesicht aufgezeichnet. Ich legte das Heft hin, sodass er es sehen kann, aber es interessierte ihn null. Er sah mich einfach weiter an und das ließ mich unsicher werden.

"Wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig Fragen stellen. Ganz einfache zum Kennenlernen? Sie dürfen gerne Anfangen." Schlug ich vor.

Und wieder stille. Die Wärter können die Insassen nicht zwingen mit uns zu reden. Das wissen wir. Wir müssen sie selbst dazu bekommen. Ich sah trotzdem zu den Wärter welcher mich aber nur anlächelte. Das hilft nicht.

"Reden Sie mit mir, wenn ich den Wärter rausschicke?" Fragte ich, doch wieder kam keine Reaktion, er rührte sich nicht einmal.

"Können Sie mir wenigstens sagen wieso Sie hier sind?" Das wird doch genauso erfolglos sein.

Und tatsächlich hatte ich recht. Er sagte nichts, rührte sich nicht. Nur sein Brustkorb und sein blinzeln verriet das er lebte. Ich seufzte frustriert und schloss kurz meine Augen um nachzudenken. Aber ich kam einfach auf keine Idee.

"Mögen Sie Tiere? Ich mag Tiere. Jedoch hat meine Mutter so gegen alles eine Allergie, deshalb haben wir leider keine Haustiere." Versuchte ich es von neuen.

Und dannach ließ ich es sein. Ich sah ihn an und er mich. Dann sah ich zu den Wärter, doch dieser gab mir keine Hilfestellung. So verging der ganze Vormittag. Als es zur Mittagspause kam wurde der Mann hinausgeführt und ich wurde von Jack zurückgebracht.

"Es tut mir leid mit ihn. Ich dachte selbst er ist gesprächiger. Aber ich glaube er wird sich dir gegenüber schon öffnen." Munderte er mich auf.

Ich blieb still und setzte mich zu Ria.

Bei ihr lief alles gut. Natürlich, es war schließlich Ria. Lächelt sie einmal mir den Engelsgesicht und schon öffnet sich jeder ihr. Als sie fertig war mit erzählen war die Hälfte der Pause vorbei. Meine Erzählung dauerte keine Minute.

"Es ist blöd, dass er nicht mit dir redet. Aber-" ich hob eine Hand.

Ich packte meinen Block aus, knallte ihn auf den Tisch, was eher ohne Absicht war. Nahm meinen Füller und holte tief Luft. Das tat ich immer, immer wenn ich schnell in eine was niederschrieb. Meine Lehrer sahen zu mir, die am Tisch ebenfalls. Auch einige vom Nachbartisch. Eigentlich schreib ich langsam, ich war immer die jenige die zu letzt arbeiten abgab und trotzdem schaffte ich alles. Ich konnte am Handy schnell tippen, aber ich wollte es schreiben. So hat alles einen andere Kick. Und dann schrieb ich. Meine Bewegungen waren gezielt, sauber. Sowas hatte ich so oft aufgeschrieben. So oft und trotzdem war jeder Text, jeder Gedankengang anders. Ich merkte, den Blick von Ria auf meinem Blatt, merkte wie andere sich hinter mich stellten un selbst zeuge zu werden, wie ich eine, in ihren Augen kranke, Szene aufschrieb. Als die Pause vorbei war, setzte ich meinen Punkt. Im Hintergrund hatte ich Kommentare der anderen Klasse gehört, aber das interessierte mich nicht. Ich versuche es so. Ich versuche ihn so zum Reden zu bringen. Ich sehe ihn nicht als Mensch, nicht als Verbrecher, ich lass ihn einfach einen Charakter von mir sein. Der Gefängniswärter, der den Namen Jack trug, kam zu mir und sah verwirrt auf mein Blatt. Jedoch ließ ich es ihn nicht durchlesen.

Auf in Runde zwei. Wenn es hiermit nichts wird. Laber ich ihn einfach zu, bis er mich unterbricht. Ich hab zumindest ein Plan B. Mit dem Block in der Hand und der Tasche über einer Schulter hängend machten Jack und ich uns auf den Weg zu dem Zimmer wie vorhin. Ich sah den volltättowierten mit einen Wärter auf uns zukommen. Sie waren zuerst an den Raum und so gingen wir nach ihnen. Das kann was werden.

Just ask me, little oneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt