Kapitel 17

129 8 3
                                    

Beth 

Ich hastete noch ein letztes Mal in meiner Schlafzimmer und meine Handschuhe zu holen. Beim überprüfenden Blick in den Spiegel. fiel mir auf, dass ich meine Halskette noch nicht umgelegt hatte. Fluchend versuchte ich den Verschluss zu schließen, klappte aber nicht. Warum musste sich meine Hofdame gerade heute frei nehmen. Princesse Espositos Dame erschien nicht mehr und ich konnte auch die Princesse nicht auftreiben. Hoffentlich würde es in der Oper untergehen, dass ich keine eigenen Hofdamen mitgebracht hatte. Immerhin war ich strenggenommen eine Gesellschaftsdame von Leila. Vielleicht konnte ich mich da so darüber schummeln.

Seufzend nahm ich das Schmuckstück in die Hand und machte mich so auf den Weg zu Novel. Zum Glück konnte mir das Dienstmädchen das Kleid schnüren, damit wenigstens da alles anständig saß. Als ich an die Tür seines Arbeitszimmers klopfte, konnte ich bereits laute Stimmen vernehmen.

„Komm herein, Elisabeth", rief Novel durch die Tür und als den Mann an seinem Schreibtisch sitzen sah, der sich gerade erhob, sank ich automatisch in einen Knicks. „Das hatten wir ja heute schon", Étienne reichte mir trotzdem seine Hand und ich sah mit schief gelegtem Kopf zwischen den beiden hin und her.

„Haben wir das geklärt?", fragte Novel in die entstandene Stille hinein und sah seinen Bruder dabei streng an. „Hoffentlich findest du auch für mich eine ausländische Braut, denn ich werde nicht aufhören sie zu sehen" – „Étienne!" Novel schlug wütend auf den Tisch, worauf Étienne und ich zusammenzuckten. Einen Momentlang sahen sich die beiden Männer noch feindselig an. Als Étienne bemerkte, dass er nur verlieren konnte, drehte er sich um verließ schweigend das Zimmer. Die Stille die er zurück ließ erdrückte mich fast.

Novel stand noch immer mit geballten Fäusten hinter dem Schreibtisch, deshalb getraute ich mich nicht näher zu kommen. „Kannst du mir helfen?", fragte ich schließlich leise, worauf Novel mich seltsam verklärt ansieht, sich dann aber trotzdem in Bewegung setzte. Als ich die Kette hochhielt, nickte er leicht, bevor sie mir abnahm und um den Hals legte.

Ich holte erschrocken Luft, als er plötzlich an den beiden Bändern anzog und sie gegen meine Kehle drückte. Keinen Moment später riss die Kette und die kleinen funkelnden Perlen fielen zu hunderten auf den Boden. Mir blieb der Schrei im Hals stecken während ich Novel hinter mir langsam ausatmen hörte. Er drehte mich an den Schultern zu sein um und zog mich in eine Umarmung. „Es ... tut mir so leid, Beth", flüsterte er immer wieder in mein Ohr, worauf ich nur langsam nickte. Er hatte meine Perlenkette abgerissen. Das war das einzige anständige Schmuckstück das ich besaß. Mir traten Tränen in die Augen. Wo sollte ich so schnell Schmuck auftreiben, den ich bezahlen könnte? „Hat sie dir sehr viel bedeutet?", fragte Novel und ich schüttelte schnell den Kopf. Sie war wahrscheinlich einfach nur alt gewesen. Er hatte es nicht absichtlich gemacht.

„Wieso weinst du dann?"

„Du weißt, dass ich keinen neuen Schmuck kaufen kann. Selbst wenn ich die Perlen wieder aufsammle, werde ich mir kaum die Reparatur leisten können"

„Dann schenke ich dir eine neue Kette! Hör' auf zu weinen, Beth. Du brauchst dir nie wieder Sorgen darum zu machen!"

Ich sah zu ihm auf und in seinem Gesicht stand plötzlich noch viel mehr Gram wie zuvor. Ich lachte leise auf und drückte meine Lippen auf seine. Bei uns zuhause war es immer anders herum gewesen. Da hat sich Papa über Mamas und meine hohen Kleiderkosten aufregte. „Darf ich dann dazu ein passendes Kleid haben?" – „Solange ich es aussuchen darf"

Novel schlang seine Arme um mich und ich nickte langsam. Manchmal konnte ich nicht begreifen womit ich so viel Glück verdient hatte. „Ich glaube wir bleiben besser hier, oder?", fragte ich und drückte mich von ihm Weg. Langsam begann mein Magen zu knurren und ich wollte entweder Imbisse in der Oper oder ein Dinner hier. „Ich hole das nach, versprochen" – „Sobald ich dich erst geheiratet habe, hat mir Leila versprochen, sie geht alleine mit mir in die Oper" Novel warf seinen Kopf zurück in den Nacken und lachte. Beleidigt stemmte ich die Hände in die Hüften. Er durfte sich nicht wundern, dass ich mir eine andere Begleitung suche, wenn er mich andauernd versetzte.

„Ich sage meinen Adjutanten Bescheid, dass wir etwas zu essen brauchen"

Während er den Kopf aus der Tür steckte, ließ ich mich auf der Sitzgruppe nieder und blätterte die Zeitung durch. Sofort fiel mir der Artikel über Novels langjährige Affäre mit dieser Balletttänzerin ins Auge, die ihm auch am Abend nach der Oper begleitet hatte. Als ich eine Seite weiterblätterte, entdeckte ich ein ganz anderes Bild. Es ist ein Portrait von Comtesse Camilla. Novel nahm mir die Zeitung aus der Hand und schmiss sie achtlos auf den Schreibtisch. Ob er gemerkt hatte, was ich angestarrt hatte? Der Artikel war mir bereits heute Morgen bei Leila aufgefallen, aber bisher hatte ich noch nicht die Zeit ihn zu lesen.

„Möchte Erzherzog Étienne deshalb eine ausländische Braut, weil er annimmt, dass sie nichts von seinen Affären mitbekommt?"

„Wenn er sich beruhigt hat, werde ich ihm sagen, dass diese Taktik nicht funktioniert"

Novels Blick verzog sich erneut und er warf der Zeitung einen feindseligen Blick zu. Als sei es sie meine einzige Quelle. Wobei, das mit Camilla war mir neu. Ansonsten dienten mir auch Leilas haarsträubende Geschichten über Ava als Information.

„Gibt es sonst noch jemanden außer Ava, der mir gefährlichen werden könnte?", fragte ich nach und sah Novel forschend an. Ich wollte es wissen, sollte er eine Reihe von regelmäßigen Geliebten haben. Auch wenn ich die Vergangenheit nicht ändern konnte, wollte ich wissen, von wem ich ihn verhalten sollte. Eifersüchtig konnte auch ich werden. Ich betete, dass er nicht Camillas Namen nannte.

„Niemand, Beth. Glaub mir!"

„Da steht auch etwas von Camilla"

„Das ist lange her und längst vergessen"

Ich sah ihn einen Moment zweifelnd an. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, dass sie ihm etwas bedeutete. Ich trug meinen Ring an einer Kette um meinen Hals und nicht an meinem Finger, weil Camilla etwas für ihn erledigen musste, für das er den Anschein erwecken wollte, er sei immer noch an ihr interessiert. Aber Camilla bedeutete allen Geschwistern etwas, deshalb ließ ich es gut sein. Nachdem ich noch einmal nachgebohrt hatte.

„Du wirst mich nicht verlassen, so wie du alle Mädchen vor mir nach dem Beischlaf verlassen hast?"

„Versprochen, Beth"

Ich nickte beruhigt, bevor ich kurz schniefte. Novel schob seinen Stuhl zurück und zog mich auf die Beine. Zuerst drückte einen Kuss auf meine Nase, bevor er mich einmal lachend im Kreis drehte. Ob er damit jemals damit aufhören wird? Hoffentlich nicht. Schmunzelnd ließ ich mich gegen seine Brust sinken und hörte auf seinen Herzschlag, der regelmäßig gegen seine Brust drückte.

„Das mit dem Hochzeitskleid ist geklärt?" – „Es sind alle wirklich großzügig" Novel lächelte zufrieden auf mich hinunter und drückte mich auf den Stuhl. Endlich wurde das Essen gebracht. Novel warf mir immer wieder einen skeptischen Blick zu. Ich wusste, er würde gerne mehr über das Hochzeitskleid erfahren, aber das musste vorerst mein Geheimnis bleiben. Leila ließ es die Kaiserin und mich schwören, dass wir niemanden ein Sterbenswörtchen über die Details verraten würden. Ein angenehmes Kribbeln jagte durch meinen Körper, wenn ich daran dachte.

Während des ersten Ganges verfielen wir in ein angenehmes Schweigen. Es gab irgendetwas sehr exotisches, das wirklich lecker schmeckte. Die wirklich spannenden Dinge aß ich meistens in Leilas oder Novels Gesellschaft. Mich überlief ein warmer Schauer, wenn ich an das Glück dachte, dass ich mit ihm hatte. Ich musste alles dafür tun, dass es so bleibt!

„Versprich mir, dass du es mir sagst, sollte ich dir in irgendeiner Art zur Last fallen. Vor allem finanziell"

„Dann versprich du mir, dass du mir Bescheid gibst, wenn du Hilfe brauchst"

Ich wusste wie schwer es Novel viel darauf zu vertrauen, dass ich zu ihm kam, anstelle das er mich einfach kontrollierte. Deshalb rang ich mir ein Lächeln ab, atmete einmal tief durch und erzählte ihm, dass ich nur mehr eine Hofdame hatte. Ich merkte, wie sich Novels Gesicht sofort verändert. Zwischen wütend und traurig, aber dann schlich sich immer wieder ein Lächeln dazwischen. „Deshalb musste ich dir mit der Kette helfen" – „Ja, meine Hofdame hatte heute ihren freien Abend" Novel blies langsam Luft aus und nickte. „Es tut mir leid, dass ich dich in diese Situation gebracht habe, Beth" – „Mir nicht" 

NovelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt