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Camilla
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6 Wochen später
Unruhig trat ich von einem Schritt auf den anderen. Estia griff beruhigend nach meiner Hand, worauf ich sie dankbar anlächelte. Wir sprachen eine Mischung aus Griechisch, Französisch und Englisch miteinander, wobei mein Griechisch von Tag zu Tag besser wurde. Ich vermutete, sie wollte mir mit dieser Aussage schmeicheln.
Wenn ich diese Reise mit meiner letzten nach Italien vergleiche, fällt mir generell auf, dass Adel und Bürgertum mir wohlgesonnener sind. Novel, der gerade mit einem Ruderboot an Land gebracht wird, kann zufrieden sein. Paget ist hier einerseits gut aufgehoben und andererseits, ist die neue Geheimgesellschaft dem Kaiserpaar treu ergeben.
Novel und seine Geschwister wandten die Köpfe neugierig in alle Richtungen. In den letzten Wochen stand ich zu allen in brieflichen Kontakt, aber besonders die Briefe zwischen Novel und mir waren von einer höfischen Distanz gekennzeichnet. Wir konnten nicht so frei schreiben wie wir sprachen und es machte mich nervös nicht zu wissen, wo Novel und ich im Moment standen.
Besonders weil ich das Gefühl hatte, dass sich mein Körper in der letzten Zeit verändert hat.
Novel sprang mit einer sicheren Bewegung vom Boot und signalisierte uns damit eine gewisse Ungezwungenheit. Ich hatte nur die notwendigsten Verbündeten zu diesem Treffen mitgebracht, weil ich meine Familie, endlich konnte ich so nennen, gerne für mich alleine hätte. Ich genoss meine Zeit hier in vollen Zügen, aber die Tage waren voll und ich hatte mich daran gewöhnt, Novel um mich zu haben. Ich konnte es kaum erwarten, dass wir endlich wieder alleine waren und Zeit füreinander hatten.
Gemeinsam mit einem der Soldaten der Schiffsbesatzung half Novel seinem Zwilling Avel, George und Leila aus dem Boot. Ein Stein fiel mir vom Herzen, als Paget nicht in diesem Boot war. Als sich Novel uns endlich zuwandte, konnte ich ihn nur für einen Moment anlächeln, da alle um mich herum knicksten und ich ihnen folgte.
Novel half mir sofort auf die Beine und in seinem Blick spiegelte sich dieselbe Unsicherheit, die ich fühlte. Als seine Lippen meine Hand berührten, überzog mich sofort eine Gänsehaut. Novels Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, dass ich sofort erwiderte. Hastig gab ich Novels Gefolge ebenfalls die Erlaubnis sich zu erheben.
Novel trat gerade noch rechtzeitig zur Seite, bevor Leila mich in eine innige Umarmung zog. Ihr Gesicht hatte ein bisschen mehr Farbe, stellte ich mit Erleichterung fest. Avel und George küssten mit formell und mit einem Blitzen in den Augen die Hand. „Du hast uns sehr gefehlt", raunte George und nickte sachte in Novels Richtung, der seinen Blick wieder über den hölzernen Steg wandern lässt, der zum Anwesen hinauf führt. Widerwillig verzog ich meinen Mund. Ich konnte nicht begreifen, warum Novel ständig einen Vermittler zwischen sich und anderen brauchte.
Als hätte er erraten, dass wir über ihn sprechen, wandte er sich zu mir um. „Herzlich willkommen auf Kreta, Majestät", hieß ihn förmlich willkommen und drückte ihm einen Kuss auf Wange. Novel legte für einen Augenblick die Arme um meine Taille und ich konnte den Moment nicht erwarten, wo wir endlich alleine waren, damit ich mich an ihn schmiegen konnte.
„Darf ich Euch unsere neuen Verbündeten vorstellen?", fragte ich mich und räusperte mich schnell, um die Rührseligkeit aus meiner Stimme zu bekommen. „Das ist Estia, meine neue Sprachlehrerin", stellte ich meine neue Begleiterin vor und sie knickste vor Novel. Der Blick dem sie ihm zuwarf war weit weniger wohlwollend, als ich angenommen hatte. Sie war mir in den letzten Wochen ans Herz gewachsen und wenn mich nicht alles täuschte, hatte sie die Absicht, die Insel in meinem Gefolge zu verlassen.
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Novel
Fiction HistoriqueDorians Flucht reißt nicht nur Lavinia den Boden unter den Füßen weg, sondern auch ihren Kindern, die mittlerweile zu jungen Erwachsenen herangewachsen waren. Novels vom Militär abgehärtete Seele vertraut sich erstmals einer italienischen Gräfin...