Beth
Prince Esposito schenkte mir Tee ein und zog den himmlischen Geruch tief ein. „Ich kann mich gar nicht genug bedanken, dass ihr mir ermöglicht habt hier zu bleiben", sagte ich zum bestimmt hundertsten Mal. Die beiden lächelten sich wissend an und ich wurde sofort rot. Sicherlich dachten sie jetzt an den Prinzen. Das ja auch zum Teil stimmte, aber es war die Landschaft und der Hof, die das Leben hier auszeichneten. Einfach magisch.
„Dann stimmt es also, dass der Kronprinz dir den Hof macht?"
„Bitte ratet mir nicht davon ab, Lauro. Dazu habe ich ihn schon viel zu sehr ins Herz geschlossen"
„Pass nur auf, dass du dich in nichts verläufst"
Plötzlich war seine gewöhnlich muntere Miene wie verflogen und ich setzte die Tasse ab, um seinen ersten Blick zu erwidern. Vielleicht musste ich gar nicht erst betonen, dass ich im Namen des Prinzen hier war. Wahrscheinlich ahnten sie es ohnehin.
„Möchtest du wirklich gehen, Lauro?"
„Die Kaiserin verbirgt etwas Comte Romano betreffend. Das werde ich nicht so stehen lassen!"
„Natürlich nicht! Aber was möchtest du von Italien aus ausrichten?"
Ganz der Diplomat presste er die Lippen zusammen und sah störrisch von mir weg. Das mir nicht unbedingt gefiel. Jetzt wusste ich nicht, woran er dachte. Es verstrichen elend lange Sekunden und ich stellte mich bereits darauf ein, berichten zu müssen, dass die italienische Abordnung abreisen würde. Da ich für den Aufenthalt hier eine Bestätigung brauchte, die sowohl von der Krone als auch von ihm unterzeichnet werden musste, werde ich ihm bald folgen.
„Es gibt eine Bedingung", stellte er klar und ich atmete erleichtert aus. Eine Bedingung bedeutete eine Chance. Außerdem zeigte das seinen guten Willen. Insgeheim liebte auch er dieses Land. „Wir haben in deine Beziehung mit dem Prinzen investiert. Deshalb möchte ich jetzt auch gerne Fortschritte sehen", forderte er und ich schloss für einen Moment die Augen. Also waren die Kleider keine Geschenke gewesen sondern lediglich ein Mittel um mich an ihn zu binden. „Lauro, das haben wir so nicht besprochen. Sie ist noch ein Kin..." – „Schweig" Seine Schwester und ich fuhren beide zusammen. Was war bloß in ihn gefahren? Die Princesse war eine Mutter für mich geworden an diesem fremden Hof. Er hatte sich zwar immer zurückgehalten, aber ich habe das nie als Ablehnung gedeutet.
„Du wirst unsere italienischen Interessen beim Kronprinzen schützen, egal wie!"
„Ich bin nicht Eure Hure, Lauro"
„Sei nicht so vorlaut, minore l'uccelletto"
Ich schloss für einen Moment meine Augen. Er kannte meinen italienischen Kosenamen. Ich sollte es Gabrielle sagen. Aber denn müsste ich ihm auch erzählen, was ich getan hatte. Sofort schüttelte ich den Kopf. Ich konnte das nicht machen. Nicht nochmal.
„Was wünscht Ihr?"
„Heirate ihn"
Novel
Beth umwehte dieser süße Duft, als sie lachend aus ihrem Ankleidezimmer kam. Ihr Italienisch klang wie Musik in meinen Ohren. So voller Leben und Freude. Wenn ich mir Recht erinnere, hatte ich sie noch nie in ihrer Muttersprache reden gehört. Ihre Freude war ansteckend.
Als vor mir in einen Knicks sank, erhaschte ich einen Blick in ihr Dekolleté. Sofort schämte ich mich, ihre Position so ausgenutzt zu haben. Ich drückte ihre Hand in meine und presste meine Lippen an ihre Stirn. Solange ihre Hofdamen um uns herum waren, musste ich mich zusammennehmen. „Du nimmst mir eine riesen Last von den Schultern. Wie hast du es bloß geschafft, sie davon zu überzeugen?", fragte ich und bot ihr meinem Arm. Ihr Lächeln verschwand im selben Moment und sie zuckte lediglich die Schultern. Vergebens suchte ihren Blick.
Ich würde sie gerne zur Rede stellen, irgendetwas aus ihr herauskitzeln, aber sie war so schweigsam. Sah mich nicht an und ich getraute mich nicht das Wort zu ergreifen aus Angst, ich könnte alles nur noch schlimmer machen. Wahrscheinlich war es doch zu viel, sie zu den Diplomaten zu schicken. Immerhin waren das ihre Landsleute!
„Willst du mir nicht sagen, was dir fehlt?", fragte ich schließlich vorsichtig, worauf sie augenblicklich zusammenzuckte. So hatte ich sie noch nie gesehen. Wenn mich nicht alles täuschte war das Angst in ihren Augen. Wie gut ich dieses Gefühl doch kannte. Doch hatte ich gehofft, es bei ihr nie sehen zu müssen. Ihre Augen waren seltsam geweitet und obwohl die Sonne bereits unterging, konnte ich den verräterischen Glanz in ihren Augen sehen. Wie weggeblasen war ihr Strahlen und Lachen.
„Was immer es ist, ich helfe dir dabei"
„Umarmst du mich?"
Ihre Stimme klang so dünn, dass es beinahe wehtat. Sie hatte ihre Augen für einen Moment geschlossen, bevor sie sich einfach an mich drückte. Rein instinktiv zog ich sie näher an mich. Viel zu eng für eine tröstende Umarmung. Aber ich konnte nicht anders. Sobald sie in meiner Näher war, wollte ich sie permanent spüren. Alles in mir verknotete sich, als ich das leichte Beben unter mir spürte. Sie war ein Engel. Mein Engel.
„Bitte, Beth. Ich will nicht, dass du traurig bist", flehte ich und hob ihren Kopf an. Sie kam meinem Gesicht ganz langsam näher. Hauchte unzählige Küsse auf meine Kinnpartie, bevor sie endlich bei meinem Mund angekommen war. Ich griff nach ihrem Gesicht um sie endlich an mich zu ziehen.
Ich Egozentriker hatte nicht bemerkt, dass sie noch immer weinte. Schweigend drückte ich meine Lippen auf ihre Stirn und legte meinen Arm um sie. Vielleicht brauchte sie ein bisschen Zeit, bis sie mir sagen würde, was ihr fehlt. Aber bis dahin werde ich sie nicht alleine lassen.
„Ist schon gut, Beth", ich brachte sie in den Salon, der unsere beiden Gemächer durch den Geheimgang verband und drückte sie auf einen provisorisch aufgestellten Tisch. Ich war mir nicht sicher, ob sie durch ihren Tränenschleier überhaupt mitbekam, was hier vor sich ging. Schnell steckte ich meinen Kopf durch die Tür und befahl, dass uns Essen gebracht werden sollte. Niemand durfte mehr daran zweifeln, dass Beth mein Ein und Alles war.
„Beth", ich kniete mich vor sie auf den Boden und hauchte Küsse auf ihre Handknöcheln. Sofort schloss sie ihre Augen und seufzte genüsslich auf. Von diesem Geräusch würde ich nie genug bekomme. Vorsichtig zog ich ihren Kopf zu mir herunter und stellte zufrieden fest, dass ihre Tränen getrocknet waren. „Siehst du, alles wird gut", beruhigte ich sie. Beth zog sich zurück und ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie mir durch die Haare strich. Keinen Moment später erhob sie sich und ging zielstrebig zur Tür.
„Alles wird gut für Euch, mein Prinz. Keine Sorge"
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Was glaubt ihr, ist Beths Geheimnis?
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Novel
Historical FictionDorians Flucht reißt nicht nur Lavinia den Boden unter den Füßen weg, sondern auch ihren Kindern, die mittlerweile zu jungen Erwachsenen herangewachsen waren. Novels vom Militär abgehärtete Seele vertraut sich erstmals einer italienischen Gräfin...