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Novel
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Müde rieb ich mir über das Gesicht und stolperte ungeschickt die Stufen zu Mamas Anwesen hinauf. Ich glaube, ich habe einige Stunden geschlafen, aber sicher war ich mir nicht – so wie ich mich fühlte, war es eher unwahrscheinlich. Ein kräftiges Pochen in meinem Kopf begleitete jeden meiner Schritte und ich presste schmerzhaft stöhnend meine Handfläche gegen meine Stirn.
Der Duft aus dem Frühstückszimmer nach frischen Gebäck ließ mich meine Pläne ändern. Ein kleiner Imbiss würde mir nicht Schaden und vielleicht meinen Rausch ein bisschen dämpfen, damit ich besser schlafen konnte. Aber bevor ich durch die Tür aus dem Foyer treten konnte, sah ich, wie sie sich von der Seite unserer Privatgemächer öffnet und Camilla durch die Tür kam.
„Ich hatte schon befürchtet, du wirst früh aufstehen", George erhob sich seufzend vom Frühstückstisch und zog Camilla in eine innige Umarmung. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und ihre Schultern bebten, auch wenn sie kein Geräusch von sich gab. „Er ist also noch nicht zurückgekommen", vergewisserte sich George und ich hätte ihn gerne für seine Unbedachtheit getreten. Sah das so aus, als hätte sie eine Nacht mit mir verbracht? „Nein, also spar dir bitte noch etwas Mitleid für morgen auf, sollte er es heute Nacht in mein Bett schaffen", scherzte sie und ihre Stimme klang erstickt und verbitterter, als ich es je erlebt hatte. Er führte sie zu Tisch und Camilla goss sich sofort eine Tasse randvoll mit Kaffee. Es schien noch sehr Früh zu sein, da außer die üblichen Kleinigkeiten für George, der bereits immer sehr früh aufstand, noch nichts am Tisch stand.
„Weißt du, wir haben ja alle gewusst, dass Novel mich nicht will", brachte sie schließlich erstickt hervor und George seufzte auf. Stimmte er ihr in etwa zu? Natürlich wollte ich, dass es ihr gut ging und dass sie sicher war und ich hatte vor, ihr ein gutes Leben zu ermöglichen. Eines, das ganz ihren Vorstellungen entsprach. Warum verlangte dann bloß jeder von mir, dass ich ihr ständig um den Hals fiel?
„Er trauert noch, Camilla", versuchte mich George aus der Affäre zu ziehen und ich klopfte ihm gedanklich auf die Schultern. Endlich hatte er Mal etwas Richtiges gesagt. „Das ist mir auch klar, aber ich habe ... ich habe nicht gewusst wie weh es tut, einen Menschen zu lieben, der die Liebe nicht erwidert", Camilla fuhr sich verzweifelnd über das Gesicht. Ich hörte nicht mehr, was sie weiter sagte, da ich eine Hand auf meiner Schulter spürte, die mich von der Tür zurückzog.
„Ich glaube, wir schaffen Euch erst Mal ins Bett, Majestät, und lassen Camilla ihre Geheimnisse", forderte Gabrielle und schob mich in Richtung Treppe. Ich hätte gerne protestiert, aber ich wusste nicht, was er gestern alles gesehen hatte und was er davon Camilla erzählen wird, deshalb sollte ich ihn besser nicht verstimmen.
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Als ich aufwachte, fühlte ich mich um einiges besser. Mein Adjutant sah mich schmunzelnd an, als ich in meinen Salon schlenderte. Er legte die Zeitung von seinem Schoß und lächelte mich tadelnd an. Aber die Wärme in seinem Blick sagte mir, dass er ich auf ihn zählen konnte.
„Habe ich etwas verpasst?", fragte ich gelassen und errötete einen Moment später. Natürlich, ich hatte meine Hochzeitsnacht verpasst. Mein Adjutant zog die Augenbrauen hinauf, beschloss aber erneut, nichts dazu zu sagen. „Bis auf den Lunch nicht, Majestät. Aber es ist ein Goldschmied hier, der ein Präsent für die Princesse hat", teilte er mir mit und erhob sich im selben Moment. Die Härte seiner Worte lies mich zusammenfahren und mir war klar, dass er in voller Absicht so gesprochen hatte. Da ich Camilla nicht beigewohnt hatte, war sie immer noch die Princesse Romano und nicht die Kronprinzessin.
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Novel
Historical FictionDorians Flucht reißt nicht nur Lavinia den Boden unter den Füßen weg, sondern auch ihren Kindern, die mittlerweile zu jungen Erwachsenen herangewachsen waren. Novels vom Militär abgehärtete Seele vertraut sich erstmals einer italienischen Gräfin...