SpencerWie, als hätte Elliott sich erneut eine Maske aufgesetzt, wirkte sein Gesicht ausdruckslos. Es war schon fast erschreckend, wie perfekt sich die helle Haut über die hohen Wangen Knochen spannte; die roten Lippen und langen Wimpern, welche braune, kühle Augen umrahmten.
"Wie lange wollen sie mich noch anstarren?", wollte der Kleine plötzlich wissen.
Ertappt wand ich meinen Kopf wieder nach vorne auf die Straße. Zum zweiten Mal diesen Tags', saßen wir in meinem Auto, nur mit dem Unterschied, dass Eye dieses mal wach war und neben mir auf dem Beifahrersitz saß. Er hatte seinen Blick stur geradeaus gerichtet und die dünnen Arme vor der Brust verschränkt.
Gentleman like entschuldigte ich mich für mein Staren und fragte nach seiner Adresse, welche er mir daraufhin nannte und ich dann los fuhr.Es dauerte nicht lange, bis wir vor dem mehrstöckigem Haus ankamen, was ziemlich alt aussah. Ich hatte eigentlich mit einer Villa oder ähnlichem gerechnet, da die da Vinci's ziemlich reich waren und ein Anwesen besaßen. Als ich die Autotür knallen hörte, merkte ich dass Elliott längst ausgestiegen war und bereits auf die Haustür zu ging. Schnell tat ich es ihm gleich - ich wollte schließlich nicht, dass der Kleine doch noch irgendwie flüchtete - und folgte ihm in den Eingangsbereich, direkt auf eine Treppe zu. Im vierten Stock hielt Elliott dann vor einer Tür, schloss auf und betrat das dahinter liegende Appartement. Ich tat es ihm gleich und ließ meine Augen darauf durch die offenen Räumlichkeiten gleiten. Was mir als erstes auffiel; dass es sehr ordentlich war. Und damit, meinte ich nicht ordentlich aufgeräumt, sondern ordentlich leer! Vereinzelt gab es ein paar Karton's, die herum standen und darauf warteten ausgepackt zu werden. Ansonsten gab es nur noch ein Sofa und die Küchenzeile - letzteres machte den Anschein, seit längerer Zeit nicht mehr angerührt worden zu sein. Ein hauch von Besorgnis kam in mir auf.
Ich ging weiter in die Richtung, in die Elliott verschwunden war und betrat einen komplett dunklen Raum. Das Fenster war von schwarzen Vorhängen verdeckt und die einzigste Lichtquelle waren die Bildschirme mehrer Computer.
Meine Augen wurden riesig, als ich den ganzen Kram an elektrischen Geräten sah. Das wahr also Eye's Versteck!
Erstaunt musterte ich alles. Doch auch hier fiel mir auf, dass es bis auf einen weiteren Stuhl nichts anderes in diesem Raum gab. Kein Schrank. Kein Bett. Nichts! Nur diverse PC's, Laptops und Server sowie andere Teile, die ich nicht kannte. Bevor ich hätte nach fragen können, sagte Elliott: "Stehen sie da nicht so blöd rum, sondern helfen sie lieber." Ich kam seiner Aufforderung nach und tat es ihm gleich, einige der Geräte sorgfältig in die dafür vorgesehenen Hüllen zu legen, um sie danach in einem Rucksack zu verstauen.Relativ schnell, waren wir dann auch schon wieder zurück im Hauptquartier, wo uns die Security am Eingang empfing. Da sie mich kannten, wollten sie nur Elliott nach Waffen oder sonstigem durch suchen. Jedoch übernahm ich das lieber und zog den Kleinen in eine der Umkleideräume, wo ich ihn bat sich auszuziehen.
"Ganz sicherlich nicht!", entgegnete er und ging konstant einen Schritt nach Hinten. "Es ist aber eine Vorsichtsmaßnahme, ansonsten kommst du nicht ins Gebäude."
"Sie.", korrigierte Elliott, "Es heißt sie. Und nein, ich werde mich nicht ausziehen, um mich dann von ihnen abtasten zulassen!" "Meinetwegen; aber dann werden es die Securitymänner machen und die werden nicht so vorsichtig mit dir-ihnen umgehen, wie ich es getan hätte.", sagte ich und sah wie Elliott seinen Kiefer aufeinander presste. "Du kannst ausnahmsweise auch die Unterhose anlassen.", schlug ich ihm dann vor.Es dauerte, bis Elliott soweit war und mich aufforderte mich umzudrehen, was ich auch tat. So wartete ich und hörte schließlich nach einigen Minuten, wie er anfing sich zögerlich auszuziehen. Als er fertig war, drehte ich mich langsam wieder um und musterte den Jungen vor mir. Der Kleine war wirklich ziemlich schmächtig, so das man teils seine Knochen sah, was ihn nur noch mehr so wirken ließ, als wäre er zerbrechlich. Ich konnte ihm ansehen wie unangenehm ihm diese Situation war. Elliott hatte seine Arme um den Oberkörper geschlungen und den Kopf zur Seite gedreht. Immer noch langsam ging ich auf ihn zu und hockte mich halb vor ihm hin. Vorsichtig löste ich seine Arme und begann dann damit ihn nach Fremdkörpern abzusuchen.
Mittlerweile hatte Elliott seinen Kopf in Nacken gelegt und starrt an die Decke, während sein Körper unter jeder meiner Berührungen zusammen zuckte. Alles an ihm war angespannt. Seine Atmung ging zittrig und als ich zu ihm hoch schaute, sah ich wie er seine Augen und Lippen zusammen presste. So wie er aussah, muss es wirklich schlimm für ihn sein, diese Prozedur über sich ergehen zulassen. Ich wollte etwas beruhigendes zu Elliott sagen, doch ließ ich's lieber bleiben und entfernte mich wieder: "Okay, du kannst dich wieder anziehen." Erleichtert öffnete er seine Augen, vermied jedoch zu mir zu sehen und zog seine Klamotten wieder über.
Zu zweit verließen wir dann die Umkleide und nahmen von der Security Elliott's Rucksack wieder entgegen. Dann wies ich dem Kleineren an mir zu folgen und machte mich auf dem Weg zu Edward, ließ dabei jedoch kein einzigstes Mal meine Augen von Elliott.Vorm Büro des Leaders angekommen, klopfte ich an und öffnete nach einem 'Herein' die Tür. Garcia war ebenfalls da und musterte von ihrem Platz aus Elliott.
"Ah, da seit ihr ja.", fing der silber haarige an und deutete uns an, uns zu setzten - notgedrungen nahm Elliott zwischen Garcia und mir Platz. Dann sprach Edward auch schon an ihn gewandt weiter: "So, da du-" "Es heißt Sie.", unterbrach ihn Elliott.
"Da du-", wollte Edward einfach weiter machen, wurde aber jedes Mal aufs Neue vom Kleinen korrigiert. Genervt fuhr der Leader sich durchs Haar und ließ sich schlussendlich darauf ein. "Da sie Mr. Da Vinci für längere Zeit nun bei uns bleiben werden, gibt es ein paar Regeln denen sie folge leisten müssen. Darunter, dass alles was sie machen und tun, von James beobachtet wird, damit es nicht zu irgendwelchen ungewollten Problemen kommen sollte. Außerdem, will ich das Sie mich über alles informieren, was sie im Zusammenhang mit der Hackergruppe herausfinden.", so ging das noch einige Minuten weiter, bis Edward mit "Solltest du jedoch weiterhin nicht mit uns kooperieren, ist die Zelle in Brixton schnell besetzt." endet. Mit dem Lächeln, welches Edward immer auflegte um Autorität auszustrahlen, erhob dieser sich und blickte auf Elliott herab - wartend auf eine Reaktion. Elliott aber, hielt dem Blick emotionslos stand und gab keinen Mucks von sich, obwohl man an seiner Körperhaltung erkennen konnte, dass ihm das Alles hier ganz und garnicht gefiel."Na schön, dann wird's ja Zeit, an die Arbeit zu gehen!"
Wir folgten Edward aus seinem Büro und gingen einen langen Flur entlang. Garcia lief mit vor ran, tippte neben bei auf ihrem Tablett herum und gab plötzlich einen sehr erstaunten Ton von sich. Begeistert lehnte sie sich zu Edward rüber und erzählte irgendwas von 'Inselbegabungen' im Zusammenhang mit Elliott. Dabei schaute Sie mehrfach über ihre Schulter und auch Edward konnte sich einige bewunderte Blicke, in Richtung des Jungen nicht verkneifen. Das schien Elliott allerdings mächtig zu stören, denn genervt fragte er: "Könnten sie damit aufhören, mich so anzustarren, als währe ich eine Attraktion?"
"Aber es ist unglaublich! Du-Sie gehören nicht nur zu den 2% an Weltbevölkerung, welche Hochbegabt sind, sondern besitzen auch noch ZWEI Inselbegabungen - was in ihrem Fall mehr als nur selten ist, da ihr Intelligenzquotient überdurchschnittlich ist!", schwärmte Garcia. Elliott blieb einfach nur stumm.Am Ende des Flurs, blieb Edward vor der letzten Tür stehen und entriegelte diese. Dahinter erstreckte sich ein einfacher Raum, mit einer Fensterfront als gegenüberliegende Wand. Senkrecht dazu stand ein Schreibtisch und rechts neben der Tür befand sich ein provisorisches Bett.
"So, das wird dein Zimmer für die nächsten Tage bei uns sein. Hier hast du genügend Platz, um dein Superhirn tanzen zu lassen. Solltest du noch irgendetwas brauchen, dann-" Ohne Edward zu zuhören ging Elliott an ihm vorbei, ließ seine Tasche auf den Boden sinken und unterbrach den Leader: "Die Fensterrollos müssen runter; es ist viel zu hell hier drin. Ansonsten würde ich es für angenehmer empfinden, wenn sie endlich damit anfangen würden mich zu siezen oder sie einfach gleich, mit dem Reden aufhören würden." So hockte sich der Kleinere neben seine Sachen und fing an, die Computerbildschirme nach einanderen hervor zu holen und auf dem Boden aufzubauen. Von Edward hörte man nur ein gepresstes 'Natürlich', während ich Elliott bei seinem Tun beobachtete.Unwillkürlich musste ich den Kopf schütteln. Ich, wir hatten wirklich The Eye, das Verbrecher Genie weltweit, 'geschnappt' und nun, ohne weitere Proteste an unserer Seite? Es wirkte beinahe wie ein Traum, eine absurde Vorstellung - ich fühlte es einfach nicht! Das war fast schon zu einfach, zu simpel. Ob es daran lag, das Elliott nicht in dieses Bild, welches ich mir über die Jahre von The Eye aufgebaut hatte passte oder daran, das mein Plan, bis jetzt, zu gut aufging, wusste ich nicht.
Mein Blick wanderte ein Mal über den zierlichen Jungen vor mir und ließ mich seufzen.Der Teufel verkleidet als Engel...
DU LIEST GERADE
Lizenz zum Genie
Mystery / ThrillerErst wenn die schützende Maske zerbricht, man Schachmatt ist und alles nur noch auf dieses eine dunkle Ziel hinzu läuft und schon alles verloren scheint, erst dann macht es dem Genie Spaß zu spielen... Elliott, ein Junge welcher zu den 2% der Weltbe...