ZU HAUSE

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Elliott

Heimweh.

Die Sehnsucht nach dem Ort, wo man sich sicher und geborgen fühlt; wo jemand bestimmtes der dich und du ihn liebst, auf dich wartet. Die Ruhelosigkeit die einen ergreift, wenn man seine vertraute Umgebung verlässt. Das unruhige Kribbeln, was sich im Inneren eines jeden aufbaut, wenn man wieder zurückkehrt.

Etwas, was ich nie hatte.

Weder damals, noch heute.

Ich hatte unser Anwesen auch nie wirklich verlassen, als ich noch jünger gewesen war. Zu groß war die Angst meiner Mutter gewesen, das mir irgendwas schreckliches passieren könnte. Zu groß war die Angst meines Vaters, das ich hätte etwas schrecklicheres machen können. So wuchs ich also wie der seltenste Vogel, in einem Käfig aus purem Luxus auf.

Und nun war ich wieder hier.

In dem goldenen Gefängnis, welches ich vor  sechs Jahren verlassen hatte.

Ich befand mich im Salon, saß auf dem Sofa und weigerte mich, seid meiner unfreiwilligen Ankunft, irgend ein anderes Zimmer zu betreten. Ich wartete einfach. Auf was, wusste ich noch nicht genau, aber spätestens als ich eine Tür und darauf folgend Schritte hörte, hatte sich das erledigt. Es dauerte nicht lange und ich bekam auch schon Gesellschaft.

Emotionslos sah ich dem Mann entgegen.

Sebastian Morgen.

"Du bist alt geworden." Sein Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. "Selbst die Zeit zieht nicht Spurlos an mir vorbei.", Sebastian musterte mich innig, "Genauso wenig wie an dir. Du hast dich ebenfalls verändert. Dein Abbild ist ihm ähnlicher geworden. Es währe eine Untertreibung, wenn ich sagen würde, dass du nich hübscher als damals geworden bist." Abwertend schnaubte. Weder das eine, noch das andere wollte ich hören und drehte deswegen meinen Kopf demonstrativ weg. "Deine Art scheint sich im Gegenzug, aber nicht verändert zu haben.", lachte Sebastian, kam auf mich zu und blieb dann vor mir stehen.
Der belustigte Ton in seiner Stimme verschwand, als er sagte: "Ich, wie haben dich vermisst, Prinz. Es ist schön, dich nach all der Zeit wiederzusehen." "Dieses Kompliment kann ich leider nicht zurück geben." "Das hätte ich nach deinem grandiosen Tötungsdelikt auch nicht erwartet." Gereizt kniff ich meine Augen zusammen: "Wäre er wirklich so grandios gewesen, dann würde mir dein Anblick jetzt erspart bleiben! Was wollt ihr überhaupt von mir? Euch rächen? Mir die Hölle auf Erden bescheren, bis ich selbst zum Messer greife? Oder übernimmst du den Part, mit der Klinke, genau wie an dem Mann in der Aldwychstreet? Du musst dann nur etwas aufpassen, dass du dich nicht zu sehr austobst, so das Henry und Liam auch noch Spaß an meinem Körper haben können. Am besten bestellt ihr einfach gleich die ganzen Stockärsche des Underground's her. Dann könnt ihr nämlich wieder eure beschissenen Masken aufsetzen und euch an dem Anblick des Spektakels ergötzen, welchen ihr mit meinem auch so bildhübschen Körper veranstaltet!"

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, starte auf diese nieder und versuchte mein Pokerfaces zu bewahren. Der leise Gedanke, das ich jetzt gerade gerne bei Spencer wäre, schlich sich in meinen Kopf. Ich musste mir verstörend selbst eingestehen, dass ich seine Anwesenheit genoß und schon irgendwie...vermisste. Trotzdem schob ich diese Gefühle immer noch auf den Entzug meiner Medikamente und das meine Synapsen dadurch nicht ganz richtig funkten - das ich es natürlich besser wusste, ignorierte ich.

"Wo sind eigentlich die Zwillinge? Die beiden wahren anfangs ja ganz euphorisch mich wieder zusehen und jetzt sind sie nicht einmal hier?", fragte ich. "Oh, die beiden spielen gerade etwas, mit dem Wachhund der Königin. Ein harter Bursche, das muss ich ehrlich zugeben. Bis jetzt hält er noch ganz gut durch, wo andere schon nach Sekunden aufgegeben hätten." Missbilligend sah ich zu Sebastian hoch, denn es gefiel mir zum einen nicht, was er da gerade gesagt hatte und zum anderen wie er es gesagt hatte.

"Ich will zu ihm.", meinte ich dann und erhob mich von dem Ledersofa. "Nun doch Lust bekommen, einen kleinen Spaziergang durchs alte Heim zu machen?", grinste Sebastian süffisant, "Oder ist es lediglich der jungendliche Trieb, welcher dich zu deinem Blondchen hinzieht?" Ich verzog meine Brauen: "Sex ist nichts, was mich interessieren würde. Das müsstest du eigentlich wissen. Ich bin nicht dazu geboren worden, Gefühle und Liebe nachvollziehen und verstehen zu können." "Selbst du, wenn auch auf deine ganz eigene Art, kannst Lieben mein Prinz." "Du scheinst ja immer noch der gleiche Moralapostel zu sein, wie damals bei meinem Vater. Was hast du noch gleich immer zu ihm gesagt? 'Selbst ein König der Dunkelheit, kann Zuneigung empfinden, doch zeigt er diese, wie als würde er eine eigene Fremdsprache sprechen - entweder verstehen andere sie oder sie verstehen sie nicht .'" "Was für wahre Worte, von so einem ach so weisen Mann wie mir.", lobte der schwarz haarige sich selbst, "Aber am besten, wahren doch immer noch die von Vincent selbst. Seine Worte waren steht's bedacht und bedrohlich zu gleich, versteckt hinter einer anerkennenden Eleganz. Ja, er war durch und durch König; er lebte diesen Titel nicht einfach nur, er hatte ihn im Blut. Ein Mann wahrer Klasse. Schade das er uns schon so früh hat verlassen müssen." "Natürlich. Sehr schade.", ironisch betonte ich jedes Wort einzeln.

Für einen Moment sah mich Sebastian stumm an. "Ich meine es ernst Elliott. Vincent war neben seinem Job, aber vor allem eines: Vater! Er hat Blair und ganz besonders dich geliebt und zwar mehr als sein eigenes Leben. Ich weiß nicht, ob du es jemals mitbekommen hast oder nicht, aber du warst der Grund, der ihn hat jeden Tag aufstehen lassen. Vincent war krank, todkrank - die Ärzte hatte ihm nicht mehr lange gegeben - und du warst in dieser Situation sein Lichtblick. Ihm war egal, das er bald sterben würde, solange es dir gut ging. Das war das einzige, was ihn jemals wirklich interessiert hatte: dich! Denn du warst/bist sein Stern. Sein kleines Miniwunder! Sein Supergenie!"

"Sehr hübsch von dir, wie du die Liebe dieses Bastards zu mir beschreibst. Nur habe ich selbst davon nie etwas mitbekommen. Und jetzt will ich endlich zu Spencer. Also, wo ist er?", forderte ich zu wissen. Sebastian gefiel es sichtlich nicht, wie ich von meinem Vater sprach. Er wollte etwas sagen, doch hielt sich damit zurück.

"Unten.", antwortete er mir dann, "Dein Blondchen ist unten."
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Back to the old time's...

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