ABLENKUNG

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Spencer

Mit verschränkten Armen hinterm Kopf, lag ich auf meinem Bett und starte an die Decke.

"Was übersetzt bedeutet: Der Rum für dich. Der Tod für mich..."

Seit Stunden ging mir dieser Satz nun schon durch den Kopf und ließ mich nicht in Ruhe. Als diese Worte über Elliott's Lippen kamen und er dabei auch noch so unbekümmert, ja fast schon gelangweilt aussah, hatte sich urplötzlich irgendwas in mir verändert. Keine Ahnung Was, aber es war wie ein Schalter, welcher umgelegt wurde.
Im ersten Moment war ich zu geschockt gewesen, um überhaupt zu realisieren, was genau Elliott gesagt hatte, bis ich es dann gecheckt hatte. Und die Erkenntnis, die da nach eintrat, war schlimm.

Denn er hatte Recht.

Am Anfang konnte ich ihn nur traurig und bemitleidenswert ansehen, doch dann machte sich übergangslos Wut in mir breit. Und das nicht auf Elliott, sondern auf mich. Auf mich selbst, das R.S.G. - auf die Person, die Elliott zu dem gemacht hatte, was er nun war und zum Schluss, dann doch auf Elliott, da er dies alles so leicht hinnahm. Und weil ich mit diesem plötzlichen und eigentlich nicht bestehend dürfendem Gefühlschaos nicht klar kam, bin ich gegangen. Einfach raus aus der Tür. Ich bin wie ein gebissener Hund weggelaufen - habe den Schwanz eingezogen. Und nun lag ich hier, nichts tuend, außer sämtliche Fragen aufzustellen, auf die ich so eh keine Antworten bekommen würde und die mich nur noch nachdenklicher machten, dass ich schon Kopfschmerzen bekam.

"Argh!"

"Buen dios, wasen mit dir los?"

Erschrocken schreckte ich aus meinen Gedanken. Im Türrahmen stand Emma und musterte mich von dort aus, mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ausatmend ließ ich meinen Kopf wieder ins Kissen sinken. "Nichts.", gab ich ihr dann als Antwort und machte mit dem weiter, was ich schon die ganze Zeit tat - die Decke durchlöchern. "Nach Nichts sieht das aber nicht aus.", die Spanierin kam auf mich zu und lies sich dann ungefragt neben mir auf dem Bett nieder, "Also, was beschäftigt meinen Spencer?" "Nichts.", wiederholte ich, woraufhin Emma sagte: "Es geht also um Elliott, interessant." Überrascht, dass sie ins Schwarze getroffen hatte, ruckte mein Kopf zur Seite. "Ich sagte doch, es ist nichts." "Was hat denn dein Supergenia dieses Mal angestellt?", fragte die Forensikerin weiter, ohne auf mich einzugehen. "Sag mal, bist du taub?", auf meinen Unterarmen aufgestützt sah ich Emma an. "No." "Blind?" "No." "Warum fragst du denn dennoch weiter? Außerdem, woher willst du überhaupt wissen, dass es um Elliott geht?" Nun setzte sich Emma ebenfalls aufrecht hin: "Mi amor Spencilein, ich habe Augen im Kopf. Obendrein bin ich eine Frau - ich rieche so etwas Meilen gegen den Wind." "Dann funktioniert dein Frauensinn wohl nicht richtig - genau wie deine Augen, Garcia.", sagte ich gereizt. "Ich sehe doch wie du ihn an siehst Spencer." "Hä? Wir sehen ihn doch alle an?" "Aber nicht so wie du."

Ertappt.

"Ich weiß nicht, wo von Du redest.", versuchte ich mein Glück und sah sie desinteressiert an. Doch Emma konnte ich nicht austricksen - dafür kannte sie mich schon zu lange. "Du bist wie ein kleines Kind, Spencilein.", seufzte die Spanierin. Empört verzog ich mein Gesicht. "Entschuldigung?!" "Angenommen.", sagte Emma. Ich schüttelte nur den Kopf, musste dann aber lächeln. "Bueno, no pasa nada! Jetzt siehst du nicht mehr so aus, als würde gerade jemand sterben." Sofort verging mir mein Lachen wieder und ich musste erneut an Elliott's letzten Satz denken.

"Ups...das war dann wohl das falsche Thema...?"

Eine Zeit lang war es Still. Emma gab mir Zeit und wartete darauf, dass ich von mir aus anfing zu erzählen, denn neugierig, was denn nun mit mir und Elliott war, war sie immer noch. Doch irgendwann wurde es ihr dann wohl zu langweilig, denn seufzten rollte die Forensikerin sich auf die Seite, halb auf mich drauf.
"Wie währe es damit...", fing sie an, "wenn ich dich ein bisschen ablenke, mh? Deine Gedanken auf andere bringe." Leicht tanzten ihre rot lackierten Finger über meine Brust und ließen mich zu ihr schauen. Klimpernd erwiderte Emma meinen Blick von unten. Wissend, aber trotzdem nachfragend zog ich eine Augenbraue hoch: "Und wie willst du mich ablenken?" Meine Stimme war nur ein leises Raunen. Entzückt darüber, dass ich auf ihr Angebot ansprang, rutschte Emma auf mir weiter hoch. "Ich bin dafür, dass wir es so machen wie immer.", schnurrte sie und schon lag sie unter mir.

"Na dann, lass uns anfangen..."

"Gott!", stöhnend warf die Spanierin ihren Kopf in den, "Wie ich das mit dir vermisst habe, Spencer!", bevor sie das Ziel in Visier nahm und abdrückte. Laut hallte der Schuss in der leeren Halle wieder, ehe die Kugel, nur Millisekunden später die Scheibe durchlöcherte. Jubelnd nahm Emma ihre Schutzbrille ab: "Acht von zehn Treffern! Jetzt du, Sniper-King." Auffordernd verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah mich herausfordernd an.
Ich stellte mich in Position, hob meine Arme, mit der Trainingswaffe in den Händen und visierte konzentriert die Zielscheibe an, welche in einigen Metern Entfernung hing. Ruhig atmete ich zwei Mal ein und aus, bis ich den ersten Schuss löste - im Sekundentakt folgten die restlichen Neun und alle trafen einwandfrei in die Mitte; in den Schädel des Pappmenschens. Triumphierend grinste ich. Mich konnte keiner schlagen. Auch bei den nächsten Einheiten, war ich perfekt.

Gespielt schmollend schob Emma ihre Unterlippe vor und verglich meine Zielpappe, mit ihrer. "Angeber.", hörte ich sie währenddessen leise murmeln und musste lachen. "Tja, es kann halt nur einen Besten geben und der bin nun einmal ich und nicht du, meine Liebe Emma Garcia.", meinte ich hochtrabend. "Cuidado con tu lengua, Spencer James. Währen wir jetzt in meinem Labor, würde das hier ganz anders aussehen - dann würdest du, nämlich meinen Staub fressen!" Mit gerümpfter Nase sowie erhobenem Kinn, stolzierte die Ältere an mir vorbei. Immer noch lachend, folgte ich Emma und verließ neben ihr die Trainingshalle nach draußen, an die frische Luft.

Es war mittlerweile schon dunkel geworden, so dass am Himmel sich schon vereinzelnd Sterne zeigten, welche versuchten, mit dem Stadtlicht mitzuhalten. Ein angenehmes Lüftchen wehte und zerzauste meine blonden Haare, was sehr angenehm war. Ich genoß den Moment, der leider viel zu früh von niemandem geringerem als Emma natürlich zerstört wurde - wie konnte es auch anders sein?
"Da es dir ja jetzt wieder besser zu gehen scheint, kannst zu ja auch mal endlich mit der Sprache rausrücken, Spencer. Was war vorhin los mit dir?" Hörbar stieß ich die Luft aus. Ehe ich aber antworten musste, unterbrach mich ein Klingeln. Sichtlich, dass Emma diese Unterbrechung störte, zog sie ihr Handy hervor und hielt sich es genervt ans Ohr.

"Garcia."

Kurz war es still und die Forensikerin nickte nur leicht mit ihrem Kopf, bis sie diesen nach oben riss und mich mit aus großen Augen heraus anstarrte.

"Wir kommen!"
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