HERZ

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Elliott

Das Herz. Ein Überlebens wichtiges Organ. Ein hübscher, starker, rosiger Muskel. Durchschnittlich zwölf Zentimeter lang, bis zu neun Zentimetern breit und um die dreihundert Gramm schwer. Aufgeteilt in vier Kammern und schützend versteckt unter den Rippen, der linken Seite. Mit 100.000 Schlägen pro Tag, pumpt es 10.000 Liter Blut durch unseren Körper. Ein Meisterwerk, verbunden durch Arterien und Venen zu jedem Punkt des menschlichen Gerüsts.

Ich saß vor meinem alten Computer und starte auf dessen Bildschirm. Spencer hatte sich dazu entschieden, weiter zu machen und diese unbekannte Hackergruppe ausfindig zu machen. Also hatte ich mich schnellstmöglich wieder in eine, mir angenehme Atmosphäre begeben, um seinem Willem nachzukommen, doch hielten mich die Stimmen in meinem Kopf davon ab, überhaupt irgendetwas zu Stande zubringen. Sie dröhnten mich und meine Konzentration völlig zu. Ließen mich nicht los und benutzten meine ebenfalls unerwünschten Gedanken als Kraftfutter. Und nicht nur das machte mir zu schaffen, sondern auch die Tatsache das ich nach sechs Jahren wieder in der Da Vinci-Villa war, obwohl ich nie wieder hierher zurück wollte. Auch wenn es mein damaliges zu Hause war, war dies hier ein toxischer Ort. Dies mag sich zwar in den letzten Jahren rapide gelegt haben, trotzdem änderte es nichts an dem was hier alles geschehen war. Und das war ein Haufen blutiger Scheiße.

"Na schön.", murmelnd massierte ich mir die Schläfen, "Reiß dich zusam-" "Alles gut?", unterbrach mich die Stimme von dem blondem Agent. Spencer stand im Türrahmen, nur bekleidet mit einem Handtuch um die Hüften und sah zu mir. Allem Anschein nach, war er meiner Anweisung, duschen zugehen, gefolgt. Starrend betrachtete ich seinen Oberkörper, was nicht nur an dessen ganzen Wunden lag, die ihm die Zwillinge zugefügt hatten. Ich kniff leicht meine Augen zusammen, bevor ich dann, mit einem 'Ja.' log. Spencer schien nicht wirklich überzeugt, generell konnte man ihm ansehen, dass er dem Ganzen hier null traute, was nachzuvollziehen war, da er nicht gerade von Freunden umgeben war. Aber damit musste er sich abfinden. Das war sein Job.

"Ich mache mir Sorgen, Elliott.", seufzte er auf einmal und kam, nach dem er die Tür geschlossen hatte auf mich zu. "Hast du etwa immer noch Angst, vergiftet zu werden?", fragte ich belustigt. Der Blonde schüttelte seinen Kopf: "Nein. Ich vertraue auf dein Wort, dass ich heute nicht sterben werden - auch wenn ich dies blind tun muss - aber bei dir bin ich mir da nicht so sicher." Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. "Warum sollte ich sterben?" Ich verstand den Zusammenhang nicht. Spencer schnaubte und fuhr sich nun aufgebracht durch seine feuchten Haare. "Warum? Weil du genauso aussiehst, Elliott!" Ich schloss meine Augen, da die plötzliche Lautstärke zusätzlich auf meine Kopfschmerzen drückte. "Ich meine: hast du mal in einen Spiegel geguckt? Du bist ein so unfassbar hübscher Junge, aber Elliott du könntest momentan einer Leiche Konkurrenz machen. Du bist weiß wie eine Wand, deine Augen sind fast schwarz umschattet. Wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen, mh?" "Als du mich vor kurzem dazu gezwungen hast." "Verarsch mich nicht! Dein stetiger Wechsel zwischen, Ich-schließe-meine-Augen-und-tue-so-als-würde-ich-im-tiefstem-Traumland-sein und Hey-ich-schrecke-jede-fünfte-Minute-schreiend-hoch, ist kein schlafen gewesen. Zudem hast du kaum Kraft, weil du nichts isst, geschweige trinkst. Mensch Elliott, du als Superhirn musst doch selbst merken, wie selbst schädigend das ist." "Und was geht interessiert dich das?", fragte ich kühl.

"VERDAMMT, WEIL ICH ANGST HABE DASS DU JEDE SEKUNDE TOT UMFÄLLST!"

Nachdem Spencer diesen Satz förmlich geschrien hatte, war es nun mucksmäuschenstill im Raum. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer, während er mich aus seinen blauen Augen heraus ansah. Bewegungslos saß ich einfach nur und ließ seine Worte und damit dessen dahinter steckende Bedeutung in Dauerschleife, Revue passieren.
Natürlich war mir bewusst, was ich mit meinem Handeln mir und meinem Körper dementsprechend antat. Ich bestrafte mich selbst. Tag für Tag und dies seit Jahren, dass das längst eine eingespielte, alltägliche Routine für mich war. Ich hatte mich so daran gewöhnt, mir ständig wehzutun, dass ich es kaum noch anders kannte - oder jemals gekannt habe. Mir war es schlussendlich egal geworden, was ich machte und wie die Folgen aussehen würden. Das ich irgendwann jemand anderes ebenfalls damit verletzen würde, war neu für mich - vor allem, wenn man mir dies vorwarf. Meine Eltern hatten dies nämlich nie getan. Sie haben darüber geschwiegen und so getan, als würden sie es nicht sehen. Nicht, weil sie schlechte Vormünder waren, sondern einfach weil das ihre Art war. Trotzdem hatten sie sich um mich gekümmert und gesorgt. Die beiden hatten sich bis zum Schluss Mühe gegeben. Bei allem. Sogar dabei, mich so gut wie möglich aus ihren Geschäften und dem Underground herauszuhalten. Nun waren sie tot und all ihre Versuche um sonst.

Aus einem plötzlichen aufkommenden Drang, stand ich auf und ging auf Spencer zu. Direkt vor ihm blieb ich stehen und sah zu ihm hoch. "Gefühle sind wahrscheinlich das Einzige auf der Welt, was ich nicht nachvollziehen kann. Ich weiß das es chemische Reaktionen sind, aber das Ergebnis davon...Ich bin ehrlich: es schwierig. Ich verstehe es nicht und will es auch gar nicht, weil ich so etwas gebrauchen kann. Für mich sind Gefühle eine eindeutige Schwäche. Sie machen einen verletzlich - das musste ich schmerzlich lernen, was mich höchstwahrscheinlich heute zudem gemacht hat, was ich bin. Ein kaputtes Wrack; schrottreif für die Müllkippe. Ich bin ein Monster, eine Maschine mit lebendigem Körper und schlagendem Herzen." Leicht beugte Spencer sich zu mir runter und hinderte mich, mit seinen Händen zurückzuweichen. "Du bist kein Monster, Liot.", wieder sprach er. "Dann kennst du mich nicht." "Stimmt. Aber zur Verteidigung, das tut niemand." Dies entlockte mir ungewollt ein leichtes Schmunzeln. Er hatte recht. "Wow; sieh einer an, der Psychopath kann ja auch mal lächeln." Nun kam ich dem Agent näher.

"Ich bin kein Psychopath.", verbesserte ich ihn, "Sondern ein hochfunktionierender Soziopath."

Dann tat ich für uns beide etwas sehr Unerwartetes.

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