SpencerIch hatte meine Augen geschlossen, lag auf dem Bauch und atmete ruhig ein und aus, während ich das Gewicht und die von ihm ausgehende Wärme auf mir genoss. Es fühlte sich einfach zu gut an, Elliott so nah bei mir zu haben; lebend. Schon zu oft musste ich in der vergangenen Zeit hautnah miterleben, wie der Kleine sein Leben beinahe verschenkt hätte und das letzte Mal, hatte deutlich meine Grenzen überschritten. Sein schlaffer Körper, leblos in meinen Armen hängend, nicht im Stande irgendwas zu machen, hatte mich traumatisiert. Seitdem verfolgte mich dieser Anblick jede Nacht in meinen Albträumen und jedes Mal brach es mir mein Herz. Die letzte Woche war mit Abstand die schlimmste und schrecklichste gewesen. Seither hatte sich auch einiges geändert.
Edward war eine Vereinbarung mit diesen Königen des Underground's, ins besondere mit Sebastian, eingegangen. Dabei hatte ich mitbekommen, dass die vier augenscheinlich eine Vergangenheit teilten. Was das genau war und vor allem, was da zwischen dem schwarz haarigem und meinem Vorgesetztem gelaufen ist oder läuft, schwiegen sie tot.
Auch Emma war in den vergangenen Tagen anders geworden. Die Spanierin wirkte gestresst und gereizt, so als würde sie durchgehend unter Spannung stehen. Jedesmal wenn ich zu ihr sah, spielte sie nervös an ihren Fingern herum oder sah auf ihr Telefon. Auf die Frage, was denn los sei, hatte sie nur mit einem verzogenem Lächeln geantwortet und gemeint, dass sie das alles Momentan nur etwas mehr als sonst zusetzte.
Ich hatte mich ebenfalls verändert. Zwar war ich vorher schon sehr gut in meinem Job gewesen, doch wollte ich noch besser werden. Meine jetzige Fehlerfreiequote lag bei vierundneunzig Prozent - die ausgezeichneteste des gesamten R.S.G.'s - trotzdem wollte und musste ich noch besserer werden. Ich wollte die hundert knacken. Erst dann konnte ich mir ein Stückchen mehr sicherer sein, dass ich Liot beschützen konnte. Ich gab mir zwar nicht hauptsächlich die Schuld an seinen Verletzungen und seinem Zustand, aber es hatte mich geprägt und machte mir dennoch ein schlechtes Gewissen. Bis jetzt war Elliott nämlich der Einzige gewesen, der wirklich und vor allem körperlich leiden musste. Wir anderen wahren nur Zuschauer der Aufführung gewesen und hatten wenn nur den Nachhall abbekommen. Selbst das angebliche eigentliche Ziel, das Königshaus hatte noch keinen Kratzer abbekommen, wo für ich natürlich dankbar war. Wenngleich wurmte es mich.Ich merkte wie der dünne Körper auf mir anfing sich zu bewegen und wie Liot seinen Rücken leicht auf meinen drückte. Automatisch entkam mir dabei ein wohliges Seufzten. Der Kleine wusste gar nicht, was er mir damit antat. Versuchend das Kribbeln in meinen Gliedern und weitere Laute zu überspielen, drückte ich mein Gesicht in das Krankenhauskissen. Die Situation zwischen uns beiden war schon komisch genug, da musste mein männliches Verlangen, welches nach einer anderen Erlösung als meiner Hand rief, nicht auch noch mitwirken. Tatsächlich hatte sich mit Elliott's Auftauchen auch diese Seite an mir verändert. Vorher bin oft nach, oder selbst während der Arbeit unterwegs gewesen, um mir eine, naja...'Auszeit' zu gönnen - was ja nicht verboten ist. Auch hatte ich schon mal eins, zwei festere Beziehungen am laufen, aber diese Anziehung zu dem sechzehn Jährigen war etwas ganz anderes. Wer weiß, vielleicht war das hier die wahre Liebe? Eine Sehnsucht nach dem Unerreichbarem, die gestillt werden wollte. Der Wunsch nach einem Partner, der einen richtig verstand.
Oder ich war einfach nur untervögelt und meine Sinne drehten so langsam, aber sicher zusammen mit meinem Verstand durch.
"Liot?", fragte ich leise. Mir war plötzlich ziemlich heiß und ich brauchte unbedingt ein wenig Bewegung, denn das stundenlange rumliegen hatte mich schläfrig gemacht. "Hey, Kleiner? Würdes' dir was ausmachen von mir runterzurutschen?" Ich bekam keine Reaktion; vielleicht war er eingeschlafen? Fiebrig dachte ich also darüber nach, wie ich Elliott von mir schieben könnte, ohne ihn zu verletzten oder mich in den Schläuchen, die ihn mit einigen Maschinen verband, zu verheddern. Ganz langsam und vorsichtig versuchte ich mich als unter ihm hervor zu schieben, in dem ich mich auf dir Seite drehte. Das funktionierte sogar ganz gut, bis ich es komplett schaffte aus dem Krankenbett auszusteigen. Etwas versteift streckte ich mich und ließ meinen Nacken knacken. Ein Blick zu Uhr verriet mir, das es Mittag war, was mein Magen mir beteuerte, als dieser kurz darauf knurrte.
"Du solltest was essen gehen, wenn du Hunger hast." Ich sah hinter mich und sah Elliott, der mich aus halb geöffneten Augen ansah. "Entschuldigung.", meinte ich verlegen, "Ich wollte dich nicht wecken." "Ich habe nicht geschlafen." "Warum hast du dann nicht auf meine Frage geantwortet?" Einer von Elliott's Mundwinkeln zuckte leicht, bevor er schwach meinte: "Weil ich es amüsant fand, wie konzentriert du dich darum bemüht hast, mich nicht zu stören. Außerdem hatte ich beschlossen nicht mehr mit dir zu reden." Verständnislos massierte ich mir meinen Kopf und zerzauste meine Haare dadurch. "Sollte das etwa das Dankschön dafür sein, dass ich dir dein Leben gerettet habe? Dann gern geschehen." "Warum sollte ich mich dafür bedanken?", nun sah Elliott nicht verstehend drein, "Etwa dafür, dass du hirnrissiger Idiot ohne zu überlegen in ein instabiles Gebäude gelaufen bist? Dafür hast du kein Lob verdient." Röchelnd atmete der Kleine ein und aus. Nicht einmal zum sprechen hatte er genügend Kraft und trotzdem machte er mir Vorhaltungen.
"Was ist dein scheiß Problem, mh?!", platzte mir der Kragen, "Weißt du was? Es reicht mir! Dein Benehmen, deine Art - einfach alles! Warum kannst du denn nicht einmal, wenigsten ein bisschen Nettigkeit zeigen? Was ist so schwer daran? Selbst auf Gefühlen hackst du ohne einen Grund zu haben rum; spielst mit ihnen, wie mit nem lästigen Ball. Das lasse ich mir nicht mehr gefallen, Elliott! Aber das kann mir ja egal sein, denn du hörst eh nicht auf mich - auf nichts was ich sage! Was ich dir aber versichern kann, dass das alles irgendwann zurückkommen wird." Überrascht sah der braun haarige mich an, bevor seine Augen sich verfinsterten. Ignorierend wendete er seinen Kopf Richtung Decke.
Vielleicht hatte ich übertrieben, aber ich hatte mich auch nicht mehr zurückhalten können. Ich war überreizt, übermüdet und ich machte mir verdammt nochmal sorgen! "Ich...hatte das Gesagte am Telefon...e-ernst ge-gemeint.", stotterte Elliott, "Es t-tut mir wirklich leid, Spencer. Ich bin es nicht gewohnt, so etwas...wie Zuneigung zu fühlen und diese...auch noch zurück zubekommen. Das verwirrt mich - du verwirrst mich, Spencer!", anklagend sah er mich wieder an, "Natürlich weiß ich aus Büchern und Beobachtungen, wie man sich dann zu verhalten hat, aber was bringt mir das am Ende? Nichts! Es macht einen...nur schwach...und weich...und das...bin...ich...nicht." Ein heftiger Hustenkrampf schüttelte seinen Körper und ließ ihn schmerzlich auf zischen. Nachdem er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, sprach er weiter: "Du/Keiner kann es verstehen, wie es in mir aussieht, wie ich Dinge wahrnehme und verarbeite. Psychologen behaupten dies zwar, aber die haben nur die theoretische Erfahrung, indes ich die praktische jeden Tag durchleben muss. Die Stimmen, die Schatten, meine Gedanken...das alles, kann niemand verstehen - in einigen Momenten mich mit eingeschlossen. Da kann ich sowas wie Gefühle, die das noch komplizierter machen nicht gebrauchen. Außerdem ist es nicht meine Art, mich den körperlichen Impulsen hinzugeben, die du in mir auslöst."Ich blinzelte ein paarmal. Nie hätte ich gedacht so etwas von Elliott zu hören. Er hatte sich schwer dabei getan und blickte nun wieder peinlich berührt nach oben.
"Heißt das, dass du etwas für mich empfindest?", fragte ich, um sicherzugehen. "Natürlich empfinde ich etwas für dich! Jeder empfindet für jeden etwas, Spencer. Das geht gar nicht anders.", meckerte Elliott heiser. "Ist das ein Ja?" "Es ist ein Vielleicht. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen." Das brachte mein vorheriges, schlecht gelauntes Gemüt zum Lachen: "Mach dir keine Sorgen, Liot; musst du auch nicht." "Um mich, mache ich mir keine Sorgen, eher um dich - man hat ja gesehen wie hirnlos Gefühle dich bereits gemacht haben." "Jetzt wirst du fies.", ich schüttelte meinen Kopf, als mir wider einfiel, was heute Morgen eine der Krankenschwestern zu mir meinte. Ich grinste, denn nun wurde ich fies.Langsam ging ich auf Liot zu, der mich misstrauisch ansah und beugte mich arrogant zu ihm herunter. "Du solltest übrigens in der nächsten Zeit ganz besonders nett zu mir, mein Lieber, denn du bist auf meine Unterstützung angewiesen. Schließlich sollst du dich, in deinem momentanen Zustand, nicht überheben. Ich werde dir also bei allem helfen müssen."
"Ganz sicher nicht!", empörte sich das Supergenie, mit aufgerissenen Augen.
"Du hast gar keine andere Wahl, Elliott Leonardo Da Vinci. Und weißt du womit wir als erstes anfangen werden, wenn du entlassen wurdest? Überraschung! - mit einer hübschen Dusche."
Hart schluckte er.
"Das ist Karma, Kleiner."
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"Ich liebe es, wenn das Karma zurückschlägt und mein innerer Buddha mit winkendem Mittelfinger laut hupend' ne Ehrenrunde im Bobbycar dreht. Tuuut tuuut!" ~ Mellarie-Bellancia
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Lizenz zum Genie
Mystery / ThrillerErst wenn die schützende Maske zerbricht, man Schachmatt ist und alles nur noch auf dieses eine dunkle Ziel hinzu läuft und schon alles verloren scheint, erst dann macht es dem Genie Spaß zu spielen... Elliott, ein Junge welcher zu den 2% der Weltbe...