INNUENDO

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Spencer

Drei Wochen. Drei ganze, verdammte Wochen, in denen ich jeden Tag bei Elliott war und ihm dabei zusehen durfte, wie er irgendetwas kompliziertes auf seinen Computern machte, waren vergangen und bis auf ein solides, fast schon dämliches 'HALLO' hatten wir nichts. Rein garnichts. Und das war frustrierend. Wirklich hilfreich war dabei auch nicht gerade der Aspekt, dass seit der Nachricht es im Underground wie leer gefegt war. Klar konnte man jetzt sagen, das es doch etwas Positives an sich hatte und das R.S.G. seine freien Tage genießen sollte. Aber so war es nicht - im Gegenteil! Es beunruhigte uns und vor allem Edward nur noch mehr. Der Leader unseres Teams empfand diese Ruhe nämlich alles andere als gut.

Die ganzen Drogen- und Menschenhändler sowie all die anderen zwielichtigen Gestalten, führten ihre Geschäfte zwar immer noch weiter fort, jedoch war es anders als sonst. Auch die Mafia hielt sich momentan eher im Hintergrund, was zwar normal, aber in diesem Falle zu normal war. Generell die ganze Stimmung im Underground schien irgendwie...angespannt zu sein. Ob das jedoch wirklich etwas mit dieser Hackergruppe zu tun hatte, konnten wir nicht sagen.

Mit meinem mittlerweile schon dritten Kaffe in der Hand, öffnete ich die Tür zu Edward's Büro und trat in den, von der Mittagssonne beschienene Raum. "Du wolltest mich sprechen?" Kurz hob der Leader seinen Kopf und nickte mir zu: "Richtig. Setzt dich doch schon mal; Garcìa müsste jeden Augenblick auch gleich kommen." Und als hätte die Spanierin nur auf diesen Moment, der Erwähnung ihres Namens gewartet, klopfte es und die Tür schwang ein weiteres Mal auf. "Einen wunderschönen guten Mittag alle Mann.", trällerte sie fröhlich und ließ sich schwungvoll auf dem Stuhl neben mir nieder.

"Ich bezweifle stark, das dieser Mittag wunderschön, noch gut ist - genau wie seine Vorgänger in den letzten Wochen.", murrte Edward, konnte aber dennoch nicht Emma's Laune dadurch trüben. Das Honigkuchenpferd Lächeln blieb auf ihren rot geschminkten Lippen bestehen. Gespielt misstrauisch fragte ich: "Wie viele Liter Kaffe hast du bitte heute schon getrunken, du Junkie? Und warum scheint deiner besser zu wirken als meiner?" Herzhaft lachte sie auf. "Nicht schmollen James; das liegt nicht an den zwei Liter Kaffe intus in meinem Körper, sondern an dem hier.", Garcìa wedelte mit einer Art Manuskript herum. Anscheinend interessierte es auch Edward was das war, als er danach fragte.

"Nun meine lieben Unwissenden.", fing die Forensikerin des R.S.G.'s an zu erklären, "Ich wollte mich ein bisschen schlau, über den kleinen Da Vinci Sprössling machen und habe daher, auf der Suche nach etwas nennenswertem, die ganze Datenbank Englands auf den Kopf gestellt. Doch bis auf diesen einen, mickrigen Eintrag in seiner Akte gab es nada! Also habe ich im Internet weiter gemacht; wurde aber auch da nicht wirklich fündig - selbst über seinen Hackernamen, The Eye, im Darknet nichts! Es ist wie, als würde dieser Junge garnicht existieren...Denn bis auf seine Auszeichnungen und veröffentlichten Arbeiten, ist Elliott wie ein Schatten." Nun doch etwas mitleidig schaute Garcìa auf das Heft in ihren Händen.

Wie ich mir schon denken konnte, hatte die Spanierin einen Narren an diesem Jungen gefressen. Seit der ersten Minuten oder besser gesagt, seit dem sie uns das erste Mal die wenigen Grundinformationen über Elliott vorgelesen hatte, war sie Feuer und Flamme gewesen. Ihr Interesse war von Null auf Hundert gestiegen, in nur wenigen Sekunden. Um es kurz zu halten: Garcìa liebte alles was auch nur ansatzweise besonders, schlau und einzigartig war. Das Genie passte also überaus perfekt in ihr Schema.

Jedoch wusste sie genau, wie auch Edward und ich, das Elliott der Verbrecher Numero eins weltweit war und 'Bösewichte' hatten so etwas wie Mitleid nicht verdient. Über die Tatsache, das er noch ein Kind war mussten wir hinweg sehen.

"Und weil es eben bis auf die Doktorarbeiten nichts weiteres gab, habe ich mir eben eine von Ihnen zur Hand genommen und angefangen zu lesen. Ich bin zwar noch nicht weit gekommenen und es hat zwar ein bisschen extra Kaffe mehr sowie einen Fremdwort Übersetzer gebraucht, aber ay dios dieser Junge ist so verdammt gut! Wie er die einzelnen Vorgänge beschreibt, die verschiedensten Techniken und Experimente - es ist einfach nur ¡Ah!", beendete Garcìa ihren schwärmenden Monolog.

"Das ist doch gut zu wissen, dass Elliott ein Genie mit einem Superhirn ist. Nur ist das nichts Neues und weiter in unserem Fall bringt uns das auch nicht.", Edward seufzte auf, "Aber nun gut; kommen jetzt zu dem, weswegen ich mit euch und besonders mit dir James sprechen wollte." Fragend sah ich meinen Vorgesetzten an. Seinem Gesichtsausdruck zufolge musste es etwas Ernstes sein.
"Wie ihr schon Bescheid wisst, hat sich die Atmosphäre im Underground bedenklich verändert - was unsere jetzige Situation nicht verbessert. Da wir zur Zeit wirklich viel mit dem ausfindig machen der Hackergruppe zu tun haben, kommt dies dem R.S.G. ziemlich ungelegen. Ich habe lange überlegt und darüber nachgedacht und hatte sogar ein mehr Stündiges Gespräch mit Mr. Clark." , nach dem Edward den Leibwächter/Berater der Queen erwähnte, wusste ich das es wirklich etwas Ernstes sein musste. Wir waren zwar die sogenannten 'Wachhunde der Königen' und handelten auch unter ihren Befehlen sowie hatten unsere eigenen Rechte, Privilegien und gehörte durch irgendeine verkorkste Weise zur Highsociety dazu, jedoch kam es nicht so oft, wie man vielleicht denken möge, dazu, dass wir die Lady persönlich trafen.

Bevor Edward weiter sprechen konnte, ging plötzlich die Tür auf und unterbrach den silber haarigen. Flüchtig flog mein Blick zum offenen Rahmen, in dem eine zierliche Person stand, schwang dann aber wieder zurück zu meiner Kaffe Tasse in meiner Hand. Gerade als ich einen Schluck aus dieser nehmen wollte fiel mir der Fehler auf.
Ruckartig und mit geweiteten Augen schoss mein Kopf wieder hoch.

"ELLIOTT?!"

Tatsächlich war es Elliott welcher dort stand; sein Blick wie immer monoton und kühl. "W-wie...W-was...was machst du denn hier?!", sprang Edward ungläubig von seinem Stuhl auf, während ich mehr Mals blinzeln musste, um das Gesamtbild zu realisieren. Mit einer hochgezogenen Augenbraue trat der Kleine weiter ein und antwortete schlicht: "Ihnen ihre Informationen bringen." "N-nein das meinte ich nicht! Ich meine: was machst du hier?! Du solltest eigentlich hinter verschlossener Türe in deinem Zimmer sitzen!", gestikulierte der Leader aufgebracht mit seinen Händen herum. Nun wanderte auch die zweite Augenbraue von Elliott in die Höhe und mit einem 'Ihr-Ernst-Blick' musterte er ihn. "Sie haben doch nicht ehrlich daran geglaubt, dass so ein einfaches Elektromagnetfeld Schloss für mich ein Problem darstellt? Aber wie sie gerade gucken, anscheinend schon. Sie sollten vielleicht damit aufhören, mich wegen meines äußerlichen Erscheinens zu unterschätzen und mich endlich als das wahrnehmen, was ich wirklich bin."

Aus der Bahn gebracht starte Edward, Elliott nur an, bis er sich geräuschvoll ausatmend zurück auf seinen Schreibtischsessel fallen ließ. "Garcìa", murmelte der silber haarige, während er sich angestrengt durchs Gesicht fuhr, "Ordne bei der Security an, dass diese das Schloss am GZ, gegen ein neues und vor allem besseres austauschen soll. Und James, bring unseren Gast doch bitte zurück auf sein Zimmer." Nachdem ich meinen Namen hörte, konnte ich das erste Mal meine Augen wieder von dem braun haarigem Jungen lösen. Ich wollte gerade aufstehen, als auch dies jedoch von Elliott unterbrochen wurde: "Ich wiederhole mich ja nur ungerne, aber anscheinend haben sie mir am Anfang nicht richtig zugehört: Ich habe etwas Neues gefunden." Hellhörig hob Edward seinen Kopf: "Und das währe?"

Ohne auf die Frage des Leaders einzugehen, kam Elliott auf uns zu und hielt vor dem Schreibtisch an, wo er sich einen schwarzen Edding aus der Stiftehalterung heraus zog. Mit dem Stift in der Hand drehte der Kleinere sich wieder um und ging zurück zur Tür. Im ersten Moment dachte ich, er wolle abhauen und machte mich deswegen schon bereit auf zuspringen, um ihn davon abzuhalten, stoppte aber, als Elliott die Kappe von dem Filzstift löste und den ersten pechschwarzen Strich auf der reinen, weißen Wand zog.

"Was zum Teufel machst du da ?!", rief Edward empört aus. Doch auch diese Frage wurde schlicht weg von Elliott ignoriert - bis auf ein bekanntes 'Es heißt sie.'

Nach mehreren vergangenen Minuten und Flüchen von Edward's Seite aus, war Elliott fertig. Erstaunt betrachtete ich das 'Kunstwerk'.
Die vielen Striche und Linien waren perfekt gezeichnet worden, als wurde ein Lineal dazu benutz und zogen sich ineinander verlaufend über die ganze Wand. Je länger ich mir das Gezeichnete anschaute, desto bekannter kam es mir vor. Jedoch viel mir nicht ein wo ich sowas schon mal gesehen haben wollte.

Ein abfälliges Schnauben holte mich aus meinen Gedanken. "Toll. Wirklich toll; ich wollte schon immer mal ein nicht definierbares Linienchaos-Muster, von Da Vinci persönlich, an meiner sonst so langweiligen weißen Wand haben. Wenn du jetzt noch so nett währst dieses  auch noch zu signieren...", ironierte Edward rum, ehe er laut ausrief, "WAS BITTESCHÖN SOLL DAS?!"

"Ganz einfach: Das ist ihr erster Hinweis - ein Innuendo."

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