Kapitel 10 - Alexander

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Am Sonntag liege ich k.o. im Bett. Vielleicht sollte ich nicht mehr versuchen meine immerzu kreisenden Gedanken in Alkohol zu ertränken.

Obwohl ich einiges aushalten kann, ist mir diesmal übelst schlecht und mein Kopf dröhnt. Anna ist wie immer das blühende Leben. Sie hat gestern kaum Alkohol getrunken und hat genügend gegessen. Sie ist schon vor neun aufgestanden und hantiert in der Wohnung herum. Bei jedem lauteren Geräusch zucke ich zusammen.

Schließlich halte ich es nicht mehr aus und renne zur Toilette. Da sich in meinem Magen nichts mehr befindet, kotze ich vor allem Galle. Mein Magen zieht sich immer wieder schmerzhaft zusammen.

„Was für eine Scheiße!", schnaufe ich und betätige die Spülung. Allerdings bleibe ich knien, weil die nächste Welle anrollt.

„Vielleicht solltest du das nächste Mal nicht so viel trinken." Anna hört sich eiskalt an. Mir fehlt die Kraft, um ihr zu sagen, dass sie mir nicht zu sagen hat, wann und wie viel ich an einem Abend trinken soll.

Ich beuge mich nochmals über die Schüssel, weil sich mein Magen bedrohlich hebt.

Gott, was bin ich dankbar, dass mich mein Vater in dieser Verfassung nicht sieht. Es wäre nur ein weiterer Grund, um mich niederzumachen.

Am Montag bin ich zwar immer noch ziemlich geschlaucht, aber mit Aspirin ist alles möglich. Etwas träge, aber konzentriert arbeite ich in Ruhe in meinem Büro. Heißer, starker Kaffee wird zu meinem neuen besten Freund.

Als um elf eine Erinnerung an meinem Computer aufblitzt, verdüstert sich meine Miene. Wie ich Viki versprochen habe, will ich noch einmal mit meinem Vater über ihr Studium reden. Ich lege mir ein paar Argumente zurecht und mache mich auf den Weg zu seinem Büro, aber nicht ohne noch einen Schluck vom Kaffee genommen zu haben.

Ich klopfe an, weil es die Höflichkeit erlaubt. Bei Mitarbeitern unter mir, schneie ich einfach in ihre Büros.

Mein Vater sitzt tiefversunken vor seinem Computer. „Guten Morgen." Ich lege ihm einen abgearbeiteten Stapel voller Papiere auf den Schreibtisch.

„Du wolltest mit mir reden." Keine Frage, sondern eine Feststellung. „Ja, richtig." Ich setze mich ihm gegenüber, obwohl ich so das Gefühl habe, ihm nicht auf Augenhöhe zu begegnen.

Als ich zu ihm aufblicke, betrachtet er mein Hemd. „Bist heute wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, was?"

Ich spüre wie meine Ohren rot werden, als ich sehe, dass ich mein Hemd falsch zugeknöpft habe. Ich seufze leise und bringe es in Ordnung.

„Ich hatte es eilig heute Morgen." Ich will nicht wissen, wie viele Menschen ich heute schon begegnet bin und wie viele davon Notiz genommen haben.

Mein Vater lehnt sich in seinem Ledersessel zurück und sieht mich auffordernd an. Dann mal los.

„Ich habe mit Viktoria geredet." „Ah, dann ist die ganze Sache also erledigt." Er beugt sich wieder über seinen Schreibtisch.

„Nicht ganz. Viki will weiter studieren." Jetzt ist es raus. Mein Vater verzieht keine Miene. „Es war deine Aufgabe es ihr auszureden. Wie soll ich dir ein ganzes Unternehmen anvertrauen, wenn du noch nicht mal in der Lage bist, deine eigene Schwester von etwas zu überzeugen? Da ist es wohl besser, dass ich länger aktiv bleibe als gedacht."

„Wenn du alles anscheinend besser kannst, dann rede doch du mit ihr. Immerhin bist du ihr Vater.", erwidere ich kühl und spiele seine Schwäche aus.

Karl-Theodor von Zurrenberg ist vieles. Ein cleverer und charmanter Mann. Der Chef eines Unternehmens, das unter seiner Führung mit Fleiß und Herzblut in den letzten Jahren gewachsen ist. Aber er ist kein guter Vater. Und das weiß er.

Herbststurm - Zurrenberg RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt