Kapitel 18 - Alexander

114 6 0
                                    

Ich bin kurz davor in die Tiefgarage zu rennen und zu Jessica zu fahren. Dabei weiß ich gar nicht, ob sie überhaupt zu Hause ist. Sie sagt, ich soll mir keine Sorgen machen.

Steckt sie in Schwierigkeiten? Behandelt ihr Freund, Carlos, sie schlecht? Warum ist sie mit so einem Typen überhaupt zusammen?

Ich fahre nicht zu ihr und auch nur aus dem Grund, weil sie sich über meine Anwesenheit ärgern würde. Schon oft hat sie gesagt, dass ich mich aus ihrem Leben auf der anderen Seite der Stadt heraushalten soll.

Aber ist es auch das Richtige, sie jetzt in Ruhe zu lassen?

Ich lasse mich auf der Couch seufzend zurückfallen. Was ist, wenn Jessica in Gefahr ist? Warum kümmert es mich?

Ich rufe sie nochmals an. Weil sie nicht ran geht, spreche ich auf ihre Mailbox. „Jessica, ich bin es, Alexander. Geht es Ihnen wirklich gut? Sie können mit mir reden. Hat Carlos Ihnen wehgetan?" Bei diesem Gedanken balle ich die Hand zur Faust. „Sie fragen sich sicher, warum ich mich so um sie sorge, so ganz genau weiß ich das auch nicht. Ich glaube, ich bin ein Beschützertyp, na ja, weil ich Schwestern habe und so. Außerdem fühle ich mich oft für die Menschen in meinem Umfeld verantwortlich. Wenn es Ihnen also nicht gut geht, dann möchte ich Ihnen gerne helfen."

Ich reibe mir über das Gesicht. Das ist eine der schlimmsten Nachrichten, die ich je verfasst habe. „Oh, ich fasele herum. Ich...ähm...rufen Sie mich einfach an, damit ich weiß, dass es Ihnen gut geht. Danke."

Ich lasse das Handy neben mir auf die Couch fallen. Große Hoffnung, dass sie zurückruft, habe ich nicht.

Ich erhebe mich und ehe ich mich versehe laufe ich in der Wohnung herum und tätige hier und da ein paar Handgriffe, damit es ein wenig ordentlicher aussieht. Seit Anna weg ist achte ich viel mehr auf Sauberkeit. Die Wohnung ist ohne sie so leer. Kein Geplapper und keine Töne von auftretenden Absätzen von ihren Schuhen sind zu hören.

Bisher war die Wohnung unsere Wohnung. Wir haben sie zusammen ausgesucht, wir sind zusammen eingezogen, wir haben sie zusammen eingerichtet. Obwohl Anna mehr bei der Dekoration und Gestaltung zu sagen hatte. Aber ich habe mich durchgesetzt, die grauen Sitzmöbel zu bekommen.

Gestern habe ich ihr zu Monika einen großen Blumenstrauß zu kommen lassen. Auch wenn es eine einfallslose Geste ist, so hoffe ich doch, dass Anna versteht, dass ich an sie denke.

Wie sollen wir denn am Freitagabend wir das perfekte Pärchen am Stadtball auftreten, wenn wir momentan noch nicht mal miteinander sprechen?

Heute habe ich Anna zwei Nachrichten geschickt, damit sie weiß, dass sie mir nicht egal ist. Aber sie hat noch nicht geantwortet.

Ich starre auf mein Handy. Was ist mir lieber?

Dass Anna anruft oder Jessica?

Elias hat mir geraten, die Füße still zu halten. Ich soll Anna nicht bedrängen. Gleichzeitig soll ich ihr aber zeigen, dass ich an sie denke.

Elias hat heute keine Zeit, sonst hätte ich mich mit ihm getroffen. Jetzt sitze ich schon den ganzen Mittag planlos in der Wohnung herum, anstatt raus zu gehen und eine Runde zu laufen. Alternativ hätte ich auch ins Sportstudio um die Ecke gehen können. Aber ich konnte mich dazu nicht aufraffen.

Vielleicht sollte ich mal ein Buch lesen. Mit ein paar Schritten bin ich am Bücherregal angekommen. Viel Politik und Wirtschaft. Ich lege den Kopf schräg. Eigentlich hätte ich momentan Lust auf einen guten Thriller.

Aber einen Thriller zweimal zu lesen, hat keinen Reiz. Ich sollte mir mal neue zulegen.

Als mein Handy klingelt, hechte ich fast über den Couchtisch, um dran zu kommen.

Herbststurm - Zurrenberg RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt