Ich schwebe auf Wolke Sieben. Es hört sich kitschig an, aber genauso fühlt es sich an. Alles ist in meinen Augen positiv, selbst der graue Himmel über London.
Alex drückt meine Hand und streichelt mit dem Daumen über meinen Handrücken. „Bist du aufgeregt?"
Wir gehen die letzten Meter bis zum Eingang des Tanzstudios. „Schon, ja. Man bekommt ja nicht jeden Tag die Gelegenheit mit Profis zu tanzen." Ich spiele meine Nervosität hinunter, aber Alex kennt mich mittlerweile gut genug, um zu wissen, wie es mir geht.
„Hast du Angst, du wärst nicht gut genug für die Profis?" Ich lache leise auf. „Davor brauche ich keine Angst haben. Ich weiß, dass ich lange nicht so gut bin wie sie. Aber es stört mich nicht. Ich will einfach nur tanzen."
Ich bin realistisch genug, um meine Fähigkeiten beim Tanzen einzuschätzen. Ich hatte nie Tanzunterricht und schaue mir Tanzschritte aus dem Internet an, damit ich sie lerne. Ich habe noch nie eine Rückmeldung bekommen. Es wird heute das erste Mal sein.
„Für mich bist du die beste Tänzerin auf der Welt.", sagt Alex und zieht mich in eine Umarmung. „Ich kann auch mitkommen."
Ich pikse ihm in die Seite. „Damit du zwei Stunden lang meinen Hintern anglotzen kannst? Nein, unternimm was mit John."
Er seufzt leise auf. „Na gut. Aber ich hätte nicht deinen Hintern angeglotzt." Er bleibt kurz still und mittlerweile kenne ich ihn gut genug, um zu wissen, dass er eine kleine Kunstpause macht, damit er einen frechen Spruch loslassen kann.
„Ich hätte auf deine Beine gesehen."
Ich drücke ihm meine Lippen auf den Mund. „Wir sehen uns später, ja?" „Okay, bis dann." Ich warte, bis er mit John, der sich einige Meter von uns gestellt hat, die Straße entlangläuft.
Direkt am Eingang werde ich auch schon begrüßt.
Katie, eine kleine, blonde Frau, heißt mich willkommen. Während sie mir von der Tanzgruppe erzählt, sehe ich mich interessiert um. Das Tanzstudio ist modern eingerichtet und den großen Raum kann man mit einer Trennwand abteilen. Ich beiße mir lächelnd auf die Lippen. In Filmen habe ich solche Räume schon zigmal gesehen, aber jetzt, als ich die Spiegel betrachte, die sich die gesamte Wand lang erstrecken, ist es doch noch mal was anderes.
Nachdem ich mir meine Trainingskleidung angezogen habe, stellt mir Katie ihre Crew vor, die aus fast zwanzig Leuten besteht. „Danke, dass ich heute hier sein darf." „Das ist doch kein Problem! Wir freuen uns. Und jetzt los!"
Ich frage mich welche Kontakte Alex hat spielen lassen, um mir dieses Training zu ermöglichen.
Katie probt mit ihrer Gruppe zurzeit ein Stück ein, an dem sie, wie sie hofft, am Royal Theatre auftreten werden. Es beinhaltet einige Bewegungen, von denen ich nur träumen kann.
Sophie, eine der älteren Frauen, nimmt mich eine Weile zur Seite, damit sie mir die Hauptschritte des Tanzes zeigen kann. „Tanzt du professionell?", fragt sie, während sie mich betrachtet. Verblüfft bleibe ich stehen. „Nein, ich hatte noch nie Tanzunterricht." Ich wische mir mit dem Arm über mein schwitziges Gesicht und warte auf ihre nächsten Worte.
„Ah, okay. Ich hätte auch jede Tanzschule verklagt, die dich mit so einer Technik auf die Straße setzt. Ich bin ein ehrlicher Mensch: deine Tanztechnik ist katastrophal."
Auch wenn ich es nicht will, lasse ich meine Schultern hängen. Ihre Worte sollten mich nicht treffen, denn ich weiß selbst, dass ich keine gute Tänzerin bin. Aber die Wahrheit laut zu hören, tut trotzdem weh.
„Ja, ich weiß. Ich will ja auch keine Primaballerina werden." „Mit dieser Leistung würdest du es auch nicht auf die große Bühne schaffen." Ich beschließe Sophie nicht zu mögen. Aber ich rechne ihr ihre Ehrlichkeit hoch an. Leute, die einem nur Honig ums Maul schmieren sind auch nicht besser.
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Herbststurm - Zurrenberg Romance
RomanceSie kämpft um das tägliche Überleben und hängt ihren Träumen nach. Er ist mit einem goldenen Löffel im Mund geboren und buhlt um die Anerkennung seines Vaters. Jessica und Alexander führen ein Leben aus zwei verschiedene Welten und treffen durch Zuf...