Kapitel 13 - Jessica

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Mit aller Macht versuche ich, nicht an Alexander zu denken. Aber abends, wenn ich müde ins Bett falle, geistert er ohne Pause in meinem Kopf herum. Ich nenne mich einen Narren, weil ich wie eine Fünfzehnjährige unter seinem eindringlichen Blick erröte, obwohl ich es besser wissen müsste.

Für Alexander von Zurrenberg ist das Leben ein Spiel und das Flirten mit Frauen ein einziges Vergnügen. Ich kann kaum glauben, dass er eine Freundin hat. Er betrügt sie bestimmt. Ich versuche statt seinem unglaublich attraktiven Lächeln, seinen starken Händen und seine gesamte perfekte Gestalt eher seine Arroganz und Überheblichkeit zu sehen.

Es will mir aber nicht gelingen.

Zu sehr ist mir der Augenblick in der Erinnerung geblieben, als die Mauern, die einen, wie ich glaube, verletzlichen Alexander von Zurrenberg schützen, eingestürzt sind. In diesem Moment habe ich mir erlaubt zu denken, dass hinter dieser perfekten Fassade von einem Geschäftsmann ein Mann ist, der es in seiner Kindheit nicht einfach hatte.

Es stellt sich nur die Frage, was so schwierig war.

Im Flur höre ich meine Mutter herumlaufen. Für ihre Verhältnisse ist es viel zu früh. Mittlerweile ist sie wiederaufgetaucht, aber ihren Kerl habe ich nicht wiedergesehen. Scheinbar ist ihre Liaison beendet. Ich seufze auf. Heute wird ein anstrengender Tag, denn die Geburtstagsfeier von Alexanders Vater ist heute. Das Belle Vue wird das Catering übernehmen.

Und ich werde Alexander wiedersehen. Mein Herz fängt bei diesem Gedanken wild zu schlagen an.

Zuerst aber steht heute Vormittag noch eine Schicht im Restaurant an. Mit einem unguten Gefühl sehe ich auf mein Handy, Carlos hat mir eine Nachricht geschrieben.

Am Sonntag nächster Woche steht ein Brunch an.

Das ist wohl meine Gnadenfrist. Bis dahin habe ich sogar meinen ersten Lohn auf dem Konto. Aber davon muss ich die letzten zwei Monatsmieten bezahlen. Und dann bleibt kaum noch etwas übrig. Ich muss darauf hoffen, dass Carlos den Job nicht so schnell bekommt. In dieser Zeit wird er die Schulden nicht einfordern. Das hat er versprochen. Und so übel und kalt wie Carlos auch ist, seine Versprechen hält er.

In der Küche finde ich meine Mutter. Sie trägt nur ein altes Shirt und starrt mit verheulten Augen auf die Tischplatte.

Ich schalte die Kaffeemaschine an und will mich im Bad fertig machen, so wie ich es jeden Morgen mache, aber meine Mutter hält mich auf. „Warum bist du schon so früh wach?", fragt sie leise. Dasselbe könnte ich sie fragen. „Ich gehe arbeiten. Ich brauche für den Weg fast eine Stunde. Deshalb." Sie schluchzt leise auf. Eigentlich muss ich mich sputen, weil ich den Bus nicht verpassen will, setze mich aber zu ihr an den Tisch.

Als sie mich ansieht, meine ich so etwas wie Stolz zu sehen. „Es ist schön zu sehen, dass du nicht so endest wie deine Schwester. Ich weiß nicht, woher du diese Vernunft hast." „Es ist weniger die Vernunft. Ich habe nun mal direkt vor Augen, wie ich nicht enden will." Ich stehe auf und lasse sie allein, denn ich habe wirklich keine Zeit.

Ich packe es gerade so den späteren Bus zu bekommen und muss zum Restaurant fast rennen, um pünktlich zu sein. Gerade als ich fertig angezogen zu den anderen und André gehen will, kommt mir Pierre entgegen. „Mademoiselle Schwarz, haben Sie einen Moment?" Es ist weniger eine Frage, eher eine Aufforderung. Also laufe ich ihm hinterher, bis er im Personalbereich in einer ruhigen Ecke stehen bleibt.

Ich habe in letzter Zeit versucht, mich unauffällig zu benehmen. Ein Missgeschick ist mir auch länger nicht mehr passiert.

Worüber will er also mit mir reden? Mir stellen sich die Haare im Nacken auf. Werde ich gekündigt? Aber warum?

Herbststurm - Zurrenberg RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt