Verpflichtungen

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Kapitel 12

Violet brauchte eine Weile um sich daran zu gewöhnen, in dieser Geschichte nur Beifahrer zu sein und obwohl sie an das Gefühl der Hilflosigkeit gewöhnt sein sollte, spürte sie es hier besonders intensiv, denn alles was sie sah, gesagt und getan wurde, war bereits passiert und sie konnte nur dabei zusehen.

Doch es war schwer der Geschichte zu folgen, die das Malus oder der Spiegel ihr versuchten zu erzählen. Die Zeitsprünge waren enorm und nachdem die „Göttliche" auf einen Sandhügel gestanden hatte, das gerade neu erschaffene Malus in der Hand, und darüber philosophierend, wie sie sich ein Reich erschaffen würde, saß sie nun in einen prächtigen Gemach, mit offenen Fenstern und umfangreiche Wandbemalungen. Sie stand auf eine Stufe einer kleinen Treppe die in eine Pool große gemauerte Wanne führte, die den Mittelpunkt des Raumes ausmachte.

Sie war nackt und vor ihr stand der Mann, den sie liebte und der seine Arme weit ausgebreitet hatte, um sie darin willkommen zu heißen.

Langsam und mit einem warmen Gefühl in Bauch trat sie weitere Stufen herab und ließ sich von dem kühlen nass umfangen. Ihr Körper prickelte als sie die Haut ihres geliebten berührte und ihr wurde noch wärmer ums Herz, als seine Finger auf ihren gerundeten Bauch zum Liegen kamen. Sie war schwanger mit seinem Kind.

„Du hast mir immer noch nicht erzählt, was deine Schwestern dir in dieser Nachricht berichtet hatten, die so lange brauchte um über das Meer getragen zu werden", sagte er und umschloss ihren Körper als sie dafür nahe genug bei ihm war.

„Auch sie haben ab und an Kinder zur Welt gebracht, sie sind nicht wie du oder andere Vampire, die ich oder du erschaffen haben. Sie werden geboren als das, was sie sind und entwickeln ihr Potenzial erst langsam. Und selbst dann brauchen sie einen Partner, sonst können sie so leicht von unseren Erschaffenen getötet werden." sagte sie bedauernd und bettete ihren Kopf an seine starken Schultern,

„Sekhmet, sag mir. Sind unsere Kinder in Gefahr?", fragte er und sie lächelte zu ihm auf.

„Sie sind alle unsere Kinder, Geliebter. Ob aus meinem Leib erschaffen oder aus meinem Blut, aber dieses, unsere Kind wird besonderen Schutz brauchen, wie ich ihn auch brauche. Meine Schwestern im Westen, Osten und Norden haben viele von ihnen geboren. Sie sind, was sie sind und werden ihren Weg finden"

„Ich werde sie beschützen Sekhmet, das schwöre ich dir, selbst wenn du beschließen solltest zu schlafen, wie die Göttinnen vor dir und nach dir." Das brachte sie wieder zum Lachen und ihr Herz machte angesichts dieser unendlichen Treue einen wahren Freudensprung.

„Ich würde diese Welt nie ohne dich verlassen und selbst wenn: Göttinnen wie ich werden unter den geringsten geboren, haben sterbliche Eltern und ein unsterbliches Schicksal. Wenn ich ruhe und die Welt wieder eine Göttin braucht, wird eine kommen und mit ihr eine Liebe wie unsere, die im ewigen Schlaf endet. Das ist der Kreislauf. Und nichts kann das je aufhalten."

Violet riss die Augen auf, erwachte aus der Erinnerung und der Berg an Informationen, der auf sie hereinbrach war so niederschmetternd, dass sie einfach auf diesen kühlen Boden liegen bleiben wollte. Am besten Für immer. Aber auch das war ihr nicht vergönnt, denn sie war nicht allein. Über ihr stand eine Frau, mit großen, freundlichen Augen und einen Lächeln auf den Lippen, dass Berge schmerzen könnte. Sofia.

Die hübsche Frau mit den großen dunklen, leicht schrägen Augen, den niedlichen Klamotten und dem Temperament eines ausgewachsenen Berglöwen, sah auf sie herab. Ihre Haare waren etwas länger geworden und trug sie jetzt zu einem klassischen Bob, während ihr Lächeln drohte sie fast erblinden zu lassen.

„Du wirkst nicht besonders Tod und auch wenn ich die Aussage meines Bruders nie in Zweifel ziehen würde: Ich bin enttäuscht, dass er nicht mal mir die Wahrheit gesagt. Sehr enttäuscht!" grinste sie weiter und zog ihre Lippen zusammen als würde sie schmollen und Melody konnte gar nicht so schnell blinzeln, wie sie der Schreck durchfuhr und sie sich panisch an die Brust fasste. Sie hatte lebhaft vor Augen, wie effektiv diese kleine Frau, jemanden den Kopf abreißen konnte und dennoch nie ihr Lächeln verlor. Doch Sofia wirkte nicht so, als würde sie Violet gleich umbringen wollen. Noch nicht.

Neben Sophies Kopf hing ein wirklich unfassbar großer Spiegel – oder besser: Er hing an der Decke. Das Gegenstück zu dem Spiegel, durch den sie geflohen war und der ihr diese Visionen verschafft hatte. Oder vielleicht war es wirklich einfach das Malus gewesen – wer konnte das schon sagen. Zumindest lag sie jetzt hier und starrte auf diesen Spiegel. Wenn sie von da oben heruntergefallen war, erklärte es, die leichten Schmerzen in ihrem Rücken. Wer hing auch schon ein Spiegel an die Decke?

„Sekhmet", hauchte Violet gedankenverloren bis ihr endlich auffiel, dass sie wahrscheinlich endlich einmal aufrichten sollte. Aber sie blieb dennoch liegen. Hier, direkt vor Sofia, die ihren Erschaffer Re treu ergeben war und dieser wollte nichts anderes als ihren Tod. Weil.... weil Violet, der Anfang war. Der Anfang einer neuen Blutlinie von geborenen Vampire und wenn Re und seine Anhänger eines verhindern wollten, dann das die geboren Vampire diese Säuberung überlebten, die die Vampire gerade systematisch veranlassten.

„Sekhemet? Die Ägyptische Göttin, die vom Gott Re auf die Erde gesandt wurde, um die Menschen für ihre Zweifel an die Götter zu bestrafen?" fragte Sofia und Violet nickte, weil ihr Verstand immer noch dabei war die Situation zu analysieren. Doch Sofia zog nur eine Augenbraue nach oben und zeigte dann zur Spiegeldecke.

Seit kannte sie sich eigentlich plötzlich mir alt Ägyptische Mythen aus? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, dass Sofia recht hatte mit ihrer Vermutung und stolperte kurz über den Namen des Sonnengottes, den auch ihr Erschaffer trug. Was für ein merkwürdiger Zufall.

„Du bist mit dem Spiegel gereist und hast das Malus in der Hand, ist dir das klar?", fragte sie weiter und wieder nickte Violet etwas neben sich und spürte dann auch endlich den leichten Schmerz in ihren Hinterkopf. Verdammt, sie musste hart auf den Boden aufgeschlagen sein. Sehr hart. Der Schmerz strahlte auch langsam in ihre Beine.

„Gut. Sagst du mir jetzt noch, was du in meiner Eingangshalle zu suchen hast? Hat Nicolas dich hier hergeschickt? Hat Re sein Versteck gefunden? Du weißt, dass er ahnt, dass du nicht Tod bist, oder? Ich bin meinem Erschaffer natürlich treu, aber wenn du bist, was ich vermute, dann ist es wohl eher meine Pflicht dir zu gehorchen, oder?" meinte Sofia und es kam wieder nur ein Nicken von Violet.

Ja. Sofia sollte ihr treu sein, nicht Re. Sie war die Königin und die Vampire waren ihr zu Treue verpflichtet. Alle Vampire, egal ob erschaffen oder geboren.

>>ungehorsame Kinder, die sich zanken, weil du nicht da bist,<< hauchte das Malus ihr zu und obwohl dieser Vergleich vielleicht alles etwas zu sehr verharmloste, hatte es wohl recht.

„Sekhmet war eine Königin. Wie ich und ich bin wirklich erleichtert, dass du mich nicht an Re verraten willst, aber ich glaube wir haben größere Probleme", hauchte Violet ruhig und die nächsten Worte, die dann aus ihrem Mund kamen, begriff sie selbst erst in den Moment, in den sie sie selbst hörte. Als hätte ihr Kopf die Puzzleteile bereits zusammengesetzt aber sie noch keine Zeit gehabt, sie selbst zu realisieren weil...ja sie einmal mehr durchmachte, als ihr lieb war.

„So?", fragte Sofia neugierig und eine dunkle, schmale Augenbraue wanderte bei ihr so weit nach oben, dass ihre Stirn falten schlug.

„Nicolas hat vermutlich aus Versehen eine DeuxMacina erschaffen und diese hat irgendwie von ihm Besitz ergriffen. Sie ist jung, sehr böse und hat versucht mich umzubringen. Die anderen Gottesmaschinen stehen aber auf meiner Seite. Vermutlich." Erklärte Violet und drückte unbewusst das Malus enger an ihre Brust.

>>Jaja. Richtig. Richtig<<

Sofia sah sie lange an, nickte dann und stöhnte etwas genervt.

„Na toll, als wäre ein durchgedrehter Erschaffer, die Geburt einer Königin und der abgebrochene Fingernagel von heute Morgen, nicht schon heftig genug für mich gewesen. Die Welt retten ist weniger mein Ding. Björn? Liebling, ich bekommen Stressmigräne! Sei doch so nett und hilf Violet beim Aufstehen", sagte sie und schneller als Violet blinzeln konnte, wurde sie plötzlich auf die Füße gerissen und stand Sofias Gefährten gegenüber, der sie etwas übellaunig ansah, als wären die Kopfschmerzen seiner Frau tatsächlich ihre Schuld.

„Wohin mir ihr?", fragte er und Sofia machte einen Wink in Richtung einer alten Doppelflügeligen-Tür.

„Salon, bitte.", sagte sie und drückte sich theatralisch ihre schmalen Finger gegen die Nasenwurzel. Konnten Vampire überhaupt Kopfschmerzen haben?

Beta: noch nicht

Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt