Vertrauen

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Kapitel 32

Nicolas

„Können wir ihnen vertrauen?" fragte Violet so naiv, wie es manchmal eben ihre Art war und fast hätte Nicolas aufgelacht, so sinnlos kam ihm diese Frage vor. Dann aber fiel ihm auf, dass es für sie so aussehen musste, als suchte er Verbündete, denen er vertrauen konnte. Ganz so falsch war das auch nicht, aber wahrscheinlich waren seine Gründe einmal mehr nicht halb so edelmütig wie Violet es glaubte.

„Wirken sie auf dich vertrauensvoll?" fragte er und Violet, die gerade noch in dem Zimmer auf und abgegangen war, hielt inne und suchte etwas in Nicolas Gesicht, das sie offenbar nicht finden konnte.

„Nein. Dieser Gallen will uns nicht hier haben, ob ich eine Königin bin ist ihm egal und er scheint stark genug, um uns Probleme zu machen." bei diesen Worten erhob sich Nicolas aus dem Sessel und ging auf Violet zu. Sie betrachtete ihn misstrauisch, während er sich ihr näherte und einen seiner Finger über ihre Wangen gleiten ließ.

Das könnte eine zärtliche Geste sein, aber er war sich ziemlich sicher, dass selbst Violet längst verstanden hatte, dass es so einfach bei ihm nicht war. Nie. Vielleicht könnte sie sogar sehen, was diese gedankenverlorene Handbewegung tatsächlich bedeutete: Habsucht. Nicolas berührte sie, weil er es konnte und weil es ihm das Gefühl gab, sie zu besitzen. Eine Königin.

Alles, was er tat, diente einzig und alleine den Zweck sie zu behalten, vorzugsweise lebendig. Er hatte nicht vor einen Krieg zu führen oder für Frieden zu kämpfen, wie es für Violet wohl der Fall war. Alles, was er wollte war, sie zu besitzen.

Und bei diesen Vorhaben standen ihm einige Leute im Weg. Vor allem Re der Violet unbedingt tot sehen wollte. Das war lästig.

Noch ein viel größeres Risiko aber war Violet selbst und ihr Wille bei ihm zu bleiben. Ihre irrationalen Gefühle für ihn spielten ihn zwar in die Hand, aber er war nicht so naiv zu glauben, dass dies ewig dafür sorgen würde, dass sie bei ihm blieb, wenn sie sich dazu berufen fühlte, diese Welt vor dem unvermeidlichen zu retten.

„Diese Leute hier, werden uns helfen, weil sie glauben, durch dich diesen Krieg gewinnen zu können. Sie sehen in dir ein Mittel zum Zweck. Eine Königin ist bedeutend, selbst wenn diese Bedeutsamkeit ihr nur zugesprochen wird. Du könntest dafür sorgen, dass die Geborenen sich endlich aus ihren Verstecken wagen und sie hinter dir vereinigen."

„Ich habe nicht vor, eine Schlacht zu führen. Nicht gegen Re oder die erschaffenen Vampire an sich. Das würde nur für Chaos sorgen. Ich will lieber Frieden." Bei diesem Wunsch musste Nicolas selbst auflachen und griff zu einer Fernbedienung um den Fernseher anzuschalten, der ihnen hier zur Verfügung stand. Er zappte durch die Programme, bis er einen Nachrichtensender gefunden hatte.

Das Thema war wie erwartet dasselbe, wie schon seit Monaten. Vampir angriffe, Plünderungen in den Städten, Panik, die Machtlosigkeit der Regierungen. Die Menschen hatten noch bis vor kurzen keine Ahnung gehabt, auf welchem Pulverfass sie eigentlich saßen. Natürlich hatten sie immer von der Existenz der Vampire gewusst. Wie viele Legenden, Hinweise und schriftliche Quellen konnte man schließlich brauchen, um es endlich zu kapieren? Dennoch war es ein Schock gewesen.

Nicht, dass sich je ein Vampir vor die Kamera gestellt hätte, um ihre Vermutungen zu bestätigen. Aber man versteckte sich auch nicht mehr. Es gab immer noch eine ganze Reihe von Menschen, die es einfach nicht wahrhaben wollten. Doch umso mehr die Konflikte zwischen den Vampiren in die Öffentlichkeit getragen wurden und sich dabei nicht im Geringsten um die Menschen scherte, die dabei ins Kreuzfeuer gerieten, umso mehr sicherer wurde sich die Menschheit darüber bewusst.

Sie waren nicht alleine auf diesen Planeten und diese 'anderen' warten definitiv nicht ihre Freunde. Egal, wer diesen Krieg letztendlich gewann. Geborener oder Erschaffener, die Menschheit würde verlieren. Es gab kein Happy End.

Violet verfolgte die Nachrichten eine Zeitlang und Nicolas sah ihr das Entsetzen an, das sich in ihrem Blick widerspiegelte.

„Frieden, wird es nicht geben, Violet. Niemals. Vieles was man über Königinnen weiß ist ungenau und viel zu oft Hörensagen. Auch sehr, sehr alte Quellen. Aber in einem waren sie sich stets einig: Sie bedeuten einen Anfang, doch für einen Neuanfang muss immer auch etwas enden."

„Was hast du vor, Nicolas? Warum sind wir hier, wenn du diesem Konflikt doch so gleichgültig gegenüber stehst? Gallen könnte mich instrumentalisieren, das kann nicht in deinem Sinne sein." das ist wahr. So, so wahr.

„Weißt du, warum die Aufzeichnungen in Fall der Königinnen so ungenau sind, wo ihr doch so offensichtlich existiert?" fragte er und Violet zuckte mit den Schultern.

„Weil die Geborenen, die die einst herrschten, es so gewollt haben. Sie haben Dinge nur mündlich weitergegeben, Aufzeichnungen verhindert. Jede Quelle, die ich je in der Hand hatte, war von erschaffenen Vampire festgehalten worden und die haben die bloße Existenz der Königinnen ins Reich der Mythen verbannt"

Violet riss die Augen von dem Fernseher los und sah ihn misstrauisch an.

„Du bist hier, um Informationen zu bekommen? Geschichten von Geborene zu erfahren? Im Grunde genommen also dient es nur der Befriedigung deines Sammeltriebes. Unfassbar." warf sie ihm fast empört entgegen und es stimmte. War aber nicht alles.

„Verstehst du es immer noch nicht, Violet? Du bist hier, aber du bist nicht erste Königin. In den letzten Jahren, Jahrhunderten, vielleicht auch schon länger, hat Re auf etwas systematisch Jagd gemacht, dass schon damals nicht mehr als ein Mythos in den Köpfen der Geschaffenen gewesen war. Die Königinnen waren schon zu den Hochzeiten des Geborenen-Herrschaft fast eine Legende. Und nicht nur das Re Jagd auf die Königinnen macht, er findet sie offensichtlich auch und schafft es, sie aus dem verkehr zu ziehen. Er hält sogar eine gefangen. Er hat uns im Sofies Haus gefunden." erklärte Nicolas etwas schwerfällig und Violet schien langsam zu verstehen, worauf er hinaus wollte.

„Also hat er Informationen, die dem Rest der Vampire nicht zur Verfügung stehen? Und du glaubst, du findest in den Legenden, die sich die Geborenen erzählen einen Hinweis darauf?" fragte er und Nicolas beugte sich zu ihr herunter und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Er weiß mehr als wir. Ich will wissen, wieso und vor allem: wie ich dich davor abschirmen kann. Mir ist es egal wer diesen Krieg gewinnt, aber wir werden ihn überleben, Violet. Wir beide."

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Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt