zweites Erwachen

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Kapitel 25

Violet explodierte.

Eine andere Beschreibung für den wahnsinnigen Ausbruch von Trauer, Schock und Verzweiflung fand sie selbst nicht. Und der Sturm, der in ihr ausbrach und fast alle Aspekte ihrer eigenen Persönlichkeit hinge wegfegte, war so voll der Macht, dass sie ihm nicht widerstehen konnte. Und sie wollte es auch gar nicht. In dem Moment als Nicolas starb, war sie von Kummer und Schmerz so überwältigte, dass sie diesem anderen ihres Selbst gerne die Führung überließ und sich an einen Ort zurückzog, wo sie still leiden konnte.

Und dieses andere Selbst erschien mit einem Knall. Genau das passierte in ihr. Sie explodierte. Der Schmerz traf ihre Brust, durchflutete den Rest ihres Körpers und setzte alles in ihr in Flammen. Die Tür in ihrem inneren riss komplett aus ihren Angeln und zerfetzte ein Teil der Schwelle gleich mit, als der Feuersturm in ihr auf einen Schlag freigesetzt wurde .

Violet versuchte noch nach Nicolas zu greifen, kreischte in einem hohen verzweifelten Ton, der jeden im Umkreis von einigen hundert Meilen aufhorchen ließ. Die Fenster von Sofias Anwesen zersprangen, als die Macht aus ihr heraus fegte und alles in ihrer physischen Nähe zerstörte, weil nichts, absolut gar nichts, mehr Bedeutung hatte, wenn Nicolas tot war.

Re wurde zurückgeschleudert, getroffen von einer Schockwelle, die er nie würde aufhalten können, weil er einfach nichts weiter war, als ein simpler Sterblicher, dem man vor vielen Jahrhunderten die Unsterblichkeit geschenkt hatte – die man ihm genauso schnell wieder nehmen könnte. Aber sie, sie war als Unsterbliche geboren worden und würde diesen unwürdigen Wicht am eigenen Leib spüren lassen, was es bedeutete, sich mit einer Königin anzulegen.

Als Violet schrie, Nicolas kopflosen Körper umfasste, der noch in derselben Sekunde anfing zu zerfallen, spürte sie, wie ihr die sonst so kleinen Fangzähne aus dem Kiefer schossen und länger wurden, weil eine Königin nun einmal alles konnte und sich jeder und alles ihren Willen zu beugen hatte.

Auch die Wahrheit. Und spülte in sie hinein und explodierte in ihrem Schädel. Das Wissen, dass das Malus all die Zeit über gestammel hatte offenbarte sich ihr auf einen Schlag.

Re.

Er hatte es gewagt.

Er hatte sich an ihren Gefährten vergriffen, an den Mann, den sie liebte und den sie sich als König auserwählt hatte und nun würde er dafür büßen.

Als ihr Schrei endete, der Boden aufhörte zu beben und Nicolas nur noch ein Haufen Staub zu ihren Füßen war, fixierte sie den Rebellionsführerer mit ihren Augen und fletschte die Zähne. Er fürchtete die Königinnen? Sie würde ihm beweisen, dass allen Grund dazu hatte!

Er würde leiden. Er würde büßen.

Re hatte sich die Ohren zugehalten, während ihres Ausbruches, doch es hatte nicht viel gebracht. Sie sah wie aus seinen Ohren, seiner Nase und aus einem Augenwinkel Blut heraustrat, aber den Schaden, den sie eher zufällig angerichtet hatte, reichte nicht. Es würde nie reichen. Re war alt und erfahren genug um ihr standzuhalten. Eine Zeit lang zumindest.

Violet lächelte, fühlte wie die Macht durch ihre Zellen pumpte und die Zeichen auf ihrer Haut weiter explodierten und Wissen frei setzten, über das, was sie war und was sie konnte. Alles. Sie wusste alles.

Warum sie wieder da war, warum sie und ihre Schwestern nie aufhören würden, immer und immer wieder geboren zu werden. Warum sie den einzig legitimen Herrschaftsanspruch auf diesen Planeten hatte und dass Re seine Chance nun verspielt hatte.

Er hatte versucht ihre Wiedergeburt zu verhindern. Immer und immer wieder. Hatte sich zunutze gemacht, dass viele frisch geborenen Königinnen erst gar nicht wussten, was sie waren und was sie konnten, bis sie vollständig erwachten. Nun war ihr Moment aber gekommen. Nur ein einziger Fehler dieser Gemeinschaft aus erschaffenen Rebellionsführern, hatte genügt, um ihr Ende einzuläuten, dass und der von allen anderen, die sich ihr je in den Weg stellen würden. Es war unvermeidlich gewesen, den irgendwann macht jeder Fehler und in einem unendlichen Spiel wie das was sie vor fünftausend Jahren begonnen hatten zu spielen, wo nur ein Fehler genügte, war ihr Versagen vorherbestimmt gewesen. Diese Narren.

Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt