Ende eines Bildes

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Kapitel 47

Violet

Violet durchfuhr ein gewaltiger Schlag als Björn dieses Geschöpf endlich ergriff und er davon abhielt, Violet den letzten Gnadenstoß zu verpassen. Sie hatte keine Ahnung, ob dieser Eingriff von der personifizierten Schale nicht doch zu spät kam, aber als die schwarzen Punkte vor ihren Augen endlich wieder etwas klarer wurden, dachte sie zumindest kurz, dass sie es überstehen könnte.

Für einen Moment blieb sie trotz des Aufstaus von Adrenalin und der Dringlichkeit der Situation einfach auf dem groben Kopfsteinpflaster liegen und schien damit die einzige zu sein, die sich Zeit nahm das alles erstmal zu verarbeiten. Das Portrait aber, die Deux Macina, die wohl irgendwie ein Abklatsch von Violet selbst war, ließ absolut nicht locker.

Sie kreischte und sprang Björn regelrecht an, der aber schnell ihre Hände festhielt, bevor sie ihm wie eine Furie das Gesicht zerkratzen konnte.

"Violet? Violet? Scheiße! Beweg dich doch endlich!" schrie Sophie Violet und sah zu Violet herab, die erst jetzt wirklich begriff, dass es keine Entscheidung ihrerseits war einfach liegenzubleiben. Es ging nicht. Sie konnte es nicht.

Ihre Augen, die zu Nicolas Schwester hochstarren konnte sie ebenfalls kaum bewegen und so schlug der Moment der Ruhe in pure Panik um. Sie war gelähmt, diese Deux Macina hatte ihr das Genick gebrochen und Violet wusste plötzlich nicht mehr, ob es Fluch oder Segen war, jetzt noch zu leben. Der Schrei der sich in ihren Inneren sammelte und nicht nach außen drang, hallte in ihrem Kopf fort und nahm ihr die Fähigkeit klar zu denken.

Königin hin oder her, Violet wusste nicht, ob sie dazu in der Lage sein würde eine so schwere Verletzung zu heilen. Und wenn sie es nicht könnte, was sollte sie dann machen? Würde so ihre Ewigkeit aussehen? So ihr Schicksal. Zu der unfassbaren Angst, paarte sich Verzweiflung und der Wunsch lieber tot zu sein als das hier ertragen zu müssen.

"Du lebst noch, ich weiß es. Violet! Du darfst nicht aufgeben, okay? Das wird schon wieder! Das...", ein anderer Vampir stieß Sophie von Violet weg und obwohl sie helfen wollte, kämpfen wollte, wie Sophie es ihr aufgetragen hatten, konnte sie es nicht. Violet konnte nur daliegen und zusehen, wie das Chaos um sie herum weiter alles verschlang, was es zu fassen bekommen konnte. Das Getümmel wurde nicht weniger, ganz im Gegenteil. Schreie zerfetzten die Luft, einige Menschen flohen in angesichts der wenig freundlich gesonnenen Vampire und waren dennoch nur Schafe, die die Eindringlinge fast schon nebenbei abschlachten.

Niemand hatte Zeit für sie oder das, was Sophie zu schaffen machte. Es würde keine Hilfe kommen. Björn rang mit der Deux Macina während um sie herum eine Horde wild gewordener Männer und Frauen aufeinander losgingen und den Tod von menschlichen Leben billigend in Kauf nahmen.

"Geborenen, Schlampe!" fauchte der Vampir als er Sophie wieder angriff und scheinbar keine Ahnung hatte, wen er da wirklich vor sich sah. Re hatte die Siedlung also angreifen lassen und wenn Violet die Horde betrachtete, die um sie herum wild und erbarmungslos mordeten, hatten die Einwohner hier kaum eine Chance dem lange stand zu halten.

Und in all diesem Gemetzel lag Violet einfach nur da und konnte nicht einmal einen Finger rühren.

Die Verzweiflung darüber, ließ sie fast ein weiteres Mal in Panik geraten und sie versuchte ihren Körper dazu zwingen sich zu heilen.

Sie war doch eine Königin. Die Königin aller dieser Vampire, die gerade dabei waren sich gegenseitig zu zerfleischen. Und dennoch war, sie konnte sie nichts unternehmen. Wo höhnisch konnte das Schicksal sein? Wie schmerzvoll der Wille der Götter, wenn sie so etwas zuließen? Sie war schwach in genau dem Moment, in dem sie hätte stark sein müssen.

Vielleicht hatte sich Violet genau deshalb nie wirklich dafür interessiert zu herrschen, weil sie tief in ihrem Inneren immer gewusst hatte, dass sie scheitern würde.

Die Erkenntnis ihrer eigenen Machtlosigkeit zog ihr die Brust zusammen und blockierte auch noch die letzten, Muskeln, die sie bewegen konnte. Ihre Atmung stoppte und während sie sich einmal mehr fragte, ob sie das jetzt endlich ihr Ende war, schob sich Björn in ihr Gesichtsfeld.

"Du bist das, was er sein will. Und er will dich lebend." meinte er in kryptischer Sprach und direkt vor ihren Augen löste sich sein Gesicht für eine Millisekunde auf, und wurde zu dem schwarzen Etwas, dass der Schale innewohnte.

Im Flug fing er das Portrait auf, das ein weiteres Mal auf ihn losgehen wollte und sie sah dabei zu, wie Björns Körper sich auflöste und den der anderen Deux Macina ein sog. Es war ein grausiger Anblick.

Violets fast perfektes Ebenbild riss die Augen auf, versuchte gegen den Griff anzukommen und dutzenden schwarzen Klauen, die aus Björns Körper erwuchsen, fortzuschlagen, die sie packten und tiefer in seinen Körper pressten.

Der Überlebenskampf ging lange und war so furchterregend, dass Violet so etwas wie Bedauern mit der Deux Macina empfand. Doch die Schale blieb gnadenlos, während sie es verspeiste.

Dann nahm es wieder Björns Gestalt an und sah weiter bedeutungsvoll auf Violet herab. Mit einer Gier in den Augen, die sie nicht einordnen könnte.

"Du musst sein, wie er dich haben will, aber wenn du das jetzt bleibst, wirst du sterben, falsche Königin. Und wenn du das tust, werde ich dich in mich aufnehmen und diesen neuen Anfang beenden", meinte er weiter und Violet versuchte ehrlich herauszufinden, was genau er damit meinte, doch konnte es nicht.

Sie konnte gar nichts. Die Trauer und der Schmerz, den ihr Zustand verursachte, bäumte sich in Verzweiflung auf und verhinderte jeden klaren Gedanken ihrerseits. Sie wollte so nicht leben. Sie wollte so nicht sein. Die Angst vor so einem Zustand machte die Aussicht, von der Schale gefressen zu werden, zu einer unleugbar freudigen Botschaft.

So sehr sie Nicolas auch liebte, sie würde das hier nicht ertragen. Auch nicht für ihn.

"Ist das deine Entscheidung, falsche Königin?", fragte Björn und anstelle eines Nickens rann eine einzelne Träne über ihre Wange.

Ihr Körper würde nicht heilen, sie wusste es genau und egal wie sehr sie an diesem Leben auch festhielt, dieses Schicksal wollte sie nicht. Sie wollte nicht zerschlagen und besiegt vor sich hin vegetieren und gezwungen sein, das Leid um sie herum anzusehen.

Wie einen Schmetterling, dem man die Flügel und die Beine ausgerissen hatte. Nur seine Fühler waren geblieben, damit der hören und sehen konnte, damit sie auch niemals vergessen würde, was es wirklich bedeutete zu leben.

"Bedauerlich." war alles, was Björn noch sagte, bevor sich seine Gestalt ein weiteres Mal auflöste und zu einer schwarzen, alles verschlingenden Masse wurde.

So würde es also enden und Violet hieß es zum ersten Mal tatsächlich willkommen.

Ob Nicolas es erfahren würde, was mit ihr geschehen war oder bis zum letzten Tag nach ihr suchen würde, in der Hoffnung sie wäre entkommen?

Der Gedanke brachte Violet das Herz, doch was konnte sie schon tun? Sollte sie die Qualen tragen, damit er sie sich nicht aufbürden musste? Sie kannte die richtige Antwort nicht und würde sie wohl nie kennen. Doch angesichts der Ausweglosigkeit ihrer Situation war der Tod ihr eine Freude.

 Doch angesichts der Ausweglosigkeit ihrer Situation war der Tod ihr eine Freude

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Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt