jagen Teil 1

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Kapitel 20

Nicolas

Der Spiegel riss in zwei und das er es tat, war der einzige Grund, warum Nicolas mitten in Gang stehen blieb und dieses alte, hässliche Dinge überhaupt irgendeine Art von Beachtung schenkte. Er hatte die vergangenen Stunden, vielleicht auch Tage damit zugebracht die Gänge nach Violet abzusuchen und dabei vollkommen das Zeitgefühl verloren. Insgeheim, wusste er natürlich, dass sie nicht mehr hier war, denn er spürte ihren Verlust und hatte keine Erklärung dafür wie sie hier heraus entkommen hätte können. Es gab nur einen Ausgang aus diesen scheinbar unendlichen Labyrinth und der war noch immer so versiegelt wie er ihn zurückgelassen hatte. Das Gewicht der Leere, die nun in seiner Zuflucht herrschte, drückte wie ein Felsbrocken, in dem Gewicht eines Berges auf seine Psyche und die einzige Chance nicht jeden Moment durchzudrehen, war es den Drang nachzugeben und zu suchen. Immer weiterzusuchen. Wie war sie entkommen? Wo war sie hin? Warum war sie gegangen und ... hatte sie jemals existiert.

Der aus dem Alter geborene Wahnsinn, den er immer unter Kontrolle geglaubt hatte, kam mit dieser raschen Idee um die Ecke und lachte ihn aus, weil...es möglich sein könnte. Was ist, wenn er bereits den Verstand verloren hatte und Violet, ihr Erwachen und alles andere nie geschehen war? Er dachte darüber nach, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. So weit war er noch nicht. Natürlich hielt er es für sehr wahrscheinlich irgendwann einmal den Verstand zu verlieren, aber er wusste, dass es noch nicht so weit war. Es gab Vampire, die älter waren als er und die immer noch einen klaren Verstand vorzuweisen hatten. Lediglich, die schwachen drehten bereits nach wenigen Jahrhunderten, manchmal sogar nur Jahrzehnte durch und er hatte zu viel durchgestanden, um als schwach zu gelten.

Der Schock seiner Wiedergeburt durch Re, der Blutdurst und dann diese Jahre voller Qual als diese Frau ihn in seiner Gewalt hatte und er tatsächlich davon überzeugt gewesen war, dieser Folter nicht standhalten zu können. Da hatte er zum ersten Mal halluziniert und ein Teil seines selbst, glaubte bis heute, dass er sich das nicht eingebildet hatte. Es war zu real. Aber auch unmöglich.

Als der Spiegel unter einen lauten knirschen ohne erkennbaren Grund, weitere Risse bekam und er die wenigen Schritte zurückging, um ihn anzusehen, sah er darin ein Sinnbild seines Verstandes.

Dieser Spiegel sollte eine Deux Macina sein, hatte sich aber nie auch nur ein wenig anders Verhalten, als es ein alter Spiegel tun sollte und stand deswegen vergessen in diesen Gang herum. Und nun hatte er Risse. Gedankenverloren streckte Nicolas seine Finger nach dem mit Silber unterlegten Glas aus und spürte plötzlich, dass dort kein Widerstand war, wo das Glas eines hätte bilden sollen. Er war durchlässig. War er das immer schon gewesen? Er konnte sich nicht erinnern. Eben sowenig wie er überhaupt in seinen Besitz gekommen war. Aber vermutlich so, wie viele Deux Macinas in seinen Besitz gekommen waren: Sie tauchten aus dem Nichts aus oder wurden von ihm gefunden und entschieden sich dafür bei diesem seltsamen Sammler zu bleiben, der er nun einmal war.

Nicolas Finger tauchten in eine Masse ein, die sich ein wenig wie Wasser anfühlte, nur ...dichter. Wie in der Spiegel in der noch berühmteren Geschichte, wo das Mädchen Alice ihre zweite Reise in das Wunderland antrat. Könnte Violet ihm so entkommen sein? Hatte sie ihn durch diesen Spiegel hindurch verlassen?

Bei dem Gedanken kämpfte Zorn sich von seinem Magen zurück in seine Kehle, denn obwohl etwas Rationales ihm sagte, dass sie nicht vor ihm, sondern vor diesem Ding, dass auch ihn versuchte hereinzulegen, geflohen war, war der Drang, sie einzufangen und dann einfach irgendwo anzuketten einfach überwältigend. Nicolas kam sich beraubt vor. Ein Sammler, dem eines seiner liebsten Stücke gestohlen worden war und er hasste Violet kurz dafür, dass sie sich so leicht in die Flucht hatte schlagen lassen.

Kurz dachte Nicolas an dieses Ding, welches ihr Gesicht trug, und dass Violet hatte ersetzen wollen und entschloss spontan, dass er sich damit ein andermal beschäftigen würde. Das Treiben einer Deux Macina zu erklären oder auch nur zu versuchen es zu verstehen, war mühselig und meistens wenig von Erfolg gekrönt Unter den meisten Vampiren, die dem Wesen der Deux Macinas auf den Grund zu gehen versuchten, verloren vielen ihren Verstand und Nicolas hatte das immer als Wahrung betrachtet, dieser Art von Neugierde nicht nachzugehen. Es würden sowieso keine Antworten folgen, warum sich dann überhaupt die Fragen dazu stellen? Die Natur der Deux Macinas folgte keinen Gesetzen und keiner Logik, alles, was ihre Erforschung brachte waren Verzweiflung und Wahnsinn. Also weigerte er sich einfach sich zu fragen, was dieses Abbild von ihm wollen könnte.

Sein oberstes Anliegen war es Violet wiederzufinden denn er brauchte sie. Nicht weil er sich irgendwelchen romantischen Gefühlen hingab, er wollte sie zurück, weil man sie ihm genommen hatte. Sie gehörte ihm, er hatte sie gefunden, und damit hatte sie nicht das Recht einfach vor ihm wegzulaufen!

„Ich kann sie sein", hauchte eine aufgelöste Stimme hinter ihm. Dieses Abbild war wieder da, dieser Geist, der kein Geist war. Und als er zur Seite blickte, stand das lebendig gewordene Portrait da und blickte ihn mit großen, traurigen Augen an. Augen, die ihn so stark an Violet erinnerten, dass er sich dieser Anziehung kaum widersetzen könnte. Aber er wusste: Sie war nicht Violet. Sie war eine Kopie, die Personifikation eines Ideals, das er einst schuf und sie sah bemitleidenswert aus, wie sie mit hängenden Schultern einfach dastand und ihn anblickte. Ihre Unterlippe bebte sogar, als würde dieses Etwas wirkliche trauer spüren. Aber das war unmöglich. Es war ein Trick. Ein strategisches Manöver um zu bekommen, was sie wollte: Und dieses Ding wollte einfach nur Violet sein.

„Kannst du nicht. Kannst du niemals. Du bist weder wirklich lebendig, noch bist du sie", erwiderte er kalt und das hübsche, traurige Gesicht, verzerrte sich in etwas geradezu dämonischem vor dem jeder andere zurückgewichen wäre. Aber nicht er, denn was konnte diese Kreatur ihm schon antun, was ihm nicht schon angetan worden war?

Beta: Noch nicht

Beta: Noch nicht

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Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt