Bekanntschaften

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WICHTIGER HINWEIS: durch einen Uploadfehler meinerseits, könnte euch dieses Kapitel bekannt vorkommen, dann ist es das Kapitel 7 dass ihr lesen solltet, weil dieses dann neu für euch ist  ^^

Kapitel 8

Violet stand in einem der Zimmer, die wohl als Bad dienen sollten. Zumindest befanden sich hier eine moderne Dusche, ein Waschbecken und ein Spiegel. Alles Dinge, die sie in dieser spartanischen Unterkunft am Anfang nie erwartet hätte.

Die Wände waren teilweise grob aus dem Stein gehauen worden und mit schweren Wandteppichen behangen, dessen Bilder und Geschichten so umfangreich waren, dass sie Jahre mit ihrer Entschlüsselung verbringen konnte.

Sie hatte keine Ahnung wie groß diese Anlage war die aus Fluren, Räumen und Zimmern, mal offen, mal mit Türen, mal lediglich mit Vorhängen getrennt bestand. Aber sie sah sehr deutlich wo sich Nicolas am meisten aufhielt, denn hier waren die Räume und Flure mit Teppichen ausgelegt, dort standen Antiquitäten und manchmal hingen wirklich merkwürdige Kunstwerke an den Wänden. Und so überladen dieser Teil wirkte, so kalt wirkte der Rest. Da, wo Teppich in blanken, kalten Stein überging, wo der einzige Schmuck alte Öllampen und die Mineralien im Stein waren, da hörte es auf. Violet hatte Gänge gesehen, die nicht einmal beleuchtet waren und aus denen merkwürdige Geräusche zu hören waren. Mal unschuldiges fiepten von irgendwelchem Ungeziefer wie Mäusen und manchmal Anderes. Röcheln und vielleicht auch mal ein Weinen, dann ein Lachen und ein Flüstern. Es war wirklich unheimlich und sie hatte mehr Angst vor diesen Gängen, als sie es in Margarethas Haus gehabt hatte wo die Schichten der Welt so dünn wurden, dass sie Dinge gesehen hatte die mehr als verstörend waren.

Sie hätte Nicolas danach fragen können, aber sie war immer noch wütend auf ihn. Hier, wo auch immer sie war, könnte sie ihm Jahrhundertelang aus dem Weg gehen und momentan nutzte sie diesen Umstand aus, während sie in de bewohnten Teil dieser dunklen Palastes blieb. Zu Feige um in die Flure weiterzugehen, um Räume zu betreten, die ihr Angst machten oder sich zu viele Gedanken darum zu machen was sich hier noch alles befand.

Doch sie tat es. Sie konnte nicht damit aufhören über all das Nachzudenken. Dinge die hier drin waren, dinge die geschehen waren. Sie fühlte sich klaustrophobisch und gleichzeitig haltlos und sie hatte keine Ahnung wieso.

Der Spiegel im Badezimmer reflektierte ihr Bild. Sie konnte kaum fassen, dass sie Tod gewesen war und noch weniger, dass sie wieder lebte. Sie erinnerte sich an den Tod, an die Erlösung, an das Gefühl das sie nichts belastete. Das sie wieder hier war mit der Schwere des Lebens erschreckte sie, verursachte in ihr eine Verzweiflung die sie kaum abschütteln konnte. Sie fühlte sich nicht wie sie selbst, aber nicht weil sie irgendwie Nicolas in Brand gesteckt und nicht mehr so verletzlich war. Nein, dass war es nicht, da war noch etwas anderes.

Als sie sich ihm entgegen beugte sah sie etwas in ihren grauen Augen schimmern, das vorher nicht da gewesen war und als sie an die Frau dachte die sie verloren hatte, als sie daran dachte, dass sie sich selbst verloren hatte, traten ihr Tränen in die Augen.

Es war so absurd. Sie hatte nie Angst vor dem Leben gehabt, sich nie nach dem Tod gesehnt und nun stand sie hier und heulte weil sie wieder atmete, dabei sollte sie froh sein wieder zu leben, oder nicht?

Sie zwang sich dazu sich von ihrem eigenen Anblick loszureißen. Sie selbst und ihre Gedanken fallen zu lassen. Es würde ihr nichts bringen. Sie war hier und sie lebte. Das Wissen darum, dass sie anders war, das sie nicht mehr die war die sie glaubte gewesen zu sein, sollte sie nicht erschrecken. Das war ihr schließlich schon einmal passiert, als sie begriff, dass sie tatsächlich nicht alterte. Und sie würde es so hinnehmen wie sie es immer getan hatte: Einfach, locker. Sie war eine Beifahrerin in ihrem eigenen Leben, sie hatte nie Macht darüber gehabt, nie die Chance erkannt es selbst in die Hand zu nehmen. Es kam ihr vor als würde sie am Rand der Zeit lang spazieren und sich selbst beobachten. Selbst als Nicolas sie in diese Welt gebracht hatte, hatte sich daran nicht viel geändert. Sie hatte Dinge geschehen lassen, mit sich geschehen lassen und war vollkommen überfordert Stehen geblieben und hatte nichts getan. Das war ihre Bewältigungsstrategie solange sie denken konnte: Feige sein, sich raus halten. Und nun stand sie hier und war wieder am Leben. Weg von der Unendlichkeit der Schwerelosigkeit wo sie sich sicher fühlen konnte. Und Nicolas machte nichts davon besser. Gar nichts. Sie fühlte sich von ihm nicht beschützt, nicht mal gemocht. Auch jetzt nicht. Wie sollte sie die Kontrolle in ihrem Leben zurückerlangen wenn sie es nie gelernt hatte, wenn diese verfluchte Welt sie nur ständig verunsicherte und ängstigte und Nicolas dasselbe tat? Und warum stand sie hier und bemitleidete sich selbst?

Nicolas (Bd.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt