"Komm, ich hab schon auf dich gewartet." Vor mir stand ein Fremder. Ich blickte auf und sah eisblaue Augen und rabenschwarzes Haar. 'Ich kenne dich!', wollte ich sagen, jedoch kamen andere Worte heraus: "Wer bist du?" Der Mann lächelte und reichte mir eine Hand: "Ein alter Freund." Ich wollte ihn zornig anstarren und meine Hände vor meiner Brust verschränken, aber mein Körper gehorchte mir nicht. Stattdessen gab ich ihm meine Hand und fragte: "Was willst du von mir?" Verträumt sah er mir in die Augen: "Nur deinen Schatz." Verwirrt sah ich ihn an und wenigstens diese Reaktion spiegelte mein Körper wieder. 'Was für einen Schatz? Ich geh zur High School, da hab ich doch nichts Wertvolles. Außer mein Handy und mein Laptop vielleicht, aber wovon laberst du bitte?!', wieder gelangten die Worte nicht aus meinem Mund. Dafür aber etwas, das ich nicht erwartet hatte: "Niemals! Und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Du bekommst ihn nicht!"
Der Mann lachte laut auf: "Es war bereits das Letzte, was du getan hast. Sieh nur hinter dich." Ich drehte mich um und sah das Mädchen mit den Pestbeulen am Körper tot vor mir liegen. 'Das bin ich doch gar nicht!', protestierte ich, aber er hörte mich nicht. Als mein Körper sich wieder zu ihm drehte, tippte er mit dem Zeigefinger gegen mein Dekolleté. "Ich kriege den Soulwalker noch, aber für den Anfang reichst auch du mir!", grinste er hämisch und dabei begann sein Finger zu brennen, sodass die Flammen auf mich überschlugen. Ich schrie vor Schmerzen auf.
"Es war nur ein Traum, nur ein Traum.", redete ich mir selbst ein. Er machte mir Angst, da er sich mehr als lebendig angefühlt hatte. Unbewusst legte ich meine Hand ans Dekolleté und bemerkte eine Unebenheit. Es sah aus als hätte man eine Zigarette auf mir ausgedrückt. Geschockt sog ich die Luft ein. "Wie zur Hölle ist das passiert?", zischte ich, " Und wie soll ich das den Leuten erklären? Die halten mich doch für komplett bescheuert." Verzweifelt suchte ich nach einer Lösung, bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel: "Nana hatte doch seltsame Dinge erzählt. Sie muss mir glauben, wenn ich ihr das erzähle." Schnell lief ich zum Schrank und suchte einen langen Schal, der das Mal verdecken würde. Im nächsten Augenblick saß ich schon im Wagen nach Taholah. Als ich beim Lebensmittelladen ankam, stand Nana schon an der Tür und wartete sehnsüchtig auf jemanden. Sobald sie meinen Truck bemerkte, kam sie eilends zu mir und zog mich in den Laden. Hinter uns schloss sie die Tür, drehte das Geöffnet-Schild um und hängte Kräuter an den Türgriff.
"Ich habe gespürt, dass du kommst und aufgebracht bist, mein Kind. Was ist geschehen?", fragte die alte Frau sofort. Ohne zu antworten, wickelte ich den Schal ab und zeigte ihr die Verbrennung. Nanas Augen wurden zu Schlitzen und sie legte ihre Hand flach über die Stelle. "Ich spüre böse Kräfte! Wie ist das passiert?", fragte sie dann. Hoffnungsvoll sah ich sie an und plapperte los: "Das heißt du glaubst mir? Also ich hab geträumt. Seit einiger Zeit habe ich schon seltsame Träume, aber dieser war anders. Da war ein Mann und er wollte etwas von mir und mein Körper hat mir nicht gehorcht und hat alles andere gemacht, außer das, was ich wollte. Und dann sah ich das Mädchen mit den Pestbeulen tot vor mir. Jedenfalls als ich mich wieder umgedreht hatte, hat der Typ mich genau hier angefasst und gesagt, dass er ihn, ähm, irgendwas mit S, schon kriegen würde, aber ich ein guter Anfang sei. Und dann hat sein Finger gebrannt! Und ich dadurch auch bis ich aufgewacht bin." Nana hörte sich alles schweigend an, während ihre Gesichtszüge immer finsterer wurden. "Er hat dich also gekennzeichnet. Also ist er hier.", murmelte sie. "Wer?", flüsterte ich. Nana sah auf und warf mir einen mitleidigen Blick zu: "Je länger, man dich fern halten kann von ihm, desto besser. Sky, ich kann dir nur einen Tipp geben. Versuche dein Leben so normal wie möglich zu gestalten, sprich mit niemandem über solche Dinge außer mit mir. Wir müssen dich schneller vorbereiten, als gedacht! Und stell keine Fragen. Ich kenne sie alle und mit der Zeit erfährst du zu jeder die Antwort. Jetzt komm her, ich mach dir das Mal weg." Ich wollte etwas erwiedern, doch klappte ich meinen Mund wieder zu und folgte ihr. Nana nahm mehrere Kräuter, die sie mörserte und mit Wasser zu einer Paste rührte. Diese strich sie über meine Wunde. "Es könnte gleich etwas schmerzen, da ich das Mal von dir los reiße.", erklärte Nana. Ich schluckte und spannte sämtliche Muskeln an. Als ich die gebrechliche Hand auf meiner Brust bemerkte, kniff ich schnell die Augen zu und atmete tief ein. Genau in dem Moment zog Nana die Hand weg und die Paste mitsamt der Verletzung verschwand von meinem Körper. "Du wirst leider immer diese Abweichung der Hautstruktur an der Brust haben, aber sie fällt kaum auf.", entschuldigte sich die alte Frau. "Damit komm ich klar. Narben machen interessant, wobei ich noch nicht weiß, was ich dazu erzählen soll.", lächelte ich, "Aber vielen Dank für deine Hilfe. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich gemacht hätte." Nana nickte: "Du kannst immer zu mir kommen. Aber jetzt muss ich den Laden wieder auf machen. Wobei du noch gerne bleiben darfst." "Würde ich gerne, aber ich werde nachher abgeholt. Wobei eine Frage hab ich noch.", erklärte ich. Nana sah mich an und wartete bis ich weiter sprach. "Kannst du mir das beibringen? Beziehungsweise kannst du mich unterrichten, damit mir sowas nicht nochmal passiert?", fragte ich. Die alte Frau durchbohrte mich mit ihrem Blick. "Für die Dinge, für die du bereit bist, ja. Beim Rest müssen wir warten, bis du bereit bist.", sagte sie. Ich grinste breit und umarmte Nana fest. Dabei flüsterte ich ihr ins Ohr: "Danke." Auch sie drückte mich an sich und begleitete mich dann stumm zur Tür. Zum Abschied legte sie ihre rechte Hand über ihr Herz und machte dann eine ausladende Geste. Ich tat es ihr gleich und stieg dann in den Truck.
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Soulwalker
FantasíaSoulwalker ist eine uralte mystische Kraft und niemand weiß mehr so genau, was diese eigentlich bewirkt. Sicher ist nur, dass Gut und Böse seit Jahrtausenden darum kämpfen. Im größten Teil der Geschichte wurde die Kraft positiv beeinflusst, aber es...