33. Kapitel

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Es waren einige Monate vergangen und ich hatte mich endlich mal wieder mit Lynn am Strand verabredet. Seit ich mit Paul zusammen war, hatte ich kaum noch Zeit für sie. Unsere Verabredung verlief jedoch sehr still.

"Glaubst du, dass jemand, der durch und durch böse ist, lieben kann?", fragte ich Lynn plötzlich. Meine Gedanken kreisten wieder mal um Damon. Seit den Träumen hatte ich nichts mehr von ihm gehört und ich machte mir irgendwie Sorgen. Ab und zu sah ich zwar dunkle Schatten, doch ich war mir nicht sicher, ob das Damon oder eine Einbildung war. Mit traurigem Blick starrte ich auf das Meer hinaus. Lynn musterte mich überrascht, bevor sie mir antwortete: "Du redest jetzt aber nicht von deinem Freund?" Obwohl es wie eine Frage klang, reagierte ich nicht darauf. Unbewusst griff ich mit meiner rechten Hand an meinen linken Unterarm. Für einen Moment kniff ich die Augen zu und zwang mich dazu, mich zu beruhigen. "Warum machst du das immer?", fragte mich Lynn. Fragend sah ich sie an, da ich nicht damit gerechnet hatte. "Du greifst dir immer an den linken Unterarm, sobald man von Dingen spricht, die irgendwie mit deinem Freund zutun haben. Schlägt er dich?", bohrte sie weiter. Ich schüttelte schnell den Kopf: "Nein, er schlägt mich nicht."

Lynn musterte mich immer noch skeptisch, sodass ich schnell meinen Arm wieder los ließ und zurück auf das Meer sah. "Um nochmal auf deine Frage zurück zu kommen. Ich glaube, dass jede normale Person lieben kann. Egal wie böse sie auch sein mag.", überlegte Lynn. "Und wenn diese Person nicht normal ist?", unterbrach ich sie. "Solange die jetzt keinen gravierenden Dachschaden hat, wo einige wichtige Verknüpfungen im Gehirn fehlen, kann sie trotzdem noch lieben.", antwortete Lynn überzeugt. Ich nickte langsam: "Mhm. Vermutlich." Ich spürte, wie Lynn den Blick von mir wandte. Wir saßen stumm nebeneinander im Sand und hingen jeweils den eigenen Gedanken hinterher.

"Damien hat dich geliebt.", flüsterte Lynn plötzlich. "Hm?" Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, was sie gerade gesagt hatte. Ich schluckte schwer, bevor ich mehr als stumme Laute von mir gab: "Wie kommst du darauf?" "Seine ganze Art sprach dafür. Es sind so Kleinigkeiten, die man nicht benennen kann. Die aber trotzdem eindeutig sind. Dinge, die man unbewusst tut und die man nicht beeinflussen kann. Niemand kann das. Außerdem sind die Jungs der gleichen Meinung gewesen. Und wenn die das schon bemerken, dann ist das auch so.", erklärte Lynn und lachte leise auf. Ich ließ ihre Worte auf mich wirken. Sie machten mir nur noch mehr bewusst, was ich alles verloren hatte.

"Jetzt ist es eh zu spät.", murmelte ich und wischte mit dem Handrücken eine Träne weg. "Hast du denn gar nichts mehr von ihm? Handynummer, Adresse, E-Mail? Du musst ihn doch irgendwie kontaktieren können." Ich schüttelte abermals meinen Kopf. "Selbst wenn. Ich habe jetzt einen Freund und Damien will bestimmt nichts mehr mit mir zutun haben, nachdem ich ihn so vor den Kopf gestoßen habe.", sagte ich niedergeschlagen. "Du machst es doch komplizierter als nötig! Dann mach Schluss mit Paul! Ich sehe doch, wie sehr du ihn vermisst. Und sollte er dich wirklich so lieben, wie ich denke, dann ist ihm dein Ausbruch egal. Entschuldige dich einfach bei ihm und fertig. Google ihn! Stalke ihn auf Facebook, egal was. Hauptsache du kontaktierst ihn.", ermutigte mich Lynn.

"Ich kann doch nicht mit Paul Schluss machen, nur weil ich einem Hirngespinst hinterher jage.", murmelte ich. "Bist du mit ihm glücklich?", fragte Lynn unvermittelt. "Was?", entgegnete ich überrascht. "Du hast mich sehr wohl verstanden." "Ja, nein. Ich weiß es nicht.", antwortete ich vorsichtig. Verzweifelt vergrub ich meine Hände in meinen Haaren: "Ich weiß es nicht. Ich meine, wir haben so viele Gemeinsamkeiten und er ist witzig und. Und keine Ahnung." "Habt ihr wirklich Gemeinsamkeiten oder magst du einfach nur alles, was er auch mag? Wann habt ihr mal etwas gemacht, was du wolltest?", unterbrach mich Lynn. Ich überlegte kurz: "Letzte Woche. Da war doch dieser Zirkus in Seattle, den ich gerne besuchen wollte. Da sind wir hingegangen." "Aber du hast beide Karten bezahlt.", mutmaßte sie. "Ja, stimmt. Ich wollte da unbedingt hin, sodass ich ihn einfach eingeladen habe. Es war total aufregend und.", antwortete ich, wobei ich mich mitten im Satz unterbrach.

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