20. Kapitel

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Langsam drang Lynns Stimme zu mir durch: "Sky, was ist los? Sag doch was." Blinzelnd sah ich an mir herab und dann zu Lynn. "Ich glaub, mich hat etwas gestochen.", stammelte ich und rannte raus. Raus aus der Cafeteria, raus aus dem Gebäude. Dabei rannte ich frontal in jemanden rein. "Tut mir leid.", entschuldigte ich mich und lief weiter. Als ich unter den Tribünen des Sportplatzes war, hielt ich an. "Wie konnte ich nur so blöd sein.", fluchte ich und versuchte die Tränen in meinen Augen zurück zuhalten. Jetzt wusste ich auch, wie ich Jakes Worte deuten musste. Und seine Sorgen waren berechtigt. Ich konnte Heath nicht mehr treffen. Er hatte mich belogen, benutzt und manipuliert. Ich hatte ihm vertraut und meine Rechnung dafür bekommen.

"Der erste Tag schon so schlimm?", riss mich eine dunkle Stimme aus meinen Gedanken. Erschreckt drehte ich mich um und sah einen Jungen mit schwarzen Haaren und hellblau leuchtenden Augen. In seinem Gesicht spiegelte sich Mitleid und er lächelte mich zögerlich an. "Ich brauch kein Mitleid.", sagte ich trotzig und drehte mich wieder weg, um meine Tränen zu verstecken. Mit dem Ärmel meiner Jacke wischte ich mir schnell übers Gesicht. Der Kerl ging um mich herum, sodass er wieder vor mir stand. "Was willst du?", schniefte ich. "Du hast mich umgerannt, gerade eben.", antwortete der Junge. "Ich hab mich doch schon entschuldigt, oder nicht?" "Ja, schon. Aber wir Neuen müssen doch zusammen halten. Vielleicht bin ich auch nur egoistisch und hoffe, dass mir nicht das Gleiche passiert, was dich so aufgelöst hat.", behauptete er.

Ich musste lachen. "Ich glaube nicht, dass dir das auch passieren kann.", meinte ich dann. "Wenn es nicht der erste Tag ist, was war es dann?", fragte er und setzte sich auf eine Querstange. "Lange Geschichte.", seufzte ich und setzte mich ihm gegenüber. "Noch haben wir Zeit bis zur nächsten Stunde.", meinte der Junge, "Übrigens: Ich bin Damien. Ich komme aus Texas." "Das muss hier doch dann ziemlich kalt für dich sein." "Durchaus. Zumindest ein bisschen vielleicht.", grinste Damien, "Und mit wem habe ich das Vergnügen?" "Oh stimmt, tut mir leid. Ich bin Sky aus New Jersey, also Bellmore in der Nähe von New York City. Warum bist du hier? Also warum bist du aus Texas weggezogen?", wollte ich neugierig wissen. "Hey, ich dachte wir wollten über dich reden. Aber okay, meine Eltern haben mich verstoßen. Also eigentlich mein Dad, meine Mom habe ich nie gekannt. Mein Dad dachte, dass ich ihn hintergehen wollte und hat mich von einem Tag auf den anderen aus dem Haus geworfen. Jetzt lebe ich hier bei meiner Tante.", erklärte er leise.

"Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass.. Ich hätte nicht gefragt, wenn ich gewusst hätte.", stammelte ich. "Mach dir darüber keine Sorgen. Mir geht es besser, seitdem ich hier bin. Die Leute starren mich nicht mehr so an.", sagte Damien ruhig. "Warum sollten sie dich anstarren?", fragte ich verwirrt. "Weil alle dank meines Vaters dachten, dass ich ein potentieller Mörder sei.", antwortete er mir. Geschockt schlug ich mir die Hand vor den Mund. "Das ist ja schrecklich" "Hmm, im ersten Moment hat es mich echt geschockt, aber inzwischen stört es mich nicht mehr sonderlich. Wobei ich trotzdem ungern darüber rede.", meinte er gelassen. Fragend sah ich ihn an. "Ein weiterer Grund, warum ich nicht in Texas geblieben bin, ist, dass meine Freunde sich mir gegenüber auch verändert haben, nachdem sie davon gehört hatten.", beantwortete er meine unausgesprochene Frage, "Da ich auch schnell gereizt sein konnte, verstärkte das den Eindruck und sie bekamen Angst vor mir. Aber die Entfernung bringt mir auch eine gewissen Entspannung." "Das ist doch gut.", lächelte ich, "Dann kannst du ja gar nicht mehr gefährlich werden." "Ach, da bin ich mir nicht so sicher.", überlegte Damien und grinste dann schelmisch. "Soll ich jetzt Angst kriegen?", fragte ich skeptisch. "Vielleicht. Aber das kannst du später noch selbst entscheiden.", lachte er neben mir, "Jetzt aber zu dir. Was war vorhin los?"

"Ich habe der falschen Person vertraut.", seufzte ich. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und spannte meine Kiefermuskeln an. Inzwischen fühlte ich keine Trauer mehr, sondern nur noch Wut und Scham. "Ich war viel zu naiv und leichtgläubig. Habe nichts hinterfragt.", knurrte ich fast. "Okay, scheint mies gewesen zu sein, aber ich verstehe gerade nur Bahnhof.", unterbrach mich Damien. "Oh, ja natürlich. Also als ich hier her gezogen bin, haben uns unsere Nachbarn besucht und ihr Sohn also der Ältere hat es geschafft mir den Kopf zu verdrehen. Und ich bin komplett drauf angesprungen und habe alles um mich herum vergessen und jetzt musste ich in der Cafeteria sehen, dass er eine Freundin hat. Die er wohl nicht erst seit heute morgen hat.", erklärte ich die Kurzfassung. "Ja. Ja, das ist hinterlistig. Krass. Das ist echt heftig.", murmelte Damien und strich vorsichtig mit seiner Hand über meinen Rücken. "Ganz ehrlich, ich finde mein Problem ist echt nichts im Vergleich zu deinem.", beichtete ich.

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