Y/n Pov:
Hyuna hatte ein Foto hochgeladen, auf dem man Hyunjin sieht, wie er kotzend über der Kloschüssel hängt. Das Handy summte erneut und noch mehr Bilder ploppten auf. Eines schlimmer als das andere. Das Erste war ja schon nicht gerade toll, aber die anderen waren nur noch viel schlimmer. Unter einem der Bilder stand: In der Schule beliebter Richboy, privat ein Fuckboy und ne Pussy. Hat vor allem Angst. Schläft sich durch die Stadt und vor allem nutzt er seine Freunde aus.
Es folgten mehrere Bilder, wie Hyunjin irgendwelche Mädchen küsste, sie begrapschte oder sie eng beieinander standen. Doch das Letzte Bild zeigte die Jungs und Hyunjin, die sich prügelten. Darunter stand: Er verprügelt seine armen Freunde, weil sie nicht getan hatten was er wollte.
Die Jungs starrten sich geschockt an. ,,Das stimmt doch alles gar nicht." rief Han aus. Selbst ich wusste mittlerweile, dass dieses Foto von Changbin's Schwester gemacht worden war, als die Jungs sich gespielt geprügelt hatten. Ich zoomte an die Bilder heran. Bei einigen sah man deutlich, dass sie gefaked waren.
,,Wie kann sie ihm das nur antuen? Ihn so bloßzustellen mit den Bildern, die nicht mal echt sind, zumindest nicht alle, sie aus dem Kontext zu reißen und fiese Behauptungen zu erfinden." sagte Chan sichtlich geschockt. Die Jungs diskutierten wütend. Während ich still daneben saß und über alles nachdachte. Klar war Hyunjin ein richtiges Arschloch, aber so etwas hatte selbst er nicht verdient. Ich bekam nur am Rande mit, dass die Jungs darüber sprachen, dass die ganze Schule jetzt über ihn urteilte und immer mehr falsche Storys erzählt wurden. Alle zogen über ihn her und machten sich über ihn lustig. Ich wollte jetzt definitiv nicht in Hyunjin's Haut stecken. Das musste grässlich sein, diese ganzen bösen und fiesen Kommentare zu lesen. Vor allem, da er ja sonst einer der Beliebtesten war. Und er war ganz allein. Auf einmal traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. ,,Jungs, das ist ein fieses, geplantes Spiel. Ich weiß was Hyuna damit bezwecken will. Sie macht sich an ihn ran, gaukelt ihm die große Liebe vor, damit er ihr vertraut, dann entblößt sie ihn vor der ganzen Schule und lässt ihr Spielchen auffliegen. Sie hat dafür gesorgt, dass wir uns von ihm abwenden, damit er jetzt ganz allein ist und er so richtig zerstört ist. Wir müssen zu ihm. Und das alles nur, weil er ihr einen verschissenen Korb gegeben hat. Sie wollte Rache und jetzt macht sie ihn fertig. Und nicht nur sie macht ihn fertig, nein, die ganze Schule macht ihn fertig. Lasst uns gute Freunde sein und zu ihm gehen. Er braucht uns jetzt. Nicht mal seine Eltern sind da. Versteht ihr was ich meine?" Die Jings nickten und wir machten uns schnell auf den Weg. Chan nahm mich irgendwann huckepack, denn ich kam nur langsam voran und Felix trug meine Krücken.
Nach einer halben Stunde hatten wir es endlich zu Hyunjin nach Hause geschafft. Chan ließ mich runter, Changbin klingelte Sturm, aber nichts passierte. Wir rannten ums Haus, selbst ich hüpf-rannte nach hinten in den Garten. Zum Glück war die Wohnzimmertür auf, also kamen wir rein. Sofort liefen wir in Hyunjin's Zimmer. Er saß dort weinend in einem Haufen voll Kissen. Er sah auf einmal so klein, so gebrochen aus, wie er da auf seinem Bett inmitten von einen riesen Kissenhaufen saß und den Kopf in seinen Händen vergraben hatte. Er schluchzte und bemerkte uns gar nicht. Wir gingen zu ihm und umringten ihn. Er zuckte erschrocken zusammen, als Chan ihm einen Arm umlegte und sah uns mit verheultem Gesicht an. ,,Was wollt ihr hier?" fragte er mit brüchiger Stimme. Wir antworteten nicht, sondern schlossen ihn in eine große Gruppenumarmung. ,,Wir sind hier, weil wir deine Freunde sind." sagte Chan nach einer Weile. ,,Aber ich war doch so ein Arschloch zu euch. " schluchzte Hyunjin. ,,Ach was, schon vergessen." sagte Felix. Hyunjin schaute uns ungläubig an. In seinen Augen lagen so viele Emotionen. Schmerz, Trauer, Schuld, Wut, Angst, Reue, Verwirrung und auch Hoffnung. Er schaute mich an und auf einmal sah ich etwas Anderes als diesen reichen verwöhnten Arsch in ihm. Nein, das war nur seine Fassade, die gerade bröckelte. Ich kannte diesen Blick nur zu gut. Ich hatte ihn auch. Und hab ihn manchmal immer noch. Er ist nicht so, er schützt sich nur mit diesem arschigen Getue. Ich habe keine Ahnung was er schon durchgemacht hat, aber sein Leben ist nicht so unbeschwert, wie ich bis jetzt geglaubt hatte. Er war unglücklich. Nicht nur wegen den Posts, nein, da war noch etwas Anderes. Etwas weitaus Schlimmeres für ihn. Wir starrten uns an, ich versuchte herauszufinden, was ihn unglücklich machte und er, keine Ahnung was er versuchte. Seine Tränen liefen unbeirrt fort und ich wollte immer mehr wissen, warum er traurig war, unabhängig von den Posts. Da war mehr, als das Mobbing, das er gerade neu durchstehen musste. Er hatte noch eine Bürde, die ihn zu erdrücken schien. Ich versuchte angestrengt herauszufinden was es sein könnte, aber mir viel nichts wirklich ein. Er hatte alles was er wollte, Geld, Luxus, Freunde was brauchte er denn noch? In seiner Welt war doch Geld das Wichtigste oder nicht? Wir starrten uns immer noch an, aber jetzt wandte ich den Blick ab.
Wir hatten beschlossen bei ihm zu übernachten. Die Jungs verteilten sich in den Gästezimmern und I.N schlief bei Hyunjin, damit er nicht allein war. Ich hatte mir die riesen Couch ausgesucht. Hier konnte ich allein sein. Allein mit meinen Gedanken. Die Couch war so groß, dass ich locker sieben weitere Male draufgepasst hätte, also hatte ich genug Platz. Ich legte mich hin und starrte an die Decke. Ich war viel zu wach um zu schlafen. Also stand ich nochmal auf und machte meinen täglichen Sport. So gut wie es eben mit einem Fuß weniger ging.
Völlig fertig legte ich mich auf die Couch und schlief sogar relativ schnell ein.
Ich spürte irgendwas an meinem Fuß, schenkte dem aber keine Aufmerksamkeit. Ich war zu müde, das war eh nur eines der steifen Kissen. Ich drehte mich rum und kuschelte mich wieder in die Decke. Ich hörte ein leises Seufzen. Ich döste grade fast wieder weg, als ich kapierte, dass ich gerade ein Seufzen gehört hatte. Erschrocken richtete ich mich auf und starrte zu meinem Fuß. Auf meinem Fuß lag eine Hand. Ich folgte der Hand und sah schließlich Hyunjin. Er saß mit verquollenen, geröteten Augen da. Seine Haare waren zerzaust und er schaute mich scheu an. ,,Bin ich Schuld?" fragte er tonlos. Ich verstand nicht. ,,Bin ich daran Schuld, dass dein Fuß verbunden ist?" fragte er mit zitternder Stimme. Ich nickte. Er zog seine Hand so schnell weg, als hätte er sich an mir verbrannt. Er starrte geradewegs durch mich durch und wieder tropften Tränen aus seinen Augen. ,,Es-es tut mir l-leid. D-das w-wollte ich nicht. D-u hattest r-recht. U-und ich hab dir wehgetan." schluchzte er. Ich war komplett überfordert. Ich war müde und durcheinander. Hyunjin hatte gerade gefühlt einen Nervenzusammenbruch und ich saß schweigend neben ihm und wusste nicht was ich tun sollte. Einerseits wollte ich ihm verzeihen, da es ihm echt grad nicht gut geht, aber ich war einfach noch nicht bereit dazu. Er hatte mich grundlos angeschrien und mir wehgetan. Und nicht nur körperlich, nein auch tief in mir ist etwas weiter kaputt gegangen. Dieser Teil, den meine Eltern zerstört hatten, ist noch weiter gesplittert. Ich konnte ihm zwar nicht verzeihen, aber ich konnte wenigstens für ihn da sein. Also richtete ich mich auf und rutschte näher. Ich ließ zwar einen gewissen Abstand, aber ich rutsche so nah zu ihm, das ich meinen Arm auf seinen Rücken legen konnte und beruhigend hin und her strich. Er zuckte zusammen und schaute mich verwirrt an. War das das Falsche was ich tun wollte? Ich wusste aber nicht wie ich Handeln sollte. Deshalb tat ich das was ich mir damals gewünscht hätte. Jemanden der für mich da wäre. Der nichts sagt, nichts wissen will, einfach jemanden der da bleibt wenn es einem schlecht geht. Aber genau so jemanden hatte ich nicht. Deshalb konnte ich es wenigstens für ihn sein. Hyunjin lehnte sich leicht zu mir. Ich verstand was er brauchte. Eine Umarmung. Also nahm ich ihn in den Arm, auch wenn ich das nicht wirklich wollte. Aber wenn ich ihm so einen kleinen Teil der Sorgen und Ängste abnehmen konnte würde ich es eben tun. ,,Bin ich wirklich ein so großes Arschloch wie jeder sagt?" fragte er zitternd und schluchzend. Was sollte ich darauf antworten? ,,Du kannst ehrlich sein, ich verkrafte das schon." schniefte er. ,,So wie du von Hyuna dargestellt wurdest, bist du nicht, aber du bist schon ein verwöhnter, reicher Arsch." Er sah mich geschockt an. Trotzdem sprach ich weiter: ,,Du denkst eben, dass man sich alles mit Geld kaufen kann. Aber das kann man nicht. Du kannst dir Luxus und teure Sachen leisten, aber kannst du dir Gefühle kaufen? Du kommst manchmal ziemlich arrogant und hochnäsig rüber. Du behandelst andere Leute, als wären sie weniger wert als du, nur weil sie nicht so viel Geld haben wie du." Er schaute mich fassungslos an und heulte schon wieder los. ,,Danke, dass du so ehrlich bist. Du bist okay schätze ich." sagte er irgendwann ganz leise. ,,War das jetzt ein Kompliment?" fragte ich belustigt. Er schaute mich an und sagte: ,,Ja, aber ich bin in so was grottenschlecht. Tut mir leid. Ich glaube wirklich, dass du nett bist. Aber ich kenne dich halt kaum. Aber warum solltest du sonst hier bei mir sitzen, mich sogar umarmen, obwohl du mich nicht leiden kannst. Irgendwo hast du ja auch recht. Ich bin echt ein Arschloch. Aber warum tust du das für mich? Du kannst mich doch gar nicht leiden, warum bist du dann für mich da?" fragte er. Was sollte ich darauf antworten? Du erinnerst mich an mich und ich will dir das geben, was ich sosehr gebraucht hätte? Nein, das könnte ich nicht. Also sollte ich besser meine Klappe halten. ,,Du musst nicht antworten, wahrscheinlich hast du ja selbst keinen Plan, warum du das gerade gemacht hast, für mich." murmelte er leise. ,,Geh jetzt schlafen, du siehst echt miserabel aus." sagte ich. Oh Y/n, das hat auch schonmal besser geklappt jemandem schonend zu sagen, dass er beschissen aussieht. ,,Äh, okay." sagte er schlicht und stand auf. ,,Danke und Gute Nacht." sagte er und verschwand auch schon. Ich legte mich wieder hin und jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Alles brach wieder einmal über mir zusammen. Meine scheinbar heile Welt fiel wieder auseinander und begrub mich unter sich. Ich heulte und heulte und schien gar nicht mehr damit aufzuhören. Aber irgendwann war ich zu müde und schlief endlich ein.
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Run Away
FanfictionY/n rennt von Zuhause weg, da sie dort geschlagen wird und alles allein machen muss. Ihre Eltern lassen sie immer wieder wissen, dass sie ein Fehler war, der Einzige, fatale Fehler ihrer perfekten Eltern, war sie. Sie war nicht genug. Niemals. Also...
