Kapitel 8

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"Ryan, hey, aufwachen!" sagte ich leise und mit einen kurzen Schnarchen wurde er wach. Ich musste lachen, da ich es lustig fand.
Trotz Sonnenbrille die er trug erkannte ich wie er die Augen zukniff.
"Bin ich eingepennt?", "Ja" ich lachte.
"Oh, so gut drauf heute?!" stellte Ryan fest.
Das stimmt, ich lachte selten daran merkte er es.
"Komm aus der Sonne" sagte ich. Widerwillig stand er auf und kam mit mir in den Schatten.

Nico war noch nicht wieder draussen. Wahrscheinlich zog er sich gerade seine Badehose an. Rose las immernoch.

Ich lehnte mich an Ryan und er begann durch meine Haare zu fahren.
Es war schön, alles so ungezwungen und gemütlich.
Ich schloss meine Augen und genoss die Stille. Nur die Vögel waren zu hören. Ich wünschte dieser Moment würde nie vergehen.
"Jacky, kannst du deine Jacke ausziehen? Es ist viel zu warm!" fragte mein Cousin leise und küsste meine Stirn.
Ich öffnete meine Augen wieder. "Ich weiss nicht...", "Es ist schon okay", ermutigte mich mein Cousin, "du bist wunderbar so wie du bist!" er lächelte.

Also gut... Ich zog die Jacke langsam aus. Sieh dich bloß nicht an, sieh dich bloß nicht an! Sagte ich mir im stillen.
Mir wurde schon allein bei dem Gedanken daran schlecht.

Doch ich wurde von einer leisen Stimme im inneren des Hauses abgelenkt. Ich hörte leises Klavierspielen und jemand sang 'You raise me up' und das wirklich wunderschön und mit Emotionen die Herzen schmelzen ließen.

Fragend schaute ich Ryan an. Er zeigte mir ich solle still sein und dass er es gleich erklären würde. Er schien das Lied ebenso sehr genießen wie ich. Auch Rose hatte ihr Buch weggelegt.

Leider was das Lied so schnell beendet, wie es begonnen hatte.

"Das war Nico, singt er nicht wunderbar?"
Gab es irgend etwas was an dem Kerl nicht perfekt war? Tanzen konnte er, singen auch, er war gebildet, wortgewandt, attraktiv, freundlich und was noch nicht alles.

So ein Glück hätte ich auch gern!
Nico kam wieder in den Garten. "Das war sehr schön, Nico. Solltest du öfter spielen" lobte seine Schwester.
"Ja, ist mir grade eingefallen, deshalb musste ich es gleich spielen" meinte Nico.
"Habt ihr ein Klavier?" fragte ich neugierig.
"Ja, im Arbeitszimmer", "Dann hast du gesungen und Klavier gespielt?" hackte ich nach.
"Ja, hab ich."
Na wunderbar, Klavierspielen konnte er also auch.

Aus Gewohnheit wollte ich meine Ärmel wieder vor ziehen, erinnerte mich dann aber, dass ich sie ja ausgezogen hatte. Ohne dass ich es wollte fiel mein Blick auf meine nun unbedeckten Arme.

Diese Narben, wie sehr ich sie hasste!
Sie waren rund und rührten von Verbrennungen her. Verbrennungen verursacht von Zigaretten, die an mir ausgedrückt wurden.
Und das waren nur die Naben, die auf meinen Armen zu finden waren...

"Jacky?" Ryan legte seine Hand auf meinen Arm.
"Wer hat dir das angetan?" fragte Nico deutlich besorgt.
Ich wollte es nicht erzählen, aber vermutlich war es besser wenn sie es wussten.
"Ryan? Erzähl bitte du" bat ich.
Er nickte und begann zu erzählen.

"Jacky hatte ein richtig bitteres Leben, was der Grund war, ihn von seinem Zuhause zu retten. Er wurde misshandelt und das an seinem Arm sind Narben von Zigaretten. Deshalb trägt er eigentlich immer die Jacke, damit es keiner sieht. Soll ich mehr erzählen?"
Ich war mir nicht sicher, sollten sie schon alles wissen? Nein! Also schüttelte ich den Kopf.
"Jack, wir werden immer für dich da sein. Wir sind jetzt deine Familie du bist hier zuhause. Ich verspreche dir, wir werden dich beschützen. Ich werde alles was in meiner Macht steht dafür tun!" sagte Nico und ich glaubte ihm. Er war wütend, dass konnte ich in seinem Gesicht sehen, wütend über das was mir passiert ist. Dabei war das erzählte nur die Spitze des Eisberges.

Rose nickte zustimmend "Da kann ich meinem Bruder nur recht geben! Wenn du drüber reden möchtest oder kannst, wir haben immer ein offenes Ohr für dich! Wir werden dich nicht zwingen darüber zu reden!" Nico brummte zustimmend.

"Du bist gut so wie du bist, Jack. Du musst dich nicht verstecken. Wir akzeptieren dich" sagte Nico und lächelte ermutigend.

Es fühlte sich seltsam an, dass alle einen so annehmen wie man ist.
Mir hat man immer schon die Schuld daran gegeben, dass ich überhaupt geboren bin.

"So, wer kommt mit in Pool?" fragte Nico und streifte sich sein rotes Shirt ab. Er stand auf und entledigte sich seiner Hose. Drunter hatte er seine pinke Badehose.

Auch Rose zog ihr Kleid aus und lief zu Pool.
Nur Ryan und ich saßen im Schatten während ich mich an ihn lehnte.

Der restliche Tag verlief ruhig, wir aßen Eis, tranken selbstgemachte Zitronenlimonade und gegen Abend wurden die Spielkarten ausgepackt.
Ich stellte fest, dass mir das Spielen mit Karten spaß machte.

Ryan führte einige Kartentricks auf die mich verzweifeln ließen.
"Ein Zauberer verrät seine Tricks nie" meinte er immer, wenn ich ihn fragte wie er das mache.

Es war 21.30 als ich entschied schlafen zu gehen.

"Ich komm später zu dir" meinte Ryan. Er schlief diese Nacht noch bei mir.

Ich lief hoch in mein Zimmer und duschte bevor ich zubett ging.

Mir kam Nicos Arbeitszimmer wieder in den Sinn. Wozu brauchte er ein 'Arbeitszimmer' , wenn er doch Tanzlehrer war? Oder standen in den Büchern die ich gesehen hatte Schrittfolgen?
Aber dass konnte ich mir nicht vorstellen.
Ich musste einfach in diesen mysteriösen Raum unter der Treppe! Um jeden Preis, aber wie?

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