Kapitel 27

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"Nein, er war doch einfach nur nett...",
"Manchmal ist 'einfach nett sein' und flirten nicht so leicht zu unterscheiden."

Ja, damit hatte er wahrscheinlich recht.
Viel Erfahrung hatte ich damit eigentlich nicht.

Gemeinsam aßen wir schweigend unser Frühstück. Als Nico endlich wieder in das Zimmer kam.
"Hey, wie geht es dir?" besorgt setzte er sich zu uns.
"Gut, mach dir keine Sorgen!" erwiderte ich und küsste ihn.

"Hast du ihn umgebracht?" meinte Ryan. Nico schüttelte lachend den Kopf. "Es würde zwar vieles erleichtern, aber so grausam bin ich nicht. Und vorallem ist er immer noch mein Bruder. Auch wenn ich ihn abgrundtief hasse."

Den restlichen Tag verbrachten wir im Bett und schauten alle möglichen Filme.
Ich lag in der Mitte des Bettes und rechts und links Nico und Ryan. Meine zwei liebsten Menschen. Ich fühlte mich wohl und konnte mit beiden knuddeln.

Zum Glück wurde meine Berührungsangst, wie ich erstaunt bemerkte, immer besser. Allgemein ging es mir schon viel besser als noch vor ein paar Tagen.
Aber jetzt wollte nicht weiter darüber nachdenken. Eine Flashback wollte ich devinitiev vermeiden!

Ich legte mich quer über die beiden. Mein Kopf lag nun auf Nicos Brust und meine Beine hatte ich über Ryans gelegt.
Nico begann meinen Kopf zu kraulen und wenn ich eine Katze wäre, hätte ich angefangen zu schnurren!

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Der nächste Tag war trüb, es regnete in strömen. Man hätte glauben können, die Welt ginge unter.
Nico war ziemlich früh aufgestanden, da er für die Verhandlungen, zusammen mit Rose, noch einiges vorzubereiten hatte.
Ryan schlief noch.

Allein schlenderte ich durch die leisen Flure des Schlosses.
Ich dachte immer in Schlössern würde es wild zugehen. Überall würden Bedienstete rumrennen, aber Fehlanzeige. Es war gespenstisch leer und still.

Ich hörte nur meine Schuhe auf dem Mamorboden.
Irgendwann stellte ich fest, dass ich keine Ahnung hatte wo genau ich war. Zwar wusste ich, dass ich im untersten Stockwerk umherlief, aber nicht, wie ich wieder zurück fand.

Also irrte ich ewigkeiten umher ohne auch nur einer Spinne zu begegnen.
Eigentlich war es ziemlich schön. Die Gänge waren hell und sehr schön mit Bildern verziehrt.
Darunter erkannte ich viele von der Königsfamilie, aber auch einige, wessen Gesichter mir nicht bekannt waren.
Die Gemälde waren alle wunderbar gezeichnet. Die Farben waren wunderbar aufeinander abgestimmt. Ich war sehr neidisch, so gut konnte ich nicht mit Farben umgehen.

Irgendwann hörte ich leise Musik, der ich folgte. Wo Musik war, waren üblicherweise auch Personen!
Ich erkannte das Stück was gespielt wurde - die Mondscheinsonate!
Ein wunderschönes Stück wie ich fand.

Ich kam in einen riesigen Saal, in der Ecke stand ein weisses Flügel an dem ein Mann spielte. Als ich näher kam, erkannte ich Gabriel.

Seine Finger glitten elegant über die schwarzen und weißen Tasten. Seine Augen hielt er geschlossen während er spielte weshalb er mich erst nicht wahrnahm.
Jedoch änderte sich dies schnell. Er hörte auf das Stück zu spielen und drehte sich lächelnd zu mir.

"Hallo Jack", begrüßte er mich, "wie hat es dir gefallen?"
"Oh, ich wollte dich nicht stören, aber es war atemberaubend!" antwortete ich ehrlich.
"Freut mich. Keine Sorge, du würdest nie stören! Setz dich doch bitte zu mir. Spielst du?"
Etwas zögerlich setzte ich mich neben ihn auf die Bank. Dabei dachte ich an Ryans Worte.
"Nein, das einzige Stück was ich kann ist der Flohwalzer" gestand ich.

Gabriel lachte "Spiel doch bitte."

Ich legte meine Hände auf die Tasten und musste erst einmal überlegen, wie genau begonnen wird.

Gabriel spielte die ersten Fünf Töne und meine Erinnerung kam wieder. Also legte ich meine Finger auf die entsprechenden Tasten. Leider hatte ich keine Ahnung welche Noten es genau waren. Ich hatte diese nie gelernt.

Der Flohwalzer war ein beschwingtes Lied, das Spaß machte.

Gabriel setzte mit, ein paar Oktaven, so hiess das doch, oder, tiefer ein. Zusammen spielten wir einige Durchgänge, bis ich aufhörte.

"Mit dir oder Nico kann ich aber überhaupt nicht mithalten" ich senkte meinen Blick auf meine Hände, die ich mittlerweile auf mein Schoß gelegt hatte. Ich zog sie Ärmel meines Pullis etwas weiter nach vorne. Naja, eigentlich war es der Pulli von Ryan, den ich mir geklaut hatte.

Gabriel legte seine rechte Hand auf meine Hände.
Was sollte das werden?
Ich schaute ihn verwirrt an.
"Du bist etwas ganz Besonderes, Jack. Ist dir das eigentlich bewusst?"

Häh? Er griff mit seiner linken Hand nach meinem Kinn und sah mir tief in die Augen.
Irgendwie machte er mir gerade Angst. Er machte auf mich den Eindruck als würde er mich gleich anfallen.

Mein Herz raste vor Angst. Er jedoch bohrte sich mit seinem Blick in meinen Kopf. Ich wollte zurückweichen aufspringen, los rennen, aber mein Körper versagte.
Ich konnte mich nicht bewegen, war starr vor Angst.

Er drehte meinen Kopf und dann spürte ich seinen heissen Atem auf der dünnen Haut meines Halses.
Sanft leckte er mit seiner warmen Zunge darüber.

Es hing ein Zusammenspiel aus Erotik Angst, Lust, Hunger, Begierde und sexueller Anspannung in der Luft.
Irgendwie wollte ich dies, ich war geschmeichelt obwohl es falsch war. Ich drehte meinen Kopf und küsste ihn ohne darüber nachzudenken. Seine eine Hand fuhr auf meinen Schenkel, während die Andere meinen Hals und Kiefer berührte.
Er küsste meinen Hals hinab und verweilte auf meiner pulsierenden Halsschlagader.

Plötzlich räusperte sich jemand und ich zuckte zurück.
"Was?" fauchte Gabriel. Draven stand im Raum.
"Ich behaupte, dass das gerade keine besonders gute Idee ist", meinte er ruhig, "zwar geht mich das überhaupt nichts an, aber wenn jemand mein Elaijah verführen würde, würde ich denjenigen umbringen. Vermutlich empfindet dein Sohn ähnlich, hab ich recht?!" sagte er zu Gabriel gewand.

mors et vita Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt